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Bund schreibt eRechnung vor: „Es sind Fehler passiert“

Bund schreibt eRechnung vor: „Es sind Fehler passiert“

Am 1. Jänner wird es für mehr als 77.000 Unternehmen in Österreich Ernst. Ab dann akzeptiert der Bund keinerlei Papierrechnungen mehr. Diese sollen durch die eRechnung, einem neu geschaffenen Standard für digitale Rechnungslegung, ersetzt werden. Insgesamt will der Bund dadurch Kosten im Millionenbereich einsparen und auch die Unternehmen sollen dadurch längerfristig entlastet werden. Wie hoch die genaue Summe sein soll, ist unklar, nennt doch jede Stelle eine andere Summe. Von 20 Millionen bis zu acht Milliarden Euro lauten die Schätzungen.

Inoffizielle Schonphase

Dass Einsparungspotential besteht, ist unbestritten. In Österreich werden pro Jahr 800 Millionen Rechnungen ausgestellt, davon knapp die Hälfte im öffentlichen Sektor. Doch so sinnvoll die Digitalisierung der Rechnung auch sein mag, die Einführung der eRechnung kommt für viele Unternehmen nun zu früh, wie auch Gerhard Laga, Leiter des E-Centers der Wirtschaftskammer, anmerkt. „Der Projektumfang variiert von 30 Minuten für die Installation eines einfachen Word-Plugins bis hin zu eineinhalb Jahren“, sagt Laga gegenüber der futurezone.

APA5368820-3 - 28092011 - WIEN - ÖSTERREICH: Themenbild: Eine Rechnung, Geldscheine und ein Taschenrechner. Illustratiion zum Thema Währung, Schulden und Euro aufgenommen am 26. September 2011. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER

Die eRechnung selbst wurde erst Anfang 2013 rechtlich mit der Papierrechnung gleichgestellt, damit wurde eine EU-Richtlinie umgesetzt. Der Gesetzgeber ging allerdings gleich einen Schritt weiter und verbannte die Papierrechnungen für Geschäfte mit dem Bund. Die kurze Phase von der Gleichstellung zur Verbannung könnte nun einigen großen Unternehmen auf den Kopf fallen. Die Wirtschaftskammer hat allerdings laut Laga bereits an das Finanzministerium appelliert, im ersten Quartal mit „Augenmaß“ zu arbeiten und in Fällen, die nicht selbst verschuldet sind, eine Schonfrist zu gewähren. Ansonsten wäre der Bund, sollte keine eRechnung zur Verfügung gestellt werden, nicht zur Zahlung verpflichtet.

Anfragen in letzter Sekunde

Beim Beschluss des Bannes für Papierrechungen wurde bereits um eine phasenweise Einführung gebeten, das Finanzministerium entschied sich jedoch für eine radikale Lösung. Ein derartiger Bann sei laut Laga aber ohnedies unvermeidlich gewesen: „Der Bund hat auch eine gewisse Eisbrecher-Funktion und muss neue Standards etablieren, wie in diesem Fall das ebInterface.“ ebInterface ist der österreichische Standard für eRechnungen, basierend auf XML. Der Standard wird bereits seit 2009 entwickelt und liegt mittlerweile in Version 4.1 vor. Es steht auch ein Plugin für Microsoft Word zur Verfügung, mit dessen Hilfe kompatible eRechnungen verfasst werden können. Eine Alternative für andere Office-Lösungen, beispielsweise Open Office, gibt es derzeit noch nicht. Der Bund akzeptiert allerdings auch den EU-Standard PEPPOL.

Die eRechnungen müssen über das Unternehmensserviceportal (USP) eingereicht werden, laut Finanzministerium gab es in den letzten Wochen einen nennenswerten Anstieg an Anmeldungen auf der Plattform. Sowohl das Finanzministerium als auch das WKO stellen Leitfaden zur Verfügung, in denen die wichtigsten Grundlagen der eRechnung erläutert werden. Zudem steht eine Test-Seite zur Verfügung, auf dem selbst erstellte eRechnungen geprüft werden können. Für die Registrierung ist eine Bürgerkarte oder eine Handysignatur erforderlich. Externe Dienstleister, wie zum Beispiel HPC Dual, das duale Zustelllösungen anbietet, oder der Steyrer Softwareanbieter BMD, der an der Entwicklung von ebInterface beteiligt war, hoffen nun auf neue Kunden und erhalten zum Jahresende verstärkt Anfragen.

"Wie Faxen von Geld"

Auch die Post bietet Dienste für die eRechnung an, sowohl zum Empfangen als auch für den Versand. Ähnlich wie der Dienst MeinBrief bereits jetzt das Empfangen und Senden von behördlichen Dokumenten ermöglicht, dient MeineRechnung zur Interaktion mit Rechnungen von unterstützten Unternehmen, beispielsweise Drei, der SVA und T-Mobile. Neben dem Empfangen ist das Reklamieren oder Bezahlen online möglich, die Rechnungen bleiben bis zu sieben Jahre gespeichert. Solche Lösungen könnten laut Laga mit der eRechnung ihr Potential entfalten. „Man könnte hier Fantasie beweisen.“ So sei es beispielsweise möglich, bei Kundenkarten-Besitzern die eRechnung automatisch auf dem Konto abzuspeichern, sodass diese im Fall einer Reklamation darauf zurückgreifen können.

Der Unterschied zwischen eRechnungen und PDF-Rechnungen ist laut Laga eklatant. „Der Vergleich von PDF-Rechnung mit eRechnung ist so ähnlich, als würde man Geld einscannen und über ein Fax-Gerät verschicken. Es ist einfach absurd.“ Im Gegensatz zur PDF-Rechnung ist die eRechnung in einem standardisiertem, maschinenlesbaren Format gehalten, das die Datenverarbeitung deutlich vereinfachen soll.

"Zu wenig Kommunikation"

Schwierigkeiten gibt es derzeit aber sowohl bei kleinen als auch großen Unternehmen. Vor allem Kleinunternehmer, die bislang kaum organisiertes Rechnungswesen betrieben, müssen nun umdenken. „Das ist natürlich ein sehr emotionales Thema, denn sehr viele Unternehmer schreiben gerne Rechnungen. Das ist deren Identität. Daher hängen an diesem Thema auch sehr stark Emotionen“, so Laga. Das kratze auch an der „Unternehmerseele“ von vielen. Er appelliert allerdings an die Unternehmen, auch die Vorteile der eRechnung zu sehen. So würde sie beispielsweise neben der Einsparung von Papier- und Portokosten auch dabei helfen, Mitarbeiter von unproduktiven Aktivitäten zu befreien und in anderen Bereichen einzusetzen.

Dass zusätzlich zur kurzen Vorlaufzeit auch weitere Fehler passiert sind, räumt Laga ein: „Die Kommunikation der eRechnung war suboptimal. Einige Firmen sind immer noch nicht ausreichend gut informiert.“ Das Finanzministerium ist anderer Meinung und meint, dass „wohl kaum jemand dieses Thema entgangen ist“, meinte Daniela Kinz, Pressesprecherin des Finanzministeriums, noch Mitte Dezember gegenüber der Wiener Zeitung. "Die e-Rechnung an den Bund ist seit Anfang 2013 möglich und wird bereits von vielen Dienstleistern erfolgreich genutzt", meint Kinz gegenüber der futurezone. Zudem betonte Kinz die in diesem Jahr umgesetzte Informationsoffensive, "die von Workshops bis hin zu Mailings an die betroffenen Unternehmen reicht." Dennoch könnte es zu Startschwierigkeiten kommen, auch innerhalb der Behörden. Als Beispiel für die drohende Verwirrung nannte er die Abrechnung von Kleinbeträgen von öffentlichen Bediensteten. So müssten beispielsweise Lehrer, die Schulmaterialien einkaufen, nun beim Kauf Lieferantennummer und andere Daten für die eRechnung nennen, die sie meist nicht wissen. Auch ein Polizist müsste bei der Bezahlung einer Reparatur am Auto entsprechende Daten nennen.

eRechnung für alle

Dennoch hofft Laga, dass der Vorgang relativ reibungslos über die Bühne gehen wird. „Im Grunde genommen ist das der letzte Schritt in der Elektronifizierung der Prozesse“, meint Laga und vergleicht die Situation mit der Umstellung von der Bar-Auszahlung von Gehältern zu Girokonten. „Damit hat sich im Prinzip der elektronische Zahlungsverkehr etabliert. Heute hat jeder Jugendliche ein Konto.“ Er sieht aber auch die Risiken der Anfangsphase: „Für viele Kleinunternehmer ist das ein Aufwand, der sich erst dann rentieren wird, wenn auch andere Unternehmen die eRechnung akzeptieren.“ Das ist auch der Plan des Bundes, der die eRechnung längerfristig überall etablieren möchte.

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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