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Währung

Bitcoins: Sex, Drogen und "Auftragsmörder"

Die alternative Währung Bitcoin wurde von vielen Experten als eine faire und transparente Alternative zum derzeitigen Währungssystem gelobt. Doch nun offenbaren sich immer mehr Tücken, die der Währung und ihrem Konzept einen weitreichenden Erfolg verwehren könnten. Denn Kriminelle haben Gefallen an der Währung gefunden, die problemlos weltweit transferiert werden kann und vollkommen unabhängig von jeglicher staatlichen Kontrolle ist.

Der große Crash
Dabei waren die Anfänge der Bitcoins durchaus vielversprechend. Das 2008 von Satoshi Nakamoto beschriebene Konzept einer Peer-to-Peer-Währung fand in der Open-Source-Community rasch Unterstützer. Binnen weniger Monate schoss der Wert eines Bitcoins auf der größten Bitcoin-Börse Mt. Gox von einem auf fast 30 US-Dollar. Der Höhenflug fand aber am 16. Juni ein jähes Ende. Ein Hacker konnte knapp 500.000 Bitcoins stehlen und warf mehr als 100.000 davon auf den Markt. Dadurch brach der Preis massiv ein, zeitweise stand er sogar auf 0,01 US-Dollar pro Bitcoin.

Der Kurs hat sich nach dieser Krise aber erstaunlich schnell wieder beruhigt, der Preis für ein Bitcoin beträgt bereits seit längerer Zeit knapp zehn US-Dollar und schwankt dabei kaum. Gerade diese Stabilität haben viele Nutzer zu schätzen gelernt, darunter aber neben herkömmlichen Anlegern auch Kriminelle wie Geldwäscher. Diese nutzen Bitcoins um ihr Geld an der Kontrolle der Behörden vorbeizuschleusen. Einige Anbieter versuchen das durch Auszahlungslimits, meist knapp 1000 Dollar pro Tag, oder einem Registrierungsverfahren zu verhindern. Doch die schiere Anzahl der Angebote bieten den Kriminellen einige Alternativen.

Trugschluss Anonymität
Ein anderer Vorteil der Währung ist allerdings umstritten: seine Anonymität. Die Bitcoins selbst werden in einem sogenannten Wallet gespeichert, das passwortgeschützt ist. Während von außerhalb keinerlei Einblick auf die Wallets, also die Konten, möglich ist, sind die Transaktionen zwischen den Nutzern in einer öffentlichen Datenbank gespeichert. Das ist auch auf das Grundprinzip von Bitcoins zurückzuführen, da eine Transaktion von anderen Geräten im Peer-to-Peer-Netzwerk bestätigt werden muss, um eine doppelte Ausgabe zu verhindern.

Über die IP-Adresse lässt sich neben dem Standort theoretisch auch die Identität des Nutzers herausfinden. Dafür müsste allerdings der Internetbetreiber mit den Behörden kooperieren, und das ist nur mit einem triftigen Grund möglich. Tom Lowenthal, verantwortlich bei Mozilla für Sicherheit, gibt außerdem zu bedenken, dass viele Nutzer ihre IP-Adresse nach einer Transaktion wechseln oder sie über das Tor-Netzwerk verschleiern.

Sex, Drogen und Waffen - das Zahlungsmittel des DarkNet
Einer der erfolgreichsten Online-Dienste, der auf Bitcoins setzt, ist SatoshiDice. Das Konzept der Glücksspielseite, benannt nach dem Erfinder der Bitcoins, ist ein einfaches "Würfelspiel", bei dem der Nutzer auf einen Zahlenbereich wetten kann. Der Dienst verursacht mittlerweile mehr Transaktionen als alle anderen Bitcoin-Dienste zusammengerechnet. Mittlerweile können seit einigen Wochen sogar Anteile an der "Aktiengesellschaft" gekauft werden, der Wert des Unternehmens beträgt demnach knapp vier Millionen US-Dollar. Verglichen mit anderen Glücksspielanbietern ist der monatliche Umsatz von SatoshiDice mit drei Millionen Dollar aber überschaubar.

2011 sorgte der Online-Shop Silk Road für Aufsehen, der vom amerikanischen Radiosender NPR als das "Amazon der illegalen Drogen" bezeichnet wurde. Dort erhält man tatsächlich

, fein säuberlich sortiert nach der Wirkungsart, im Tausch gegen Bitcoins. Vor wenigen Monaten wurde ein Tochterunternehmen gegründet, The Armory, auf dem Waffen gekauft werden können. Neben auch in Österreich erlaubten Schusswaffen, wie der Glock, gibt es dort ebenfalls automatische Gewehre und Sprengstoff zu kaufen. Die Shops sind allerdings nur über das Tor-Netzwerk zugänglich, in dem sich auch andere illegale Angebote finden, die mit Bitcoins bezahlt werden können.

Moderne Bezahlmittel für "Online-Strips"
Dieses Netzwerk wird als das DarkNet bezeichnet, Heimat von rechtlich fragwürdigen Angeboten wie The Armory und Kinderpornografie. Doch auch Hacker lassen sich für ihre Dienste in Bitcoins entlohnen. Bei der Recherche der futurezone fand sich unter anderem ein Hacker, der für eine entsprechende Summe versprach, dass er "das Leben der Zielperson zerstören kann." Eine Stufe darüber fand sich sogar eine Person, die sich als "Auftragsmörder" ausgab und 10.000 Dollar in Bitcoins für einen Auftrag verlangt.

Ein anderer großer Bereich des Internets steckt allerdings noch in den Kinderschuhen in punkto Bitcoins: Pornographie. Mit "Girls Gone Bitcoin" hat sich bislang lediglich eine Community auf Reddit etabliert, in der Frauen Bilder in leicht bekleideten Posen posten und dafür auf Bitcoin-Spenden hoffen. Gavin Andresen, Chefentwickler von Bitcoin, bezeichnet dieses Angebot als "die Hightech-Variante, um einem Mädchen einen Dollar in den G-String zu stecken." Pornographie erwies sich immer wieder als treibende Kraft bei der Etablierung neuer Trends, so zum Beispiel auch in den Formatkriegen zwischen VHS und BetaMax. Darauf scheinen auch zahlreiche Anleger zu hoffen, denn laut Amir Taaki, einem Autor von bitcoinmedia, sei auf einer Tagung ein "Mann in Anzug" auf ihn zugekommen und sagte ihm: "Wenn Bitcoin einmal für Pornographie verwendet wird, wissen wir, dass es angekommen ist." Er wolle nicht in die neue Währung investieren, bevor dieser Punkt erreicht sei.

Angriff der Behörden
Mittlerweile ist auch das FBI auf Bitcoins aufmerksam geworden, wie ein auf Cryptome geleakter Bericht zeigt. Darin heißt es unter anderem, dass "[Bitcoins] zu einem unglaublich nützlichen Werkzeug für verschiedenste illegale Aktivitäten werden." Eine Lösung findet sich auch bereits im Bericht: Finanzdienstleister, die mit Bitcoins handeln, sollen sich beim staatlichen Financial Crimes Enforcement Network registrieren und die persönlichen Daten ihrer Kunden einfordern. Neben dem FBI bezeichnet auch die australische Behörde AUSTRAC (Australian Transaction Reports and Analysis Centre) Bitcoins als attraktive Alternative für Geldwäscher, die derzeit unter Beobachtung steht.

Diese Entwicklung beobachtet Andresen mit Sorge, der sich neben derartigen Vorwürfen auch gegen Angriffe von Hackern wehren muss. "Einige Nutzer haben Wege gefunden, das Netzwerk mit ungültigen Transaktionen und Daten zu überfluten, um so gewisse Knotenpunkte zu verstopfen." Zahlreiche Bitcoin-Nutzer vermuten hinter diesen Attacken Staaten wie die USA, denen die Währung ein Dorn im Auge ist. Doch diese versuchen derzeit vielmehr, den Weg der Regulierung zu gehen und haben in Bitcoins womöglich sogar einen relativ einfache Möglichkeit gefunden, den Zahlungsfluss vieler Personen zu überwachen.

Wenn es nach Kay Hamacher, einem IT-Experten der TU Darmstadt, geht, ist das Modell Bitcoin ohnedies dem Untergang geweiht. Das Problem: Da Bitcoins auf 21 Millionen Stück begrenzt sind und diese, wie reales Geld, verloren gehen können, werde es irgendwann einen Engpass geben. "Man kann über die Wahrscheinlichkeiten diskutieren, doch schlussendlich wird Bitcoin eines Tages verschwinden."

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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