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Netzausbau-Programm

900 neue Sender für besseren Mobilfunkempfang im Zug

Obwohl Österreichs Mobilfunker nahezu 100-prozentige Netzabdeckungsgrade innerhalb Österreichs vorweisen können, blieb der Handyempfang im Zug stets eine Schwachstelle. Das soll sich nun durch ein großes Ausbauprogramm ändern. Bis 2018 sollen insgesamt 900 neue Mobilfunksender entlang von 1.500 Kilometer Bahnstrecke errichtet werden. Das BMVIT, die ÖBB, A1, T-Mobile und Drei arbeiten gemeinsam daran und investieren 100 Millionen Euro.

Zeit im Zug nutzen

"Österreich ist das Bahnfahrerland Nummer eins innerhalb der EU", sagt Verkehrsminister Alois Stöger bei der Pressekonferenz am Freitag. "Das ist kein Zufall. Wir investieren viel in unsere Infrastruktur." Durch den gemeinsamen Netzausbau solle ein dringendes Kundenbedürfnis gestillt werden. Stöger: "Die Bahn gibt dem Menschen Zeit zurück. Die wollen sie auch nutzen."

Telefonieren ohne Gesprächsabbrüche und die durchgehende Nutzung von Internetdiensten soll künftig auf allen größeren Bahnstrecken möglich sein. ÖBB-Chef Christian Kern spricht davon, dass 85 Prozent aller Bahnfahrer von dem neuen Netzausbauprogramm profitieren sollen. Die am meisten frequentierten Strecken werden zuerst bearbeitet. Dazu zählen etwa die Flughafenverbindung in Wien, die Wiener S-Bahn oder der Westbahn-Korridor nach Salzburg. Diese Strecken sollen bereits bis Ende 2016 mit zusätzlichen Sendern ausgestattet sein.

Jan Trionow (Drei), Alois Stöger (BMVIT), Christian Kern (ÖBB), Marcus Grausam (A1) und Andreas Bierwirth (T-Mobile) bei der Pressekonferenz zum Mobilnetzausbau entlang der Bahn (vlnr.).

Kein Fingerzeigen mehr

Alle Projektpartner zeigten sich bei der Pressekonferenz hocherfreut über die gemeinsame Vorgehensweise. Bisher sei nur "mit dem Finger auf den jeweils anderen gezeigt worden", wenn es darum ging, wer die Kosten für einen Netzausbau entlang der Bahnstrecken tragen solle, meint Kern. Nun aber sei eine Lösung erzielt worden, mit der alle Beteiligten gut leben können und die Vorbildwirkung für ganz Europa haben soll.

Die Kosten für den Netzausbau werden zu zwei Dritteln vom BMVIT und der ÖBB getragen. Das restliche Drittel übernehmen die Mobilfunker. Private Bahnanbieter und virtuelle Mobilfunker profitieren unentgeltlich vom Ausbau.

So groß wie Montenegro

Der Ausbau sei eine gigantische Aufgabe, betonen alle Beteiligten. "Das Netz, das wir hier bauen ist so groß wie das gesamte Mobilfunknetz von Montenegro", meint T-Mobile-Chef Andreas Bierwirth. "Mit dem Ausbau werden wir die beste digitale Bahn in Europa haben. Und diesen Vorsprung wird Österreich in den nächsten Jahren behalten." In den Nachbarländern seien die Bahnbetreiber bisher nicht dazu bereit, selbst in den Mobilfunk zu investieren.

Technische Herausforderung

Welche technischen Herausforderungen zu meistern sind, um lückenlosen Mobilfunkempfang in Zügen zu ermöglichen, erklärt ÖBB-Chef Kern. Die bisher mangelhafte Abdeckung sei nicht nur durch fehlende Sender bedingt, sondern auch durch die Konstruktion der Züge und den speziellen Anwendungsfall. Neuere Waggons seien vielfach isoliert (Wärme, Fahrgeräusch, Vibrationen), die Funkwellen werden dadurch abgeschwächt.

Bei Zügen sei es außerdem so, dass Nutzer nicht kontinuierlich über eine Strecke verteilt seien. Stattdessen kommen 800 Passagiere auf einmal in den Empfangsbereich eines Senders. Während der Zug rollt, müssen alle 80 Sekunden Verbindungen auf neue Sender gewechselt werden. "Es gibt keinen konstanten Flow wie auf der Autobahn", meint Kern.

Die neuen Sender, die im Rahmen des Ausbaus aufgestellt werden, sind LTE-fähig und an Glasfaserleitungen mit Übertragungsraten von 200 Mbit/s angebunden. Sender sollen auch in Tunneln errichtet werden. Zusätzlich werden in den Zügen Signal-Repeater eingebaut, um die Isolation der Waggons auszugleichen.

WLAN bleibt - vorerst

WLAN-Empfang an Bord von Railjet-, und Cityjet-Zügen, sowie an Bahnhöfen soll es auch weiterhin geben, betont Kern. Die WLAN-Netze sollen künftig auch für neue Dienste genutzt werden, etwa zur Information von Fahrgästen oder zur Bestellung in Bordrestaurants.

Kern glaubt aber daran, dass WLAN in Zügen - auch durch den Netzausbau - in einigen Jahren obsolet werden könnte. Die Verbreitung von Mobilgeräten mit entsprechenden Datenpauschalen und der ausreichend gute Mobilfunkempfang könnten die WLAN-Nutzung also in einigen Jahren stark reduzieren. Bis dahin halte die ÖBB aber an kostenlosem WLAN fest.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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