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Interview

T-Mobile: "Die Wachstumszeiten sind vorbei"

Österreichs zweitgrößter Mobilfunker büßte 2012 fünf Prozent beim Umsatz auf 878 Millionen Euro ein, obwohl die Kundenzahl um 1,1 Prozent auf 4,1 Mio. stieg. Die Gründe: Preisverfall, das 60-Euro-Limit und die Senkung der Roaming-Gebühren. Andreas Bierwirth ist seit 1.9. 2012 CEO bei T-Mobile und soll den Umschwung bringen.

futurezone: Sechs Monate als CEO von T-Mobile. Gut eingelebt?
Andreas Bierwirth: Ich fühle mich sehr gut in der Branche und im Unternehmen.

Zuerst Airline, jetzt Mobilfunk. Kann ein Manager alles managen?
Theoretisch ja, praktisch nein. Eine neue Branche ist eine Hürde, die ich sehr ernst genommen habe. Ich bin mit viel Demut da reingegangen.

Also ein schwieriger Umstieg.
Ja. Und auf der anderen Seite ist es vielleicht auch einfacher. In einer anderen Branchen hat man nicht die Arroganz, die gleichen Lösungen anwenden zu wollen. Man muss komplett neu beginnen.

Welche Durchsetzungskraft hat ein Quereinsteiger und wie ernst wird er genommen?
Die Chance, als Quereinsteiger relativ schnell wieder aus der Branche ausgeschieden zu werden, ist groß. Weil man Dinge erzählt, die keiner ernst nimmt. Dieses Phänomen habe ich auch in meiner alten Branche immer wieder erlebt. Man hat aber die Chance, breiter und übergreifender zu denken – das ist mein Anspruch.

Was ist das für eine Branche, in die Sie da geraten sind?
Eine hochdynamische Branche, im Alltag verbreitet, extrem kapitalintensiv, mit viel Wettbewerb und einem völlig preistransparenten Markt.

Was ist härter, Airline oder Telekom?
Beides ist sehr hart.

Gab es ein Learning bei der AUA, das Sie jetzt im neuen Job umsetzen?
Ja, viel. Ich kommuniziere sehr klar, das war bei der AUA nicht immer angenehm. Es wurde aber geschätzt - das mache ich weiter. Ich habe bei der AUA dem Thema interne Kommunikation zum Eigentümer weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Das will ich hier besser machen. Das Vertrauen der Mitarbeiter ist mir sehr wichtig geworden – da waren die letzten zwölf Monate bei der AUA sehr zermürbend.

Ihre größte Baustelle bei T-Mobile?
Die Marke entfaltet am Markt nicht die Kraft, die sie eigentlich hat. Ursache ist, dass die Marke hier eingeführt wurde ohne Aufbaustory, ohne Unternehmertum. Die Marke war plötzlich da, die Emotionalität fehlt.

Hat die Deutsche Mutter verstanden, dass der österreichische Markt sehr speziell ist?
Ja. Die Deutsche Telekom, gerade jetzt unter der Führung von Claudia Nemat, hat die einzelnen Länder charakterisiert und daraus werden jetzt eigene Instrumente entwickelt.

Ebendiese Deutsche Vorständin war zu Anfang des Jahres mit Verkaufsgerüchten der Österreichtochter in den Medien.
Solche Gerüchte sind immer wieder mal im Markt. Klar ist, dass die Telekommunikationsbranche in Österreich massiv unter Druck steht und dass dadurch eine Portfoliooptimierung immer eine Alternative sein kann. Claudia Nemat hat sich dazu klar geäußert: Meine Arbeitsthese ist, dass wir nicht verkauft.

Wie groß ist der Druck aus Deutschland?
Nicht ungewöhnlich hoch. Die Erwartungen sind natürlich da.

Was wollen Sie 2013 bei T-Mobile umsetzen?
Die Markenidentität stärken. Wir sind als Unternehmen bekannt, als Arbeitgeber respektiert. Aber wenn Sie Kunden und Mitarbeiter fragen, wofür steht diese Firma, ist die Antwort noch zu finden.

Viel Marketing also.
Nicht nur. Man muss sich finden. Und dann von A bis Z alles danach ausrichten.

Was passiert mit Telering?
Die Marke ist mit der Gründung der Low-Cost-Marken massiv unter Druck geraten. Wir werden aus Telering die Marke für preissensitive Kunden machen. Weil die Kunden segmentieren sich immer mehr: Zwischen sehr preisaffin und sehr qualitätsorientiert. Die Mitte wird kleiner. T-Mobile und Telering waren auf dem Weg, sich in die Mitte zu orientieren – da ist aber kein Markt mehr. T-Mobile wird mehr nach oben rücken, Richtung Smartphone, vernetztes Leben. Telering konzentriert sich auf Preisaggressivität.

Wie sehen Sie die Sandwichposition zwischen A1 und dem neuen großen Dritten, Orange/3?
Der große Dritte tut uns gut, der Druck wird größer und wir wissen, wenn wir nicht richtig gut werden, könnten wir die Nummer zwei Position auch verlieren. Wir werden in Zukunft vom Thema Datenübermittlung leben müssen. Die Nachfrage nach Datenleistungen ist enorm, steigt pro Jahr etwa 100 Prozent an. Wir haben einen gigantischen Wachstumsmarkt.

Trotzdem erwarten Sie für 2013 einen Umsatzverfall in hoher zweistelliger Millionenhöhe.
Deshalb müssen wir vollste Kostendisziplin haben, sparen, wo wir können, aber nicht beim Kunden.

Es gab aber gerade eine Tariferhöhung für Neukunden.
Wir haben die Tarife anders konzipiert. In den hochpreisigen Segmenten haben wir die Endgerätepreise deutlich abgesenkt.

Sie wollen zum Surfen animieren.
Ja.

Sparen auch bei den Mitarbeitern?
Auch da. Das heißt nicht, dass wir Mitarbeiter abbauen. Die Wachstumszeiten sind aber vorbei. Wir müssen Kostensenkungsprogramme fahren.

Wann kommt LTE?
Das ist bereits da, in den Datensticks. Wir sind dabei, die Endgeräte zu testen, weil wir alle noch nicht die Stimme über LTE haben. Heuer sicher noch, die Ausrollgeschwindigkeit wird ab Herbst enorm an Fahrt gewinnen.

Wie sieht es mit der gemeinsamen Nutzung von Infrastruktur aus. Kann das Thema sein in diesem Land?
Das ist ein Thema und der Schlüssel dazu, dass die Konsumentenpreise auf einem niedrigen Niveau bleiben. Mit LTE haben alle Anbieter einen enormen Investitionsdruck. Ich glaube, dass das weniger ein Thema der Konkurrenten als der regulatorischen Rahmenbedingungen ist, die man gesetzt bekommen hat.

Thema virtuelle Netzbetreiber: Bis zu 16 neue Anbieter wären im Drei/Orange-Netz möglich. Wie viele neue Marken erwarten Sie?
Der Markt ist damit voll geöffnet worden. Ich finde das nicht unangenehm, das eröffnet uns ein neues Potenzial für neue Partnermarken.

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