Salesforce wird zum "Facebook für Firmen"
Salesforce wird zum "Facebook für Firmen"
© Jakob Steinschaden

Salesforce wird zum "Facebook für Firmen"

Salesforce wird zum "Facebook für Firmen"

Weder “Was gibt´s Neues?” noch “Was machst du gerade?”: Wer sich künftig in der Arbeit in ein Online-Netzwerk einloggt, könnte mit der Frage “Woran arbeitest du gerade?” konfrontiert werden. Das sehen zumindest die Pläne des US-Cloud-Anbieters Salesforce vor. Auf der Hauskonferenz “Dreamforce” - mit mehr als 42.000 Besuchern die größte ihrer Art - in San Francisco stellte Salesforce-Chef Marc Benioff (47) seine Vision des “Social Enterprise” vor. Nach der Desktop-Dekade (“Bill Gates kontrollierte sie”) und der Mobile-Ära (“Danke, Steve Jobs”) sei jetzt die Zeit für die “Social Revolution” reif und dieser wolle man mit neuen Dienstleistungen Rechnung tragen.

“Wir haben Mubarak und Gaddafi fallen sehen”, sagte Benioff in Anspielung an die oft als “Facebook-Revolutionen” bezeichneten Volksaufstände (die futurezone

) in Nordafrika Anfang des Jahres. “Wann wird der erste Firmenchef fallen, weil er nicht auf seine Kunden und auf seine eigenen Mitarbeiter hörte?”

“Sieht aus wie FacebookBietet Salesforce unter dem Motto “Software ist tot” seit 1999 internetbasierte “Customer Relation Management”-Lösungen (CRM) an, will man die 2010 gestartete Kommunikations-Plattform Chatter - derzeit bei etwa 150.000 Firmen im Einsatz - jetzt zum ultimativen “Facebook für Firmen” ausbauen. 1,1 Milliarden Nutzer von Online-Netzwerken gebe es weltweit, die 22 Prozent ihrer Online-Zeit bei Diensten wie Facebook und Twitter verbringen würden, so Benioff. Da sei es nur logisch, die populären Technologien auch für die interne und externe Unternehmenskommunikation einzusetzen.

Dazu wird Chatter, das grundsätzlich kostenlos nutzbar ist, um neue Funktionen wie einen Live-Chat, Filesharing-Funktionen (z.B. für PowerPoints) und Gruppen erweitert. “Chatter sieht aus wie Facebook, ist aber ein privates geschütztes Netzwerk innerhalb des Unternehmens”, sagt Salesforce-Marketingchef Kendall Collins. Ein weiterer Unterschied: Die Nutzer zahlen nicht mit ihren Daten, sondern für die Vollversion mit erweiterten Funktionen in bar (ca. 10 Euro/Nutzer/Monat).

Mehr Teamwork “Das Intranet, wie wir es heute kennen, ist am Aussterben”, sagt Salesforce-Manager Woodson Martin im Gespräch mit der futurezone. Chatter würde die Produktivität in einem Unternehmen ankurbeln: Vor allem beim Projekt-Management und beim kollaborativen Erstellen von Dokumenten sei eine Effizienzsteigerung zu bemerken. Und: Mitarbeiter mit guten Ideen hätten es jetzt leichter, in der Chefetage aufzufallen, weil Chatter Hierarchien verflachen würde. Anstatt einen Termin beim Boss zu ergattern, brauche man jetzt nur mehr mit geistreichen Status-Updates auf sich aufmerksam zu machen.

Bedenken, dass sich Mitarbeiter durch die tiefgehende Erfassung ihrer Arbeitstätigkeiten via Chatter überwacht fühlen könnten, räumt Martin aus. “Der Chef kann auch heute schon sowieso alles einsehen. Insgesamt sind die Vorteile größer als die Bedenken.” Außerdem würden sich Angestellte im “Social Enterprise” besser benehmen, weil sie mit ihrem Job für ihre Aktivitäten geradestehen müssen.

Zweifel an Cloud-Computing-Lösungen bestehen vor allem im deutschsprachigen Raum aber auch, weil damit interne Daten etwa auf Salesforce-Server im Ausland (derzeit in den USA und Asien) ausgelagert werden. Aber auch dafür will man eine Lösung parat haben: Ab dem Frühjahr 2012 gibt es mit der so genannten “Data Residency Option” (sie basiert auf dem Zukauf der israelischen Firma Navajo Systems) die Möglichkeit, sensible Daten auf den eigenen Rechnern zu belassen und verschlüsselt immer nur dann an Chatter zu senden, wenn sie abgefragt werden.

Damit schaffe man etwa das Problem des “Patriot Act” (die US-Regierung kann auf Server von US-Anbietern und damit auf die Daten auch europäischer Kunden zugreifen) aus der Welt - “egal, ob der Firmenchef psychologische Gründe hat oder das Recht eines Landes ein Unternehmen dazu zwingt”, so Salesforce-Chef Benioff.Konsumenten durchleuchtenKritik von Datenschützern könnte Salesforce aber künftig wegen einem ganz anderen Produkt drohen. Denn Chatter soll nicht nur zur internen Kommunikation dienen, sondern im Sinne von CRM auch den Kontakt zum Konsumenten erlauben. Diese können sich ebenfalls bei Chatter anmelden und dann mit den Kundenbetreuern chatten. Mit dem Dienst Data.com will man ab Herbst 2011 (noch keine Preise) Unternehmen die Möglichkeit geben, diese Konsumenten zu durchleuchten. Auf Basis des Namens einer Person können öffentlich zugängliche Daten aus dessen Profilen bei Facebook, Twitter oder LinkedIn automatisch ausgelesen und analysiert werden.

“Aus Online-Fotos könnte eine Versicherung etwa auf Kinder rückschließen und ein Angebot entsprechend personalisieren”, so Salesforce-Manager Martin. Wie sein Chef Benioff vorzeigt, könne man außerdem die “Likes” bei Facebook, Kurznachrichten bei Twitter oder das Netzwerk bei LinkedIn untersuchen. Eine Möglichkeit für Internetnutzer, dieses Datamining durch Salesforce zu unterbinden (“Opt-out”), ist vorgesehen. In Europa ist das System aus hiesigen Datenschutzregeln derzeit nicht einsetzbar.

StimmungsbarometerMit dem Zukauf des “Social Monitoring”-Dienstes Radian6 will Salesforce seinen Kunden aber noch weitere Möglichkeiten zur Marktanalyse zur Verfügung stellen. Wer dafür zahlt, kann das “Social Web” hinsichtlich des Rufs der eigenen Marke im Vergleich zur Konkurrenz untersuchen lassen. Möglich soll auch werden, Kundenfragen, die etwa bei Twitter gestellt werden, vollautomatisiert beantworten zu lassen. Geplant ist außerdem, dass ab 2012 über Chatter auch “Sales” stattfinden können: Konsumenten könnten dann direkt in dem Online-Netzwerk Verträge oder Käufe abschließen - und Salesforce könnte sich so geschickt in die Position manövrieren, als technischer Vermittler eine Provision zu kassieren.

Zweifel an Cloud-Computing-Lösungen bestehen vor allem im deutschsprachigen Raum aber auch, weil damit interne Daten etwa auf Salesforce-Server im Ausland (derzeit in den USA und Asien) ausgelagert werden. Aber auch dafür will man eine Lösung parat haben: Ab dem Frühjahr 2012 gibt es mit der so genannten “Data Residency Option” (sie basiert auf dem Zukauf der israelischen Firma Navajo Systems) die Möglichkeit, sensible Daten auf den eigenen Rechnern zu belassen und verschlüsselt immer nur dann an Chatter zu senden, wenn sie abgefragt werden. Damit schaffe man etwa das Problem des “Patriot Act” (die US-Regierung kann auf Server von US-Anbietern und damit auf die Daten der Kunden zugreifen) aus der Welt - “egal, ob der Firmenchef psychologische Gründe hat oder das Recht eines Landes ein Unternehmen dazu zwingt”, so Salesforce-Chef Benioff.

Konsumenten durchleuchtenKritik von Datenschützern könnte Salesforce aber künftig wegen einem ganz anderem Produkt drohen. Denn Chatter soll nicht nur zur internen Kommunikation dienen, sondern im Sinne von CRM auch den Kontakt zum Konsumenten erlauben. Diese können sich ebenfalls bei Chatter anmelden und dann mit den Kundenbetreuern chatten. Mit dem Dienst Data.com will man ab Herbst 2011 (noch keine Preise) Unternehmen die Möglichkeit geben, diese Konsumenten zu durchleuchten. Auf Basis des Namens einer Person können öffentlich zugängliche Daten aus dessen Profilen bei Facebook, Twitter oder LinkedIn automatisch ausgelesen und analysiert werden. “Aus Online-Fotos könnte eine Versicherung etwa auf Kinder rückschließen und ein Angebot entsprechend personalisieren”, so Salesforce-Manager Martin. Wie sein Chef Benioff vorzeigt, könne man außerdem die “Likes” bei Facebook, Kurznachrichten bei Twitter oder das Netzwerk bei LinkedIn untersuchen. Eine Möglichkeit für Internetnutzer, dieses Datamining durch Salesforce zu unterbinden (“Opt-out”), ist bis dato nicht vorgesehen. Salesforce verweist dabei auf jene Unternehmen, die Data.com einsetzen werden.

Mit dem Zukauf des “Social Monitoring”-Dienstes Radian6 will Salesforce seinen Kunden aber noch weitere Möglichkeiten zur Marktanalyse zur Verfügung stellen. Wer dafür zahlt, kann das “Social Web” hinsichtlich des Rufs der eigenen Marke im Vergleich zur Konkurrenz untersuchen lassen. Möglich soll auch werden, Kundenfragen, die etwa bei Twitter gestellt werden, vollautomatisiert beantworten zu lassen. Geplant ist außerdem, dass ab 2012 über Chatter auch “Sales” stattfinden können: Konsumenten könnten dann direkt in dem Online-Netzwerk Verträge oder Käufe abschließen - und Salesforce könnte sich so geschickt in die Position manövrieren, als technischer Vermittler eine Provision zu kassieren.

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Salesforce wurde 1999 vom Ex-Oracle-Manager Marc Benioff gegründet. 2011 macht die Firma mehr als zwei Mrd. Dollar Umsatz, an der Börse wird die Firma derzeit mit 17,39 Mrd. Dollar bewertet. Weltweit hat Salesforce rund 6000 Mitarbeiter, 2000 davon in Europa. Zweitstärkster Markt nach den USA ist Japan. Das Unternehmen ringt derzeit mit seinen Rivalen SAP, Oracle, Microsoft, Google und neuerdings HP um den Cloud-Computing-Markt. einer Forrester-Studie zufolge ist dieser 2011 40,7 Mrd. Dollar schwer und wird bis 2020 auf 241 Mrd. Dollar wachsen.

40.7 Milliarden Dollar auf 241 Mrd. Dollar im Jahr 2020 wachsen

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