Stromzähler

Smart Meter: Einsparungen liegen bei 2,5 Euro

Verbraucher mit geringem Jahresverbrauch, das heißt unter 2000 kWh/Jahr können mit intelligenten Stromzählern (Smart Metern) kaum etwas sparen. Konkret liegt das Einsparungspotenzial bei 0,5 Prozent. In Geld umgerechnet bedeutet das: Im Schnitt betragen die Einsparungen 2,5 Euro, im Maximal-Fall 4,5 Euro pro Jahr. Das ergibt ein aktuelles Gutachten der Unternehmensberatung Ernst & Young (PDF), das vom deutschen Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegeben wurde.

Durchschnittlichen Zwei-Personen-Haushalte, die zwischen 2000 und 3000 kWh/Jahr verbrauchen, sparen ein Prozent, monetär betrachtet sind das zwischen zehn und 17 Euro pro Jahr. Bei durchschnittlichen Familien-Haushalten zwischen 3000 und 4000 kWh/Jahr sind es 0,75 bis 1,5 Prozent, aus monetärer Sicht sind das im Durschnitt 20 Euro pro Jahr. Das Unternehmen beruft sich bei den Zahlen auf „Erfahrungen aus Pilotprojekten" sowie „Erfahrungen aus anderen Ländern und Studien". Zum Vergleich: In Österreich ging man bei seinen Überlegungen von 3,5 Prozent Einsparpotenzial aus.

Rebellion gegen EU-Empfehlung
Das Gutachten wurde im Rahmen einer „Kosten-Nutzen-Analyse für einen flächendeckenden Einsatz intelligenter Zähler" für Deutschland erstellt. Denn Deutschland hatte, anders als Österreich, bisher noch keinen finalen Smart Meter-Roll-Out-Plan. So wie es nach dieser „Kosten-Nutzen-Analyse" jetzt aussieht, wird Deutschland auch eine völlig andere Strategie als Österreich, wo 95 Prozent der Haushalte mit Smart Metern ausgestattet werden sollen, wählen und will sogar der EU-Empfehlung, 80 Prozent aller Haushalte mit Smart Metern auszustatten, nicht folgen.

Die Analysten von Ernst & Young kommen nämlich zum Schluss: Ein verpflichtender Einbau von intelligenten Messsystemen sei unverhältnismäßig und wirtschaftlich unzumutbar. Konkret heißt es in dem Bericht: „Verbraucher, mit einem geringen Stromverbrauch sind nicht in der Lage, dieses allgemeine Entgelt inklusive Systemkostenbeitrag (29,- + 22,- = 51,- Euro pro Jahr) selbst bei starken Stromeinsparbemühungen und erheblichen Lastverlagerungen, durch die Nutzung von intelligenten Messsystemen zu kompensieren."

"Unverhältnismäßig hohe Kostenbelastungen"
Das EU-Szenario, bis 2022 mindestens 80 Prozent der Zählpunkte mit intelligenten Messsystemen auszustatten, sei für Deutschland aufgrund eines negativen Netto-Kapitalwertes gesamtwirtschaftlich nicht vorteilhaft und führe für den Großteil der Endkunden zu unverhältnismäßig hohen Kostenbelastungen. „Es ist aufgrund des sehr hohen Investitionsaufwandes mit einem erheblichen Finanzierungsrisiko belastet und stellt aufgrund der Konzentration auf die Verbrauchsmessung einen für intelligene energieversorgungssysteme nicht nachhaltigen Ansatz dar", heißt es in der Analyse des 237-langen Endberichts.

Deutschland deutet dabei auch die EU-Richtlinien (das sind mittlerweile mehrere), aufgrund derer eine 80-prozentige Einführung von Smart Metern vorsehen sei, völlig anders als es z.B. Österreich bei seiner eigenen Kosten-Nutzen-Analyse gemacht hat.  „Sofern eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt wird, steht es den EU-Mitgliedländern frei, eine individuelle Strategie auf den Weg zu bringen", interpretiert Ernst & Young.

Genau eine solche „individuelle Strategie" will das deutsche Wirtschaftsministerium nun prüfen. "Die Ergebnisse zeigen, dass wir in Deutschland den Ausbau von intelligenten Messsystemen und Zählern gezielt, nämlich Energiewende-konform, ausgestalten müssen; pauschale Ansätze sind nicht situationsgerecht", so der Staatssekretär Stefan Kapferer, als die Studie Ende Juli veröffentlicht wurde.

Andere Herangehensweise in Österreich
In der deutschen Kosten-Nutzen-Analyse von Ernst & Young wurden deshalb auch wirtschaftliche Szenarien beleuchtet, die nicht von einer Mindestabdeckung von 80 Prozent ausgehen, wie sie die EU vorsieht. Das wurde in Österreich nicht gemacht. In Österreich wurde im Juni 2010 im Auftrag des Wirtschaftsministeriums eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellt. Diese wurde von PriceWaterHousCoopers (PDF) durchgeführt und es wurden nur Szenarien errechnet, die von einem Zählereinführungsgrad von mindestens 80 Prozent ausgehen. Zwei Szenarien befassten sich mit einem Einführungsgrad von 95 Prozent – und eines dieser Szenarien wurde dann auch als „am wirtschaftlichsten" errechnet und zur Umsetzung empfohlen.

Das österreichische Wirtschaftsministerium erstellte damals aufgrund dieser Analyse, die übrigens nur knapp 90 Seiten umfasst hat, dann einen strikten und viel kritisierten Zeitplan: Bis 2015 müssen zehn Prozent der Zähler Smart Meter sein, bis Ende 2017 70 Prozent der Zähler und bis Ende 2019 müssen in Österreich mindestens 95 Prozent der Zähler intelligent sein.

Dieser Zeitplan gilt nach wie vor als fix. Doch so manche Landesnetzbetreiber glauben nicht, dass dieser Plan halten wird. So wurde Anfang Juli -

- eine Gesetzesnovelle beschlossen, nach der Kunden eine Opt-Out-Möglichkeit bekommen sollen. "Ob es durch die Opt-Out-Regelung  noch eine verpflichtende Quote von 95 Prozent geben kann, ist juristisch zu klären", hieß es dazu als Reaktion seitens mehrerer Landesnetzbetreiber.

In Deutschland beginnt jetzt die "heiße Phase" in der Diskussion rund um den Roll-Out von Smart Metern. "Verbände und Verbrauchervertreter haben nun die Gelegenheit, die Ergebnisse der Studie mit den Gutachtern zu diskutieren", so das Bundeswirtschaftsministerium.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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