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Technologie

Was Google zur 1000-Dollar-Aktie macht

Das Internet? Für viele ist es fast eine Art Synonym mit Google. Denn was die weltgrößte Suchmaschine nicht ausspuckt, das scheint es im Netz auch nicht zu geben. Natürlich stimmt das bei weitem nicht, doch das Nutzungsverhalten einer breiten Masse an Usern ließe wohl darauf schließen. Grund dafür ist die überwältigende Marktdominanz die die Google-Suche inne hat und die vielen weiteren Angebote, mit denen Google den Alltag der Internetnutzer bestimmt.

Obwohl der Konzern mittlerweile eine schier unüberschaubare Menge an unterschiedlichen Produkten und Services auf dem Markt etabliert hat, ist die Suche nach wie vor Herzstück und Kerngeschäft. Mit der Suchmaschine bzw. den dort platzierten Werbeanzeigen macht das Unternehmen aus Mountain View, Kalifornien, etwa 90 Prozent seines Umsatzes und Gewinns. Der Markt-Vorsprung zu den Wettbewerbern ist riesig. Die Google-Suche ist die meistbesuchte Webseite der Welt.

Suche bleibt Kerngeschäft

Smartphones, Tablets und zukunftsträchtige Produkte wie Google Glass sind zu den Hype- und Prestige-Projekten des Konzerns geworden - sei es in den Medien oder bei den Konsumenten. Die großen Visionen und Forschungsschwerpunkte liegen aber weiterhin bei der Google-Suche oder sind zumindest mit ihr verknüpft. Das zeigte sich dieses Jahr auch im Rahmen von Googles Entwicklerkonferenz I/O ganz deutlich. Anstatt neuer Geräte stellte Google eine ganze Reihe kleinerer Updates und Services vor, wobei die Suche inklusive Knowledge Graph und Google Now ganz besonders im Fokus lag. Immer intelligenter soll sie werden, die Möglichkeit der Sprachsuche nimmt eine immer zentralere Rolle ein.

Werbung, Werbung, Werbung

Sein Geld verdient Google seit jeher mit Online-Anzeigen - sei es neben den Suchergebnissen oder mit Werbebannern. Die Gewinne aus den Werbeeinnahmen wachsen stetig weiter. Im dritten Quartal dieses Jahres hat der Internetkonzern unter dem Strich 2,97 Milliarden Dollar eingenommen. Zwar erhielt Google weniger Geld pro Anzeige von seinen Werbekunden, dafür wurden die Anzeigen häufiger von den Nutzern angeklickt. Aufgrund des Gewinnsprungs von 36 Prozent knackte die Google-Aktie dann auch erstmals die 1000-Dollar-Marke - jedenfalls ein symbolischer Meilenstein, wenngleich sich das Papier schon über die vergangenen Jahre kontinuierlich im Aufwind befindet.

Zunehmend wichtig wird auch das Geschäft mit mobiler Werbung, immer mehr User surfen via Smartphone und Tablet und gelangen daher auch dort in Kontakt mit den Anzeigen. Allerdings sind die Preise für mobile Werbung noch deutlich niedriger.

Google hat mit seinen Zahlen zuletzt die Erwartungen übertroffen. Doch ein Kurs von 1000 Dollar oder darüber kann problematisch sein. Kleinanleger können sich den Kauf womöglich nicht mehr leisten”, sagt Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin bei der Bank Austria, im Gespräch mit der futurezone. “Daher wäre ein Stock Split eventuell sinnvoll.” Seit dem Börsengang Googles im Jahr 2004 hat sich der Aktienwert verzehnfacht, Ausgabepreis damals war 100 Dollar.

Android, der mobile Trumpf

Spricht man über das mobile Geschäft, hat Google noch einen ganz anderen Trumpf im Ärmel, sein Betriebssystem Android. Es hat den Mobilfunkmarkt im Sturm erobert - mehr als eine Milliarde aktivierte Geräte sind weltweit in Umlauf. Gemessen an verkauften Geräten liegt der Marktanteil bei Smartphones derzeit bei rund 80 Prozent.

“Mobile First” lautet einer der Leitsätze von Google und sieht man sich die Wachstumsraten der einzelnen Geschäftsfelder bei dem Unternehmen an, so fällt ein interessantes Detail auf: Im vergangenen Quartal legte der Bereich “Other Revenue”, also Einnahmen abseits des Werbegeschäfts, um ganze 85 Prozent zu. Darunter fallen auch Bezahl-Apps aus dem Google Play Store. Zwar macht dieser Bereich bislang weniger als fünf Prozent am Gesamtumsatz des Konzerns aus, doch die Wachstumsraten sind bezeichnend. Während dieser Geschäftsteil 2009 erst 762 Millionen Dollar ausmachte, liegt er inzwischen bei 2,35 Milliarden Dollar.

Auch wenn Konkurrenten wie Facebook mittlerweile mobil aufholen, wie die jüngsten Zahlen zeigten, hat Google auch hier die Nase vorn. “Die mobilen Geräte sind ganz klar eine Stärke von Google. Die Quartalszahlen sind umso beeindruckender, da Google im vergangenen Jahr Motorola Mobility übernommen hat, das immer noch Verluste schreibt”, sagt Rosen-Philipp.

... dagegen sehen die beiden hier schon alt aus

Komplettangebot

Google ist aber längst viel mehr als bloß eine Suchmaschine oder sein mobiles Geschäft - inklusive Android und der zugekauften Motorola-Sparte. Der Konzern betreibt populäre Services wie sein Netzwerk Google+, sein E-Mailservice Gmail oder den Browser Chrome (750 Millionen Nutzer), auf dem gleich noch ein eigenes Betriebssystem aufbaut. Die vielen Baustellen, die der Konzern über die Jahre aufgerissen hat und die vielen unterschiedlichen Bereiche, in denen Google heute mitspielt, lassen wohl den Schluss zu, dass nichts weniger als die Internetherrschaft angestrebt wird.

So ist der Konzern mit Google Fiber mittlerweile auch Breitbandanbieter in den USA, die Städte Kansas und Austin wurden mit einem eigenen Glasfasernetz ausgestattet. Parallel dazu will Goolge mit seinem Project Loon künftig auch völlig abgelegenen Gegenden in der Welt Zugang zu Internet verschaffen. Dabei werden Balloons in die Stratosphäre geschickt und WLAN-Netzwerke in der Luft installiert. Ein erstes Pilotprojekt ist im Sommer in Neuseeland gestartet.

Gefährliche Alleinherrschaft

Diese Entwicklungen zeigen, dass Google die gesamte Lieferkette vom Netzzugang über die Geräte samt Betriebssystem bis hin zu den Inhalten im Griff hat bzw. haben möchte - ein zweischneidiges Schwert. Was einerseits der Bequemlickeit der Nutzer dient, macht diese gleichzeitig auch immer stärker abhängig von einem einzigen Unternehmen. Es ist kein Zufall, dass Google seine Dienste immer stärker zusammenführt und in sein eigenes soziales Netzwerk integriert. Google will sich stärker gegen Facebook positionieren und drängt Google+ den Nutzern förmlich auf. Wer sich heute bei Gmail oder YouTube anmelden will, wird auch gleich mit einem Google+-Profil beglückt.

Daneben hat der Konzern mit Wallet einen eigenen Bezahldienst auf dem Markt, selbstfahrende Autos entwickelt und betreibt auf B2B-Ebene ein erfolgreiches Cloud-Computing-Geschäft. Auch im Gesundheitsbereich macht sich Google nun breit. Erst im September gab Firmenchef und Mitbegründer Larry Page stolz bekannt, mit Calico eine neue Tochter-Firma gegründet zu haben, die sich vor allem mit den Herausforderungen des Alterns und einhergehenden Krankheiten befassen will. Auch wenn Investoren und Analysten zunächst nicht besonders überzeugt von der Idee schienen, Page folgt hier seinem bekannten Weg als Visionär.

Investor bei mehr als 200 Unternehmen

Trotz seiner Größe scheut sich Google auch heute nicht, Risiken einzugehen, was als Teil des Erfolgs gewertet werden darf. Google Ventures hat als Risikokapitalgeber inzwischen bei mehr als 200 Start-ups seine Finger im Spiel - auch hier ist die Palette reichhaltig - Firmen wie die Lese-App Pocket zählen ebenso dazu wie der Webhosting-Service About.me oder der Online-Autoservice Uber.

Daneben stehen Firmenzukäufe bei Google quasi auf der Tagesordnung. Allein im ersten Quartal 2013 wurden fast 300 Millionen US-Dollar in Firmenkäufe investiert. Damit baut der Konzern einerseits seine bestehenden Angebote aus und erschließt andererseits immer neue Geschäftsfelder. Ein gutes Beispiel liefert etwa der Kauf der Restaurantsuche und -bewertung Zagat (Übernahme 2011), mit der Google sich stark im Bereich der lokalen Suche aufgestellt hat. Kombiniert mit dem Kartendienst Maps, in den Google ebenfalls viel Entwicklungsarbeit steckt, hat sich der Internetkonzern hier ein weiteres starkes Standbein geschaffen.

Auch die Kultur des Scheiterns hat sich Google noch aus den Gründerjahren bewahrt. Funktioniert ein Service nicht so wie erhofft, wird er eingestampft. Mittlerweile führt Google regelmäßig eine Art Frühjahrsputz durch, dem auch schon viele bekannte Dienste wie das einst gehypte Google Wave oder in diesem Jahr der beliebte Google Reader zum Opfer gefallen sind.

Gleichzeitig steht jedem Mitarbeiter ein bestimmter Teil der Arbeitszeit für “eigene Projekte” zur Verfügung. Hat jemand eine gute Idee, werden daraus neue Produkte entwickelt. So hält Google den Start-up-Gedanken auch innerhalb des Riesenkonzerns am Leben. Selbstverständlich werden damit knallharte Geschäftsinteressen verfolgt, spätestens seit Larry Page vor knapp zweieinhalb Jahren die Konzernführung wieder übernommen hat, wird stärker fokussiert und im Chaos der vielen Projekte aufgeräumt.

Kritik an Steuerflucht

Wie viele andere Konzerne auch, das schließt Apple ebenso ein wie Facebook, bedient sich Google an Steuertricks und wird regelmäßig mit dem Vorwurf der Steuerflucht konfrontiert. In Europa gilt der Blick dabei vor allem auf Irland. Die meisten großen Tech-Firmen haben ihren europäischen Hauptsitz dort aufgeschlagen, da das steuerliche Umfeld dort besonders attraktiv ist - Unternehmensgewinne werden mit nur 12,5 Prozent besteuert. Daneben wird auch fleißig Geld auf Steueroasen wie beispielsweise die Bermudas verschoben. Unlängst wurde wieder darüber berichtet, dass Google im vergangenen Jahr 8,8 Milliarden Euro von ausländischen Gesellschaften auf den Bermuda-Inseln geparkt hat.

Die Unternehmen wissen genau, welche legalen Schlupflöcher sie nützen müssen, um möglichst günstig davon zu kommen. Google selbst sieht das nicht als Problem. “Wir halten uns an die Steuergesetze in Österreich, so wie wir das in allen Ländern machen, in denen wir operativ tätig sind”, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber der futurezone. “Fakt ist: Die meisten Staaten setzen auf steuerliche Anreize, um ausländische Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen und Wirtschaftswachstum auslösen, ins Land zu holen.” Wenn Politikern diese Gesetze nicht gefallen, hätten sie die politische Macht, sie zu ändern, so Google. “Insgesamt lag unser effektiver Steuersatz im Jahr 2012 weltweit bei fast 20 Prozent."

Die Zukunft

Heute betreibt Google 70 Büros in 40 unterschiedlichen Ländern. Das erste ausländische Office wurde übrigens 2011 in Tokio eröffnet. Mit Stand Juni 2013 beschäftigte Google 44.777 Vollzeitkräfte weltweit. In den USA wird das Unternehmen regelmäßig zum beliebtesten Arbeitgeber gewählt, die Vorteile - von der bunten Arbeitsumgebung bis hin zum Gratisessen - sind bekannt.

Datenschutzfragen, Patentkriege und Konkurrenten setzen Google zu, doch die größte Herausforderung in Zukunft wird wohl Google für sich selbst sein. Viele Beobachter sind sich darüber einig, dass bei einem Konzern dieser Größe vor allem die eigene Trägheit und ein Rückgang an Innovationsfreudigkeit zum Stolperstein werden kann. Auch Google-Chef Page bezeichnete das Verheddern in der eigenen Schwerfälligkeit schon wiederholt als seine “größte Angst”. Doch noch scheint sich Google dieser Gefahr erfolgreich entziehen zu können - Innovationen werden weiterhin mit großem Tempo vorangetrieben und auch die Bereitschaft zum Risiko fehlt nicht.

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Claudia Zettel

ClaudiaZettel

futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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