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Big Brother Awards: Die Nominierten

Kategorie Politik

Christian Felber (Attac): "Weg mit dem Bankgeheimnis"
Als im Februar dieses Jahres die Diskussion über das Kaufen von illegal gewonnenen Daten aufflammte, die auf der Steuer-CD gespeichert waren, gab es von vielen Seiten verschiedene Reaktionen und Vorschläge: Besonders aufgefallen ist der BB A-Jury hierbei Christian Felber von der NGO //Attac//, der sich mit der Forderung nach einem "//automatischen Informationsaustausch//" nationaler Behörden, sowie nach Abschaffung des Bankgeheimnisses eine Nominierung für die heurigen Awards verdiente.

Josef Pröll (ÖVP): Transparente Bürger, intransparente Politik
Josef Pröll, der laut eigener Aussage "//die absolut strengen Grundlagen des Datenschutzes aufrechterhalten will//", hat sich die Nominierung mit den Bemühungen um die Transparenzdatenbank verdient, meinte die Jury. In den eigenen Reihen sei es um die Transparenz nicht so gut bestellt, denn laut Rechnungshof werde nur ein Bruchteil der Parteieinkünfte gemeldet, gesetzliche Sanktionen gebe es hierfür nicht.

Josef Ostermayer (SPÖ): Nachrichtenobergrenzen und Diskussionsverbote
Der Staatssekretär für Medien hat sich die Ungunst der Datenschützer mit dem neuen ORF Gesetz eingefangen. Jenes bedeute unter anderem Einschränkungen in der Berichterstattung und in den Diskussionenforen. Das Gesetz stellt in der Geschichte der Republik eine Einmaligkeit dar, da es erstmals Obergrenzen in der Berichterstattung setze.

Business und Finanzen
Harald Pichler: Spitzelpädagoge der Kärntner Trafikanten
Um den Zigarettenschmuggel einzudämmen, ließen Trafikanten Kunden von grenznahen Tabakgeschäften von einem Privatdetektiv filmen. Die Begründung war, dass diese Kunden vor hatten, Zigaretten nach Österreich zu schmuggeln. In weiterer Folge wurde den Gefilmten ein Schreiben zugestellt, in dem ein Kostenersatz von 350 Euro für Lenkererhebung, Videoproduktion und das Versenden des besagten Schreibens eingefordert wurde. Wer sich weigerte zu zahlen, wurde bei der Bezirkshauptmannschaft wegen Zigarettenschmuggel angezeigt. Harald Pichler, Sprecher der Trafikanten in der Wirtschaftskammer, verteidigte dieses Vorgehen - und wurde dafür nominiert.

Gudrun Höfner (GF ITworks): Gemeine Datenabzapfung bei Langzeitarbeitslosen
Die Organisation, die von einem "respektvollem Umgang, Wertschätzung und einem individuellen Betreuungsverhältnis" spricht, fällt laut BBA-Jury dadurch auf, dass es Arbeitssuchenden besonders fragwürdige Daten entlocken will. Freiwillig soll hier angegeben werden, wie Verhältnisse mit früheren Arbeitsgebern aufgelöst wurden oder auch wie es die Bewerber mit Drogen, Alkohol, Spielsucht oder Medikamentenkonsum halten.

Versicherungsverband Österreich: Perfide Abpressung von Patientendaten
Durch einen neuen Gesetzesentwurf könnten private Versicherungsunternehmen rund 7 Millionen Euro einsparen. Möglich wird dies dadurch, dass die Unternehmen mehr Daten der Versicherten auf direktem elektronischen Weg erlangen können. So war es vor dem Gesetzesbeschluss nur möglich Diagnose, Art und Dauer der Behandlung von den Gesundheitsdienstleistern für den konkreten Fall abzufragen. Nach dem neuen Beschluss sollen diese Dinge um Befunde, OP-Berichte, Auszüge aus den Pflege- und Behandlungsberichten, dem Entlassungsbrief und sogar danach einlangenden Befunden ausgeweitet werden. "Das ist eine perfide Abpressung von Patientendaten", meint die Jury.


Behörden und Verwaltung
Christian Kollmitzer (FH Technikum Wien): Ethisch korrekte Forschung für den Polizeistaat der Zukunft
Der Forscher trägt im Rahmen des "INDECT" Projekts an der FH Technikum Wien zu Technologien bei, die einen Verbund aus Videokameras, Datenbanken, spezialisierten Internetsuchmaschinen und sogar biometrischen Gesichtserkennungen zur Überwachungszwecken entstehen lassen. Zwar wird das Projekt von einem "Ethikrat" überwacht, werfe aber laut Jury trotz allem große datenschutzrelevante Fragen auf.

Cecilia Malmström, EU-Kommissarin (Inneres) für die Tragikomödie "Zensilia hinter den Stopptaferln
Die Kommissarin hat sich besonders durch ihre Anstrengungen für Netzsperren gegen Kinderpornografie einen Namen gemacht. Die Jury meint: "Aller Argumente dagegen zum Trotz (Sperren können leicht umgangen werden und erweisen sich auch aus anderen Gründen großteils als nutzlos) hält sie daran fest."

Staatssanwaltschaft Wien: Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren
Die Staatsanwaltschaft Wien hat insgesamt fünf Journalisten aufgrund des (legalen) Zitierens von Gerichtsakten vorgeladen und war auch für den fragwürdigen Umgang mit dem Paragrafen 278a ("Terroristische Vereinigung") verantwortlich. Darüber hinaus wurde gegen einen TV-Dokumentaristen und zwei Skinheads gleichermaßen wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung ermittelt. Anlass war ein Zuruf von Hans Christian Strache (FPÖ). Das dürfe nicht sein, meint die Jury.

Kommmunikation und Marketing
Lexmark: Dein Drucker, dein Spion
Lexmark bietet seinen Kunden bei Registrierung des Produkts eine zusätzliche Garantie von 5 Jahren an. Hierfür ist an sich nur die Eingabe von Name und Seriennummer notwendig, was am ersten Blick fair erscheint. Bei näherem Hinsehen zeigte sich jedoch, dass die Software //Lexmark Connect// einen Pack an persönlichen Informationen ungefragt an den Hersteller sendet, kritisiert die BBA-Jury. Jene beinhalten den Computertyp oder auch Daten zum Gebrauch des Druckers. Zusätzlich behält sich Lexmark auch vor, gesammelte Informationen zu nutzen, um Eigentumsrechte und Vertragsbedingungen durchzusetzen. Jene enthalten unter anderem ein Verbot nachgefüllte Toner oder Druckpatronen zu verwenden.

T-Mobile Austria: Big Brother Netzbetreiber stellt sich dumm
Im T-Mobile Netz kam es immer wieder dazu, das Kunden ungewollte SMS von Mehrwertdiensten empfangen hatten und vom Netzbetreiber zur Kasse gebeten wurden. Der Empfang eines SMS kostete dem Kunden bis zu fünf Euro. Auf diesen Missstand angesprochen, meinte T-Mobile immer wieder keinen Einfluss auf derartige Vorgehensweisen zu haben, was im hauseigenen Mobilfunknetz einigermaßen kurios erscheint. Sofern der Kunde einen Missbrauch bemerkte und bei T-Mobile meldete, zeigte sich jene laut Eigendefinition "//kulant//" und übernahmen die angefallenen Kosten. Verhindert habe T-Mobile die SMS-Spams aber dennoch nicht, begründet die Jury die Nominierung.

Apple: Das iPhone als Bewegungssensor
Im Rahmen einer Anhörung beim US-Kongress hat Apple zugegeben, dass iPhones GPS Daten an den Hersteller schicke. Darüber hinaus werden Signalstärken von Mobilfunkmasten und WLAN-Hotspots samt deren MAC-Adressen übertragen, um in Apples hauseigener Datenbank zu landen. "Somit kann Apple jederzeit den Standort eines jeden iPhone Benutzers abfragen", kommt die Jury zum Schluss. Die einzige Möglichkeit dieses Vorgehen zu unterbinden ist es, die Lokalisierungsfunktion des Smartphones abzuschalten, was jedoch eine erhebliche Funktionseinschränkung zur Folge hat.

//Wer von all diesen Nominierten die wenig begehrten Preise mit nach Hause tragen darf, kann man am Montag, den 25.10.2010 im Wiener Rabenhof Theater erfahren. Karten können gratis unter tickets@bigbrotherawards.at reserviert werden.//

(Thomas Prenner)

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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