"Banken auf digitale Bedrohung schlecht vorbereitet"
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Die traditionelle Finanzbranche tut sich mit dem digitalen Zeitalter und den damit verbundenen Veränderungen im Kundenverhalten schwer. Zu diesem Schluss kommt die aktuelle Studie "Bank & Zukunft 2014" des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), für die mehrere Hundert Teilnehmer aus Finanzinstituten in Deutschland befragt wurden.
Anstatt digitale Vertriebskanäle, aber auch das Online-Bankingerlebnis auszubauen, würden sich viele Institute an traditionelle Werte wie den persönlichen Kundenkontakt in Filialen klammern. Dabei spielen Filialen für den Kundenkontakt und für die Kundenzufriedenheit mittlerweile eine untergeordnete Rolle. Für mehr als 70 Prozent der Befragten ist es vielmehr wichtig, auf verschiedenen Wegen mit der Bank in Verbindung treten zu können und unabhängig vom genutzten Kanal (Filiale, Online, Handy) ein gutes Service zu bekommen.
Banken tun sich schwer
"Die meisten Finanzinstitute sind auf die digitale Bedrohung noch immer schlecht vorbereitet. Zum einen fehlt die richtige Strategie, da sich die Verantwortlichen beim Thema nicht auskennen oder glauben, dass die Sache mit einem Online-Banking-Auftritt und einer App getan ist. Zum anderen sind Führungskräfte vielerorts derart mit dem operativen Geschäft und regulatorischen Auflagen beschäftigt, dass einfach andere Prioritäten gesetzt werden", sagt Fraunhofer-Studienleiter Claus-Peter Praeg zur futurezone.
Dass Apple mit seinem Ökosystem von Hunderten Millionen User-Accounts und ebenso vielen hinterlegten Kreditkarten tiefer ins Finanzgeschäft vordringen würde, war ebenfalls nur eine Frage der Zeit. Mit Apple Pay – bezahlt wird drahtlos mit dem Handy, indem die Kreditkarte dort hinterlegt ist – schneidet der Konzern fortan bei Milliarden Transaktionen mit.
Ausweg aus der Krise
Laut Fraunhofer-Bankenexperte Praeg seien Finanzinstitute gut beraten, eigenständige Einheiten zu gründen, die herausgelöst aus den traditionellen Bankstrukturen innovative Services entwickeln können. "Es gibt auch bei uns viele junge, kreative Entwickler, dazu muss man nicht ins Silicon Valley gehen. Die Motivation, in einem verstaubten, traditionellen Konzern mit all seinen unbeweglichen Strukturen zu arbeiten, ist aber nicht groß. Deshalb braucht es diese eigenständigen Einheiten", ist Praeg überzeugt.
Dienstleistung vs Infrastruktur
"Das größte Risiko ist, dass die Googles, Facebooks und Apples dieser Welt mit ihren Geräten und smarten Anwendungen zum Ansprechpartner und Interface für die Kunden werden, während die Banken als reiner Infrastrukturanbieter – noch dazu extrem reguliert – übrig bleiben", sagt Erste-Vorstand Peter Bosek im futurezone-Gespräch. Die Gründung des Erste Hub sei daher eine bewusste Entscheidung gewesen, um auch in Zukunft als Dienstleister für Kunden da zu sein.
"Für uns als Bank und die ganze Branche geht es darum, den Kontakt zum Kunden nicht zu verlieren. Dazu gehört der Filialauftritt ebenso wie digitale Kanäle. Der Kunde macht ja diesbezüglich keinen Unterschied, er will seine Bank einfach so leicht wie möglich erreichen, egal auf welchem Weg", sagt Bosek.
Start-up-Kultur und traditionelle Banken-Kultur zu vereinen, sei eine nicht immer einfache, aber sehr spannende Aufgabe. "Start-ups haben zwar den Vorteil, dass sie anfangs kein Geld verdienen müssen. Sie können Tag und Nacht mit 2000 Prozent auf nur eine Sache fokussieren. Das geht bei uns natürlich nicht. Wir haben dafür aber den Vorteil, bereits einige Millionen zahlende Kunden zu haben", so Bosek.
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