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Österreich

E-Zustellung im Test: Fax-Alternative kämpft um Akzeptanz

Der Gang zum Postamt scheint im Jahr 2014 oftmals antiquiert, lässt sich aber in manchen Fällen nicht vermeiden. Doch wozu noch ein Dokument ausdrucken, das ohnehin schon in digitaler Form vorliegt? Einige Anwendungsfälle, beispielsweise das Versenden von Rechtsdokumenten, erfordern jedoch den Versand per Einschreiben, da reicht eine E-Mail nicht aus. Abhilfe soll nun die E-Zustellung schaffen.

Der von der WKÖ und dem Verein Austriapro geschaffene Standard ermöglicht das digitale Verschicken von Dokumenten und Briefen mit einer rechtlich abgesicherten Empfangsbestätigung - quasi ein Einschreiben per Internet. “Die E-Zustellung richtet sich vor allem an geschäftskritische Anwendungen, in denen eine E-Mail nicht ausreicht. Wenn man im Businessalltag etwas mit Empfangsbestätigung und vertraulich austauschen will, faxt man es. Dabei entsteht aber ein Medienbruch, der Empfänger muss wieder alles Abtippen! ”, so Gerhard Laga, Leiter des E-Centers der WKÖ, gegenüber der futurezone. Die futurezone hat sich den Dienst am Beispiel von Postserver.at näher angesehen.

Wie E-Mail bedienbar

Die Idee ist simpel: Jeder kann sich per Mail bei einem Zustell-Dienst anmelden und ein Postfach einrichten. Auf dieses können andere E-Zustellungs-Nutzer Nachrichten und Dokumente schicken, die Empfangsbestätigung kommt digital zurück. Die Einrichtung dauert fünf bis zehn Minuten, bei einer bereits vorhandenen Bürgerkarte oder Handy-Signatur werden die erforderlichen Daten auf Wunsch direkt übernommen. Die Identität des Benutzers wird per Bankkonto, Bürgerkarte oder Handy-Signatur rechtssicher bestätigt.

Darin liegt auch einer der größten Vorteile der E-Zustellung. Während bei einer E-Mail eine Lesebestätigung das Höchste der Gefühle ist, muss man sich bei der E-Zustellung über einen Nachweis keine Sorgen machen. Wie bei einem klassisch eingeschriebenen Brief erhält der Absender eine Sende- sowie Empfangs-Bestätigung, sofern die Sendung vom Empfänger akzeptiert wird.

Da nicht jeder über ein elektronisches Postfach verfügt, besteht bei Postserver und anderen Zustelldiensten auch die Möglichkeit, die Nachricht postalisch zu übermitteln. Dann wird die Nachricht sowohl digital als E-Zustellung sowie auf Papier per Post übermittelt. Der Benutzer erhält auch bei der “klassischen Zustellung” einen digitalen Nachweis, dass die Nachricht angenommen wurde und ist somit auf der rechtlich sicheren Seite. Die Kosten sind zudem deutlich geringer als bei der Zustellung per Einschreiben. Empfänger erhalten zur Zeit sogar eine Gutschrift von 10 Cent pro erhaltener Nachricht. Nach fünf erhaltenen Nachrichten könnte man somit eine Nachricht kostenlos abschicken.

Schwerpunkt auf B2B

Der Dienst ist derzeit im vollen Umfang nur über die Web-Oberfläche verwendbar, Nachrichten können aber per POP3S auch mit E-Mail-Clients abgerufen werden, die per digitalem Zertifikat dafür autorisiert wurden Das Verschicken ist so aber nicht möglich. Neue Nachrichten können nur in der Web-Oberfläche in einem Editor verfasst werden, der grundlegende Funktionen für die Formatierung bietet. Zudem können Anhänge verschickt und die Nachricht bereits im Vorfeld mit einer bestimmten Kategorie versehen werden, beispielsweise "Private Mitteilung", "Werbung" oder "Befund". So können Daten bereits vorgefiltert werden. Etwas holprig ist nur die Nutzung auf mobilen Plattformen, aber auch hier werde laut WKÖ an Lösungen gearbeitet.

Es ist auch möglich, anderen Nutzern Vollmachten zu erteilen, sodass diese auf das Postfach zugreifen können. Diese Funktion richtet sich vor allem an Unternehmen. Dabei können jedem Benutzer individuelle Berechtigungen erteilt werden. So könnte beispielsweise ein Buchhalter lediglich zugestellte Rechnungen sehen, wohingegen die Rechtsabteilungen auch Verträge und andere sensible Dokumente abrufen können.

Sollte man einmal über längere Zeit keinen Zugriff auf sein Konto haben, kann eine Abwesenheitsnotiz eingetragen werden. Das betrifft jedoch nur digitale Zustellungen, eine Abwesenheitsnotiz für Briefzustellungen muss weiterhin am Postamt oder der Webseite der Post beantragt werden. Die Übertragung läuft vollkommen verschlüsselt ab, die Benutzer können zudem eigene Schlüsselzertifikate hochladen.

Steht noch am Anfang

Die Vorteile liegen auf der Hand, doch zur Zeit hat man noch mit Akzeptanz zu kämpfen, wie Laga betont. Postserver.at ist bislang der einzige private Dienst, der den Standard offiziell unterstützt. Das österreichische Unternehmen zählt knapp 35.000 Kunden, bietet aber neben der E-Zustellung aber auch andere Dienste an. Laga schätzt, dass sich die Nutzerzahlen in Österreich im “oberen vierstelligen Bereich” befinden. Problem ist vor allem die Interoperabilität einiger Zustelldienste. Die Idee hinter der E-Zustellung ist, dass sich Nutzer gegenseitig Nachrichten schicken können, unabhängig vom Anbieter.

Laut Laga verhindern dies aber viele Dienste bewusst und halten ihre Plattformen proprietär, um Wettbewerber auszuschließen. “Wenn ich die Versicherung A bin und ich betreibe ein auf der E-Zustellung basierendes Zustellportal, dann habe ich kein Interesse daran, dass Versicherung B meinem Kunden in meinem Portal Werbung für andere Polizzen zustellt”, beschreibt Laga die Denkweise der Unternehmen. Zustelldienste wie der von der Post betriebene MeinBrief oder SendHybrid sind nicht mit anderen Diensten kompatibel und fallen daher nicht unter die WKÖ E-Zustellung. Das sei laut ihm zu kurz gedacht, denn gerade die Dienste würden davon profitieren, wenn die Kunden Nachrichten unabhängig vom Anbieter empfangen könnten. Derzeit sehe er aber kaum Bewegung bei den privaten Anbietern.

Anders sieht es bei branchenspezifischen Portalen aus. Das Trustnetz erlaubt es bereits jetzt, über die E-Zustellung Dokumente mit Rechtsanwälten und Notaren auszutauschen. Der Dienst ist an das System für den Elektronischen Rechtsverkehr angebunden und laut Laga sehr beliebt. Das Potenzial ist unbestritten, laut Posterver werden jedes Jahr 1,3 Milliarden Briefe in Österreich verschickt, davon entfallen 400 Millionen auf Behörden. Wenn man die Hälfte davon mit E-Zustellung ersetzen würde, könnte sich der Staat so bis zu 234 Millionen Euro jährlich ersparen.

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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