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Debatte

Yahoos Home-Office-Verbot verwundert IT-Firmen

Just eine junge Mutter und Vorzeigekarrierefrau schafft das Homeoffice ab. Die Anordnung von Yahoo-Chefin Marissa Mayer (37), dass ihre Mitarbeiter ab Juni wieder täglich im Büro erscheinen müssen, sorgt weltweit für Schlagzeilen. Bei der  Heimarbeit würde die Geschwindigkeit und die Qualität leiden, begründete die Managerin den höchst umstrittenen Schritt. Es sei absolut notwendig, dass "wir alle in unseren Büros anwesend sind", hieß es in einer Mitteilung an die etwa 11.500 Beschäftigten. Mayer kehrte übrigens schon wenige Wochen nach der Geburt ihres Sohnes  wieder ins Büro zurück.

Vertrauensarbeitszeit bei Microsoft und IBM
In den heimischen IT-Unternehmen stößt das Heimarbeits-Verbot von Yahoo auf Unverständnis.  „Da wurde das Kind mit dem Bade ausgeschüttet", wundert sich Thomas Lutz, Sprecher von Microsoft Österreich. Man müsse sich nicht zwischen Produktivität und Innovation entscheiden, sondern eine Balance suchen. Für die Mitarbeiter von Microsoft gelte eine Vertrauensarbeitszeit. Wann und wo die  Arbeit gemacht wird, bestimme jeder selbst. „Weil es keine Anwesenheitspflicht gibt, werden die Meetings in Form von  Videokonferenzen abgehalten."

Auch bei IBM wird die Virtualisierung des Arbeitsplatzes  längst gelebt. Nur rund die Hälfte der Belegschaft ist auch physisch im Büro anwesend. „Home Office und Vertrauensarbeitszeit fördern individuelle Freiheiten und persönliche Job-Gestaltungsmöglichkeiten", erläutert IBM-Personalchefin Simone Oremivic. Flexible Arbeitszeitmodelle würden auch für Führungskräfte gelten.

Anwesenheit entlohnt
„Es kann heute nicht mehr sinnvoll sein, dass man für Anwesenheit bezahlt wird", heißt es beim Softwarekonzern SAP. Es gehe um Zielerreichung. Wenn das Ergebnis stimme, sei der Ort unerheblich. Bei SAP gebe es zwar in der Regel kein fest eingerichtetes Heimbüro. Allerdings gehöre es zum Alltag, dass Mitarbeiter ihren Arbeitsort frei wählen. Ob diese von unterwegs aus oder zu Hause zu arbeiten oder den Arbeitsplatz für zwei Stunden ins Café verlagern, spiele keine Rolle.

Der Mobilfunker Hutchison (Drei), der mobiles Arbeiten von unterwegs schon aus Eigennutz fördert, verweist auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als wichtiges Entscheidungskriterium für Jobsucher. Flexible Arbeitszeiten seien ein wichtiges Kriterium, sich von anderen Arbeitgebern zu unterscheiden.

Richtige Überlegung
„Hinter der Entscheidung von Yahoo stecken richtige Überlegungen", kommentiert hingegen Jan Krims, Manager beim Beratungsunternehmen Deloitte.  Bei dem flexiblen Arbeiten gehe der Anschluss an die Kollegen verloren. Allerdings würden auch viele Ideen außerhalb des Büros entstehen.  In Österreich gäbe es eine sehr starke Anwesenheitskultur: „Leistung wird mit Anwesenheit und nicht mit Erfolgen gleichgesetzt", sagt Krims. Laut Gewerkschaft arbeitet jeder zweite Angestellte zumindest ab und zu von zu Hause aus.

Teamgeist leidet
Produktivitätsberater Alois Czipin von Czipin Consulting sieht am Beispiel Yahoo die Grenzen der Managebarkeit von Teams erreicht. „Wenn alle von irgendwo arbeiten, wird es schwierig, ein Team überhaupt noch zusammenzuhalten", glaubt Czipin. Durch Heimarbeit gehe einfach viel Effektivität verloren. Insbesondere  Wissensarbeiter würden von Zusammenarbeit und Ideenaustausch leben. Management by Excelsheets könne den persönlichen Kontakt in einem Büro nicht ersetzen: „Der Mensch ist ein soziales Wesen".

Falsche Planung
Dass Heimarbeit ineffektiv ist, liegt zumeist an der falschen Planung und Steuerung. Laut aktueller Czipin-Studie gehen in heimischen Unternehmen rund 38,5 Prozent der Arbeitszeit wegen schlechter Organisation und mangelnder Führung verloren. Die Arbeitnehmer können am wenigsten für die Ineffizienz, denn nur 4,7 Prozent der nicht genutzten Produktivität ist auf exzessive Pausen oder unmotivierte Arbeitsausführung zurückzuführen. Um die Produktivität  zu steigern, sollten Manager die Arbeitsprozesse klar definieren und ihren Mitarbeitern operative Ziele setzen und ihnen dafür auch die notwendige Verantwortung übertragen, so Czipin.

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