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StartupWeek Vienna 2011

"Viele Start-ups werden nicht überleben"

futurezone: Sie sind einer der prominenten Gäste bei der STARTup Week 2011 – kennen Sie ein paar österreichische Start-ups?
Leider nicht, aber ich hoffe, dass sich das in zwei Wochen ändern wird.

Aber Sie waren schon mehrmals in Wien?
Ja, sicherlich 15 bis 20 Mal in den vergangenen Jahren. Und als Kind war ich oft in Zinkenbach, im Salzkammergut.

Wie viele Start-ups schauen Sie sich pro Jahr an?
Naja, das kommt darauf an, wie Sie „anschauen“ definieren, aber ich würde sagen, dass ich pro Woche im Schnitt etwa fünf Start-up-Gründer treffe. Übers Jahr gerechnet werden es so 250 sein, aber das ist eine sehr grobe Schätzung.

Wie oft wird Ihnen angeboten, in ein neues, aufstrebendes Unternehmen zu investieren?
Sicherlich zehnmal pro Woche.

In welche Firmen würden Sie heute investieren?
Derzeit interessieren mich vor allem Start-ups, die sich mit dem Thema Gesundheit bzw. Gesundheitsvorsorge etc. beschäftigen. Ich denke, dass das ein riesiges Geschäftsfeld ist, wo es noch viel zu erforschen gibt und das nicht nur für Investoren, sondern auch für die Gesellschaft höchst interessant ist.

In wie viele Start-ups haben Sie bislang investiert? Ich weiß etwa vom DNA-Service 23andMe, Flickr oder delicious.
Ich glaube es werden so etwa 200 sein. Ich kann freilich nicht alle aufzählen, aber das sind die, bei denen ich im Vorstand sitze: 23andMe, Airship Ventures, Eventful, Evernote, Meetup, NewspaperDirect, Voxiva, WPP Group, XCOR Aerospace, Yandex. Und dann ein paar, bei denen ich nicht im Vorstand bin, wie Habit Labs, HealthEngage, HealthRally, HealthTap, Nanoracks, Square, Toutapp oder Zingaya.

Apropos delicious – was haben die beiden YouTube-Gründer Hurley und Chen mit delicious vor?
Keine Ahnung, ich weiß nicht mehr, als in den News zu lesen ist.

Was würden/werden Sie einem österreichischen Start-up raten, das erfolgreich sein will?
Was ich jedem anderen Jungunternehmen auf dieser Welt auch raten würde: Die Kunden verstehen, etwas für sie tun, was kein anderer so gut machen kann. Und das ganze kosteneffizient, mit einer echten Firma und so weiter.

Im Silicon Valley gehen Firmen wie Facebook oder Google die Entwickler aus, weil es derzeit den Trend der Ein-Mann-Gesellschaft gibt. Viele Entwickler entwickeln lieber ihre eigene App, versuchen sich an ihrer eigenen Idee als sich bei einem Unternehmen anstellen zu lassen. Allein in Österreich werden in den kommenden drei Jahren 10.000

IT-Fachkräfte abgehen
.
Das ist ein Riesenproblem. Aber es geht nicht nur darum, dass es einen Engpass bei den Entwicklern gibt, es gibt zu viele Start-ups, die alle um die gleichen wenigen Leute wetteifern – nicht nur Programmierer, sondern auch Manager, Verkaufer, Marketing-Fachleute etc. Ich befürchte, dass viele Start-ups deshalb nicht überleben werden.

Haben Sie einen Tipp für junge Entwickler parat, wenn sie eine Idee haben?
Es ist leicht eine Idee zu haben, aber es ist schwer, eine Firma aufzubauen, das kann sehr zäh sein.

Ich kann mich noch gut erinnern, als Sie mir vor einigen Jahren erstmals das Service Dopplr gezeigt haben – lange, bevor es bekannt wurde. Nokia hat es schließlich gekauft und nun ist es praktisch verschwunden.
Das ist das Risiko viele Firmen, sie werden gekauft und verschwinden. Aber es gibt einige, die werden nicht einmal gekauft und verschwinden auch.

Sie sind Gründungsmitglied der Internet-Behörde ICANN. Wie beurteilen Sie die Entwicklung von ICANN? Was erwarten Sie sich von der neuen Top-Level-Domain-Regelung, wonach ab 2012 praktisch jeder Begriff zu einer TLD werden kann?
Das ist meiner Meinung nach keine gute Idee. Ich habe das auch ausführlich auf projectsyndicate.org beschrieben. Das Problem der Domain-Erweiterung ist, dass durch die neuen TLDs kein neuer Wert geschaffen wird. Der Wert ist in den Köpfen der Menschen, liegt in der Bedeutung der Worte und in der Marke. Das hat nichts mit TLDs zu tun. Der Wert – nehmen wir das Beispiel Apple her – würde geteilt werden, etwa in apple.computers, apple.phone, ipod.apple, und so weiter. Wenn das verwirrend klingt, ist es deshalb, weil es verwirrend ist.

Sie wären ja 2009 beinahe mit dem Unternehmen Space Adventures (an der Firma sind Sie ja beteiligt) ins All geflogen, sie waren Ersatz-Astronaut für Charles Simonyi, der im März 2009 mit Sojus TMA-14 für einen Kurzzeitaufenthalt zur Internationalen Raumstation flog. Leider wurde nichts daraus. Werden Sie sich ein Ticket für den nächsten Aufenthalt im All kaufen?
Das brauch ich nicht, weil ich ein Gratis-Ticket für einen Testflug mit dem Raumflugzeug XCOR Lynx erhalten werde, bevor man solche Flüge kommerziell buchen wird können. Das ist eben einer der Vergünstigungen, die man hat, wenn man Investor (bei XCOR Aerospace, Anm.) ist.

STARTup Week: Von 3. bis 7. Oktober werden sich in Wien 100 Investoren und 50 Start-ups aus Mittel- und Osteuropa bei der STARTup Week treffen. Bei dem Festival für junge Internet-Firmen wird neben einem Start-up-Wettbewerb und zahlreichen Workshops und Events auch eine prominent besetzte Konferenz im Wiener Haus der Industrie stattfinden. Unter den 70 Vortragenden des Festivals finden sich neben Esther Dyson, Skype-Investor Morton Lund, Christian Hernandez von Facebook oder auch Xing-Gründer Lars Hinrichs. Veranstaltet wird die STARTup Week von STARTeurope gemeinsam mit dem Wiener Gründungscluster InitialFactor.

Esther Dyson wurde 1951 in der Schweiz geboren und ist heute CEO von EDventure Holdings. Sie investiert in verschiedene Start-ups rund um den Globus und ist derzeit bei etwa 200 Unternehmen beteiligt. Sie interessiert sich besonders für IT, das Gesundheitswesen sowie die Luft- und Raumfahrt. Ihre Webseite: www.edventure.com

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