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Österreich

Heimische Start-ups: “Weniger jammern, tun”

"Man hört oft, dass Österreich zu schlecht ist für Start-ups. Wir sind allerdings der Meinung, es muss gelten: Weniger jammern, mehr tun", sagt Markus Wagner, Gründer des Inkubators i5invest, am Donnerstag vor Journalisten in Wien. So schlecht sei es nämlich gar nicht bestellt um die heimische Start-up-Landschaft. Vor allem in den vergangenen Jahren hat sich einiges getan, langsam aber doch schenkt man Österreich auch international Aufmerksamkeit. Das bewies nicht zuletzt das erfolgreiche Pioneers Festival Ende Oktober 2012. "Es gibt inzwischen eine Menge heimischer Firmen, die international für Aufsehen sorgen, im Vergleich mit vielen anderen Ländern steht Österreich sehr gut da", so Wagner.

Um einen Überblick über die heimische Szene zu bekommen, hat i5invest nun erstmals ein umfassendes Verzeichnis über die Start-up-Landschaft erstellt. Dazu wurde in einer anschaulichen Grafik (Link zum Download) aufgeschlüsselt, welche Firmen es eigentlich gibt und wie diese untereinander vernetzt sind. In Zukunft will man den Start-up-Plan laufend aktualisieren und zumindest einmal jährlich auch als gedruckten Plan herausbringen. "Wir haben hier im Wesentlichen drei Zielgruppen: Österreicher, etwa Angestellte in Mittelbetrieben, die sich informieren können, die jetzt vielleicht noch gar keinen Einblick haben. Weiters wollen wir für Aufmerksamkeit speziell in Osteuropa sorgen und nicht zuletzt auch internationale Investmentfonds und Businessangels damit ansprechen", erklärt Wagner.

Führungsanspruch für Zentraleuropa
Gab es vor einigen Jahren meist nur Einzelinitiativen, weniger Neugründungen und kein internationales Netzwerk, so sieht die Situation inzwischen anders aus. Die erste Nachwuchsgeneration gründe bereits selbst, erste Serial Entrepreneurs investierten in Start-ups, es gebe Businessangel-Nachwuchs, so Wagner. "Man kann sagen, die österreichische Start-up-Szene entwickelt sich zu einem unkontrollierten chaotischen System - im besten Sinne."

Weil der Binnenmarkt in Österreich zu klein für typische Copycat-Modelle ist - wie das etwa in Deutschland verbreitet ist - sei man in Österreich zu Innovation und Internationalisierung gezwungen. Wichtig sei es, den Standort ins Bewusstsein zu rufen. So ortet auch Oliver Holle, Gründer des Super Angel Fonds SpeedInvest, große Chancen für Wien bzw. Österreich als Start-up-Hub für Zentraleuropa. "Wir haben einen klaren Führungsanspruch in dieser Region, ich sehe keinen Grund, dass das nicht zu schaffen wäre", sagt Holle.

Aktuell tut sich in Österreich vor allem in den Bereichen Mobile Apps, Mobile Fitness Tracking und E-Commerce einiges. Erfolgsbeispiele wie runtastic genießen längst internationale Anerkennung und sind auch außerhalb der Landesgrenzen etabliert.

Zu wenig Risikokapital
Holle verweist aber auch darauf, dass es strukturell in Österreich ein signifikantes Problem gebe. "Wir sind nicht in der Lage, Projekte auf das nächste Level zu heben." Es brauche die großen internationalen Investoren für die Anschlussfinanzierung. Momentan werden in Österreich pro Jahr etwa zehn Millionen Euro in Start-ups investiert, so Holles Schätzung. "Wir bräuchten eigentlich zehn mal so viel Risikokapital." Das Ziel aus Sicht von Wagner von i5invest ist es, in den kommenden drei Jahren von den derzeit zehn Millionen auf 50 Millionen Investmentsumme zu kommen.

Einer der wichtigsten Motoren für das Wachstum des Start-up-Ökosystems sind erfolgreiche Exits, also Firmenübernahmen. 2012 gab es acht Exits in Österreich, darunter die Arbeitgeberbewertungs-Plattform kununu und der Snowboard-Onlinehändler Blue Tomato. Insgesamt wurde bei den acht Exits ein geschätztes Volumen von 500 Millionen Euro realisiert.

Branding-Problem
"Was wir haben, ist vor allem ein Branding-Problem", sagt Holle. Es heiße immer, dass es in Berlin, London oder dem Silicon Valley besser sei. "Das stimmt so gar nicht. Außerdem sagen viele, sie gehen ins Ausland, tun es dann aber gar nicht, sondern bleiben mit ihren Firmen hier", so Holle weiter.

Aufholbedarf gibt es laut Jürgen Furian, Mitbegründer von STARTeurope, aber auch besonders im Ausbildungsbereich und im Bereich der "Aufklärung", also was Trends, Know-how oder das Gründen an sich betrifft. "Es gibt leider immer noch eine zu geringe Einbettung der Universitäten." STARTeurope hat seit seinem Bestehen insgesamt 35 Startup-Live-Events in ganz Europa  veranstaltet sowie die Startup Week und das Pioneers Festival in Wien organisiert. Konnte man im Jahr 2009 bei insgesamt zwei Veranstaltungen erst 145 Teilnehmer bei den Gründerevents verzeichnen, waren es 2012 bei 21 Veranstaltungen bereits 1.134 Teilnehmer. Die Szene wird nach wie vor von einem sehr jungen Publikum geprägt, der Frauenanteil ist nach wie vor leider sehr gering.

Internationale Vernetzung
Dass die internationale Vernetzung eine große und wichtige Rolle spielt, darüber ist man sich einig. "Wir haben den Fokus auf die USA. Das heißt aber nicht, dass wir wollen, dass die Leute dahin abwandern, sie sollen nur ihr Geschäft dort machen", sagt Holle. Seit kurzem gibt es auch das Austrian Innovation Center Silicon Valley, eine Non-Profit-Organisation, die eine Brücke zwischen Wien und dem Silicon Valley schlagen und Leuten dabei helfen will, sich zu vernetzen. "Wir bieten auch Mentoren- und Fellowship-Programme", erklärt Niki Ernst vom Austrian Innovation Center Silicon Valley. Am 8. März wird es einen Kick-off-Event in Palo Alto geben, bei dem Teilnehmer die Möglichkeit zum Networking und erste Einblicke in das Ökosystem im Silicon Valley erhalten.

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Claudia Zettel

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futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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