Dell will nach dem Börsenrückzug neu durchstarten
Dell will nach dem Börsenrückzug neu durchstarten
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IT-Branche

PC-Markt: „Dell war nie eine Consumer-Firma“

25 Milliarden Dollar war es Michael Dell wert, seine Firma zurückzukaufen und wieder von der Börse zu nehmen. Nach der auch über die Medien ausgetragenen Übernahmeschlacht mit Milliardär Carl Icahn, der den Deal verhindern wollte, sollen nun positive Schlagzeilen dominieren. „Die neue Energie und Begeisterung ist definitiv spürbar. Noch wichtiger ist aber, dass wir nun nicht mehr in 90-Tagen-Zeitfenstern agieren müssen, sondern mittel- und langfristiger planen und somit mehr Risiko eingehen können“, sagt Dell-EMEA-Chef Aongus Hegarty im futurezone-Interview.

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Auch Gründer Michael Dell gibt sich trotz der anhaltenden schwierigen Situation der PC-Branche selbstbewusst. „Seit unserem Börsenexit können wir jedenfalls zweistellige Wachstumsraten vorweisen“, sagte Dell am Rande des Solutions Summit in Brüssel im September. Auf die Frage der futurezone, ob Dell künftig mehr auf die eigene Server- und Software-Services-Sparte setzen und sich etwa vollständig aus dem Consumer-PC-Geschäft zurückziehen werde, antwortete Michael Dell: „Wir glauben fest an den PC-Markt. Natürlich gibt es neue Formen wie Tablets, aber der Markt ist da.“

85 Prozent Business-User

Der Schwerpunkt im PC-Markt liege weiterhin bei Business-Usern, die 85 Prozent der Kunden ausmachen. In manchen Ländern wachse aber auch das Consumer-PC-Geschäft, teilte Dell mit. Dass der Konzern nur 15 Prozent seines PC-Geschäfts mit Consumer-Geräten bestreitet, überraschte auch einige Journalisten vor Ort. Europa-Chef Hegarty ortet diesbezüglich aber keinen Strategiewechsel. „Dell war nie eine Consumer-Firma, auch wenn sie von vielen als solche wahrgenommen wurde. Wir haben auch in neuen Märkten immer zuerst PCs an Business-Kunden verkauft. Und dadurch hat sich automatisch eine Nachfrage unter Leuten gebildet, die Dell nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch zuhause nutzen wollten“, erklärt Hegarty.

Am Consumer-Markt wolle man aber definitiv festhalten, da die Business-Welt immer stärker von Konsumenten und deren Privatverhalten geprägt werde – sei es, dass diese ihre „schicken, leichten Geräte mit in die Arbeit bringen“, oder auch neue Geräteformen wie Tablets nutzen wollen. Um derartige Trends in der Business-Welt zu erkennen, müsse man auch den Consumer-Markt verstehen. Durch Skaleneffekte, die durch die Präsenz im Consumer-PC-Markt entstehen, könne man auch die Gesamtkosten in der Produktion günstiger halten, sagt Hegarty.

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Zum Thema Windows 8 und zur Enttäuschung vieler PC-Hersteller über die schwache Nachfrage und das durchwachsene Feedback der Business-Kunden blieb Hegarty wortkarg. Ein neues App-Ökosystem zu entwickeln, dauere nun einmal mehrere Jahre. „Bis dahin geben wir unseren Kunden die Wahl – sei es, dass sie auf Windows 7 migrieren oder auch ein Android-Tablet nutzen wollen.“ Für letzteres führte Dell auf dem Event eine Monitor-Lösung vor, mithilfe derer die Android-Oberfläche eines Dell-Tablets optimiert auf einen Dell-Bildschirm übertragen werden kann.

Direktverkauf war einmal

Der Erfolg oder Misserfolg Dells wird zukünftig jedenfalls nicht von der PC-Sparte allein abhängen. So verkauft der Konzern seit 20 Jahren auch Serverinfrastruktur und hat in den vergangenen Jahren kräftig in Virtualisierung, Netzwerktechnologien, Speicher und Security investiert. Entsprechende Business-Intelligence- und Data-Analytics-Lösungen sollen das Unternehmen fit für die kommenden Jahrzehnte machen.

Ein radikaler Strategiewandel vollzog sich bereits vor sieben Jahren, als Dell erstmals anfing, weg vom Direktverkauf in Richtung Channel-Partner zu gehen. Diese Marschroute soll Dell zufolge beibehalten werden, mache man heute doch bereits ein Drittel der Business-Umsätze in Westeuropa mithilfe externer Partner. In den aufstrebenden jungen Märkten operiere Dell gar zu 100 Prozent durch Channel-Partner, sagte Hegarty im futurezone-Interview.

Disclaimer: Die Reisekosten für den Dell Solutions Summit in Brüssel wurden von Dell übernommen.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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