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Jubiläum

50 Jahre "Shitstorm"

Zuletzt traf es Mario Götze und die Deutsche Telekom: Der Fußballer und der Telekom-Riese waren einem „Shitstorm“ im Internet ausgesetzt. Als der Fußballer seinen Wechsel von Borussia Dortmund zum FC Bayern bekanntgab, wuchs die Zahl der wütenden Kommentare auf seiner Facebook-Seite so rasant, dass Götze zeitweise die Kommentarfunktion sperrte. Und die Telekom erntete heftige Kritik und Spott für ihren Plan für Daten-Obergrenzen im Festnetz.

Der „Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets“, wie ihn die Duden-Redaktion in ihrem Online-Angebot definiert, sei eine recht neue Erscheinung, darin sind sich die meisten Internet-Nutzer einig. Doch der Begriff ist wesentlich älter als viele denken. Bereits in Norman Mailers Roman „Die Nackten und die Toten“ („The Naked and the Dead“) kam er 1948 vor. In dem Buch, das im Zweiten Weltkrieg spielt, stand der „shit storm“ für eine brenzliche Gefechtssituation. „Es scheint mir deshalb wahrscheinlich, dass das Wort aus dem amerikanischen Soldaten-Slang des Zweiten Weltkriegs stammt“, schrieb der Hamburger Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch, der an der Wahl des Wortes zum „Anglizismus des Jahres“ 2011 beteiligt war.

"Orkan von Scheiße"
Im Roman „Cat's Cradle“ von US-Schriftsteller Kurt Vonnegut bekam die Wort-Kombination 1963 eine allgemeinere Bedeutung. In diesem Buch über die Zerstörung der Welt durch eine chemisch-physikalische Superwaffe schildert Vonnegut eine fiktive Religion, die auf einer ebenfalls fiktiven kleinen Karibikinsel von einem Religionsstifter namens Bokonon begründet wurde. Diese Religion, der „Bokononism“, hat einen eigenen religiösen Wortschatz. Dazu gehört der Begriff „pool-pah“, über den Kurt Vonnegut schreibt, der fiktive Religionsgründer Bokonon habe zwei Vorschläge für eine Übersetzung ins Englische gemacht: „Wrath of God“, also Zorn Gottes, oder „shit storm“, was in der deutschen Übersetzung des Buches mit den Worten „Orkan von Scheiße“ wiedergegeben wurde.

In der englischen Ausgabe von Wikipedia heißt es, „shitstorm“ stehe für eine „chaotische, unangenehme Situation“. Als Bezeichnung für Meinungs-Aufruhr im Internet sei das Wort in erster Linie im deutschsprachigen Raum populär geworden, heißt es, und zwar ab dem Jahr 2010. Noch einige Jahre weiter zurück reichen Einträge im amerikanischen Online-Slang-Wörterbuch „Urban Dictionary“. Dort taucht der „Shitstorm“ eher allgemein im Zusammenhang mit Flüchen auf.

Der Internet-Promi Sascha Lobo erklärte im Februar dieses Jahres, er habe wahrscheinlich wesentlich zum Aufschwung des Wortes in Deutschland beigetragen. Im Januar 2010 erstellte Lobo einen Blog-Beitrag über das Phänomen, als Vorbereitung eines Vortrags, den er kurz darauf bei der Internet-Konferenz „re:publica“ hielt.

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