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Yahoo feuert Carol Bartz

Die Nachricht von ihrer Entlassung erfuhr Yahoo-Chefin Carol Bartz übers Telefon: Der hinter Konkurrenten wie Google und Facebook ins Hintertreffen geratene Internet-Konzern hat die Frau an seiner Spitze gefeuert. Als Überangschef sei Finanzvorstand Tim Morse ernannt worden, teilte Yahoo am Dienstag mit. Die Suche nach einem Nachfolger, der im Kampf um Online-Werbeeinnahmen und -Inhalte dauerhaft den US-Konzern führen soll, beginne umgehend. Die Anleger nahmen den Führungswechsel positiv auf: Im nachbörslichen Handel legten Yahoo-Papiere um sechs Prozent zu.

„Ich bin sehr traurig darüber, mitteilen zu müssen, dass ich gerade per Telefon von Yahoos Verwaltungsratschef gefeuert worden bin“, teilte Bartz in einer kurzen E-Mail, die das Blog "All Things Digital" veröffentlichte, den Mitarbeitern mit. Damit muss Bartz, die im Januar 2009 die Yahho-Führung übernahm, bereits nach Ablauf von nur etwas mehr als die Hälfte ihres Vier-Jahres-Vertrags gehen.

Einstimmige Entscheidung
Die Entscheidung, sich von Bartz zu trennen, sei in der vergangenen Woche von den Board-Mitgliedern einstimmig getroffen worden, sagte eine mit der Sache vertraute Person. Bartz und Yahoo-Mitgründer Jerry Yang, die dem Verwaltungsrat ebenfalls angehören, hätten an der Abstimmung nicht teilgenommen. Zum Telefonhörer griff dann Verwaltungsratschef Roy Bostock.

Yahoo ist zwar in den vergangenen Jahren deulich hinter Google zurückgefallen, zählt aber immer noch zu den beliebtesten Adressen im Internet und ist in den USA Marktführer bei Online-Werbung. Marktforschern zufolge wird allerdings das soziale Online-Netzwerk Facebook in diesem Jahr den Pionier bei den Einnahmen für Werbebanner überholen.

Auch das Suchgeschäft bereitet mit rückläufigen Umsätzen Grund zur Sorge. Eine Allianz mit Microsoft konnte das Ruder nicht herumreißen. Konkurrent Google hat mittlerweile einen Marktwert von 170 Milliarden Dollar - zehnmal so viel wie Yahoo.

Neuaufstellung angedeutet
Verwaltungsrats-Chef Roy Bostock deutete eine Neuaufstellung des Internetkonzerns an. Der Verwaltungsrat habe eine Überprüfung der strategischen Ausrichtung angestoßen, erklärte Bostock. Die Möglichkeiten für das künftige Wachstum von Yahoo würden ausgelotet. Parallel dazu läuft die Suche nach einem endgültigen Konzernchef.

Bartz hat seit ihren Amtsantritt zwar Hunderte Stellen gestrichen und damit die Kosten deutlich gesenkt. Doch Yahoo verlor weiteren Boden gegen Google; der Umsatz schrumpfte. Zuletzt schwächelte ausgerechnet das wichtige Geschäft mit grafischen Werbeanzeigen. Dabei sind diese "Banner" eigentlich das Steckenpferd von Yahoo. In einer Studie vom Vorjahr erschien Bartz 2010 dagegen als

im Vergleich zur Leistung des von ihr geleiteten Unternehmens.

Die Alibaba-Frage
Als Sargnagel für Bartz wird laut dem Business-Portal Bloomberg allerdings ein anderer Umstand gesehen. Bartz brach einen vier Monate langen Streit vom Zaun, als die asiatische Alibaba Group Holding ihren Payment-Zweig in eine von Alibaba-Vorsitzenden Jack Ma geleitetes Unternehmen namens Alipay auslagerte. Der Wert von Alibaba wurde dadurch gemindert. Yahoo hält Anteile an Alibaba und Carol Bartz erreichte mit dem asiatischen Partner keine Einigung darüber, wie Yahoo und andere Investoren zu entschädigen seien.

Ein Verkauf der Alibaba-Anteile kam für Bartz allerdings nicht in Frage. Eine Neuausrichtung von Yahoo könnte nun den Weg zu einem Anteilsrückkauf von Alibaba ebnen.

Aktie steigt
Die Anleger bejubelten die Entscheidung des Verwaltungsrats, die ohne Vorwarnung kam. Nachbörslich stieg das gebeutelte Papier um mehr als sechs Prozent.

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