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Erfolg

I-New: Mobilfunk aus Mattersburg für Kolumbien

Um das Virgin-Mobile-Team von Richard Branson zu überzeugen, genügte offenbar eine 90-minütige Präsentation, wie I-New-Geschäftsführer Peter Nussbaumer im Gespräch mit der futurezone verrät. „Wir haben aus der Presse von der geplanten Lateinamerika-Expansion von Virgin Mobile erfahren und einfach so lange um ein Vorstellungsgespräch gekämpft, bis wir eingeladen wurden“, so Nussbaumer.

Das kompakte und kostengünstige System habe die Verantwortlichen  in Rekordzeit überzeugt.  Damit liefern die Burgenländer  nun an Anbieter in Neuseeland, Chile, Ägypten, SerbienUngarn, die USA und Zypern. 2013 folgt  die Expansion mit Virgin Mobile nach Brasilien und Mexiko.

Schlankes System als Trumpf
Mobilfunk-Netze und die darauf aufbauenden Services, wie Telefonieren, SMS-Versand und Rechnungslegung waren bisher durch hochkomplexe, teure Systeme im Hintergrund  geprägt. Was bei vielen traditionellen Betreibern riesige Serverzentren benötigt, passt laut Nussbaumer bei der I-New-Lösung in einen kompakten Serverschrank. „Der schwierigste Teil der Verhandlungen ist, neuen Kunden glaubhaft zu machen, dass man mit dem kleinen System und drei Technikern in kürzester Zeit einen funktionierenden Betrieb garantieren kann“, so Nussbaumer.

Durch die geringen Investitionskosten rentiert sich das Mobilfunkgeschäft auch für Anbieter, selbst wenn sie nur wenige Tausend Kunden vorweisen. Damit können auch Mobilfunk-ferne Unternehmen und Branchen maßgeschneiderte Lösungen anbieten – wie es derzeit im Kreditkartenbereich üblich ist. In Österreich experimentiert etwa Spar mit der eigenen Mobilfunk-Diskont-Marke „S-Budget“ und Telering im Hintergrund in diese Richtung. Als erfolgreichstes Beispiel gilt die britische Supermarkt-Kette Tesco, die mit ihrer Eigenmarke innerhalb  weniger Jahre  in Großbritannien über zwei Millionen Mobilfunk-Kunden gewinnen konnte.

Kundenbindung
„Für einen Anbieter wie Tesco geht es nicht  darum, mit Mobilfunk Geld zu machen, sondern die Bindung zu den Kunden zu stärken und eigene Services leichter an die breite Masse zu verkaufen“, erklärt Nussbaumer. Österreich sei nicht der prädestinierte Markt für virtuelle Betreiber, da Wertkarten-Verträge hier kaum mehr eine Rolle spielen und die Preise für Mobiltelefonie durchwegs günstig seien. „Wenn Kunden in Österreich zwei Prozent Rabatt beim Telefonieren bekommen, haben sie das übermorgen schon vergessen. Das ist in Afrika, wo Mobilfunk boomt, noch ganz anders“, so Nussbaumer.

Laut Nussbaumer ist die von I-New vertriebene Lösung beliebig skalierbar. Ob die Netzteilnehmer nur wenige Tausend Kunden betragen oder das System wie im Fall von Virgin Mobile in Kolumbien auf 3,5 Millionen Leute ausgelegt ist, spiele keine Rolle. Virgin Mobile ist für die Burgenländer insofern ein Meilenstein, da das von Richard Branson gegründete Unternehmen als Pionier der virtuellen Netzbetreiber gilt und auch heute neben Lateinamerika in vielen Regionen der Welt Marktführerschaft im Bereich virtueller Netzbetrieb beansprucht.

Unter einem virtuellen Netzbetreiber versteht man einen Mobilfunk-Anbieter, der zwar eigene Telefonservices und im Normalfall auch eine eigene Vorwahl hat, aber gegen Entgelt das bestehende Netz eines etablierten Betreibers nutzt. In Österreich zählen Yesss, bob. aber auch Red Bull Mobile und  eety zu den virtuellen Anbietern. Im Zuge der Orange-Übernahme will sich 3 verpflichten, sein Netz  zusätzlichen virtuellen Betreibern bereitzustellen – etwa UPC.

Zögerliche Investoren in Österreich
Durch den Erfolgscoup mit Virgin Mobile hofft man bei der mit 60 Beschäftigten immer noch überschaubare Firma zukünftig leichter Investoren und Risikokapital aufstellen zu können. „Investoren in Österreich riskieren nichts, Scheitern ist im Gegensatz zu den USA verboten“, sagt Thomas Polak, Großaktionär von I-New zur futurezone. Zusammen mit Branchen-Kennern, wie dem Ex-Telekom-Austria-Chef und designierten Aufsichtsrat Boris Nemsic will Polak die Expansion von I-New vorantreiben. „Dass Richard Branson unserer Technologie den Vorzug gegeben hat, hilft aus unternehmerischer Sicht natürlich immens“, so Polak.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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