Samsung kämpft an allen Fronten
Samsung kämpft an allen Fronten
© REUTERS/Edgar Su

Analyse

"Samsung ist als Marke gegen Apple chancenlos"

Mit dem Galaxy Note 5 und dem S6 Edge+ startet Samsung früh in den Produkt-lastigen Herbst. Ob der koreanische Hersteller mit den Riesen-Smartphones punkten kann, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. Die Verkaufszahlen der jüngsten Highend-Modelle Galaxy S5 und S6 waren hinter den Erwartungen geblieben. Im Kampf um die Smartphone-Krone war Apple mit dem iPhone 6 und 6 Plus der eindeutige Sieger. Auf der anderen Seite setzten ambitionierte chinesische Hersteller wie Huawei, ZTE, Oneplus und Xiaomi den Koreanern mit leistungsstarken, aber weitaus günstigeren Geräten zu.

Bisheriger Vorteil weg

"Samsung macht gerade eine schwierige Phase durch. Wie sich jetzt zeigt, ist die Marke einfach nicht stark genug, um gegen Apple auf der einen Seite und den chinesischen Herausforderern auf der anderen zu punkten", sagt IDC-Analyst Francisco Jeronimo im Gespräch mit der futurezone. Bis zum iPhone 6 habe Samsung mit seinen größeren Displays davon profitiert, besser auf die Kundenwünsche eingegangen zu sein. Dieser Vorteil sei nun dahin. Gegenüber Herstellern wie Huawei oder ZTE besitze die Marke zwar eine größere Strahlkraft, diese sei aber nicht stark genug, dass Käufer Hunderte Euro mehr für ein Samsung-Gerät ausgeben, so Jeronimo.

Auch die bekannte Marktanalystin Carolina Milanesi von Kantar Worldpanel ortet bei Samsung ein Marken- und ein Preisproblem. "Samsung leidet darunter, dass Konsumenten die Preise für die Flaggschiff-Geräte als zu hoch empfinden. Mit dem Galaxy hatte sich Samsung eigentlich eine gute Marke aufgebaut, diese über die Jahre aber mit viel zu vielen unterschiedlichen Produkten verwässert. Heute wissen Käufer überhaupt nicht mehr, wofür die Galaxy-Reihe eigentlich steht", kritisiert Milanesi.

Ebenfalls nicht aufgegangen sei die Strategie, beim Galaxy S6 und S6 Edge erstmals auf hochwertige Materialien und ein innovativeres Design zu setzen. Dies habe den Preis nach oben getrieben, gleichzeitig aber zu weniger Nachfrage als erwartet geführt. Das teurere, aber stärker nachgefragte Galaxy S6 Edge habe seine Vorzüge zudem nicht optimal ausspielen können, weil die Verfügbarkeit über Monate hinweg schlecht war, so Milanesi. "Im Großen und Ganzen würde Samsung ein schlankeres und fokussierteres Portfolio gut tun."

Samsung zu teuer

Für den IDC-Analysten Jeronimo müssen die Samsung-Geräte wieder billiger werden, damit der Hersteller an frühere Erfolge anschließen kann. "Samsung hat enorm viel Geld für Marketing und gestützte Verkäufe ausgegeben. Es wird ihnen kaum etwas anderes übrig bleiben, als beim Marketing zurückzufahren, die Firmenstruktur zu verschlanken und dafür wieder mit einer aggressiveren Preispolitik in den Markt zu gehen", sagt Jeronimo. Das sei das Um und Auf, um chinesische Hersteller einzubremsen und auch Apple im Highend-Segment etwas entgegenzusetzen.

"Wer 700 Euro und mehr für ein Smartphone ausgeben will, nimmt die stärkste Marke, und die ist und bleibt Apple. Das ist wie beim Autokauf - wer es sich leisten kann, kauft auch einen BMW oder Mercedes und keinen Ford", ist Jeronimo überzeugt. Im Highend-Bereich habe Samsung auch den Fehler gemacht, einige Features zu nachlässig umgesetzt zu haben: "Der Fingerprint-Sensor ist ein gutes Beispiel. Während er bei Apple von Anfang an perfekt funktionierte, musste man bei Samsung zunächst mehrmals mit dem Finger drüberstreichen, bis der Abdruck erkannt wurde."

"Zum Scheitern verurteilt"

Das Urteil von Asymco-Analyst Horace Dediu fällt noch weniger schmeichelhaft für Samsung aus. "Samsung war nie gut darin, worin Apple gut war. Apple schafft eine einzigartige User Experience, da sie Software, Hardware und Services aus einer Hand anbieten können. Samsung macht mehr oder weniger das selbe, was 1000 Android-Konkurrenten auch machen. Der Erfolg kam eher daher, dass Samsung mit Jahresbudgets von 14 Milliarden Dollar für Marketing, Verkaufspromotionen und Werbung seine Produkte besser verkaufen konnte als die Android-Mitbewerber", sagt Horace.

Eine derartige Strategie sei langfristig aber immer zum Scheitern verurteilt, da sie nicht nachhaltig sei, denn es werde immer neue Marken geben, welche Nischen besetzen. Wenn Samsung sich über die Android-Welt hinaus profilieren möchte, müsse der Konzern eine Plattform-Firma mit einem starken Ökosystem werden und stark in Software und Services investieren. "Dazu müsste Samsung aber erst eine firmeninterne Kultur entwickeln, die solche langfristigen Ziele absteckt und umsetzt", sagt Horace zur futurezone.

Trendumkehr möglich

Auch Milanesi sieht Samsung in der Verbesserung von Software-Features bzw. der optimalen Abstimmung von Software und Hardware verstärkt in der Pflicht, ortet aber auch Stärken. "Man darf nicht vergessen, dass Samsung weiterhin in vielen Märkten der führende Smartphone-Hersteller ist. Im Gegensatz zu anderen, teilweise bereits gefallenen Branchengrößen wie Nokia hat Samsung den großen Vorteil, dass sie über wertvolle Produktionsanlagen für Bildschirme, Akkus und die Chipherstellung verfügen. Wenn sie es schaffen, ihre Marke noch stärker zu positionieren und zu schärfen, ist eine Trendwende möglich", zeigt sich Milanesi gegenüber der futurezone überzeugt.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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