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Online-Netzwerke

Facebook: Like-Button mit Tücken

Es ist schon ein Unterschied: Ob man etwas mag oder ob man etwas mit jemand anderem teilen möchte. Facebook hatte bislang für das eine einen „Gefällt mir“-Button, den Website- Betreiber auf ihren Seiten einbauen können, und für das andere einen „Teilen“-Button auf der Facebook-Profilseite. Bislang konnte das Klicken auf den „Gefällt mir“-Button dazu führen, dass etwa Filme auf der Facebook-Seite für die eigenen Interessen auftauchten. Jetzt sorgt der Klick gleich für einen Beitrag mit Titel, Unterzeile und Bild auf der Profilseite.

Automatische Profileinträge
Das Bild wird automatisch ausgesucht, kritisieren Facebook-Nutzer nun. Möglicherweise wird eines ausgesucht, das man gar nicht in seinem eigenen Profil sehen möchte. Dem Nutzer bleibt dann nur noch das händische Löschen des automatisch erstellten Beitrags. Dabei sollte er auch gleich seine Pinnwand nach älteren „Gefällt mir“-Äußerungen durchforsten. Facebook hat nämlich nicht nur für alle künftigen, sondern auch für alle vergangenen Klicks die Umstellung vorgenommen.

Andererseits entsteht für Facebook-Nutzer, die bislang nicht so recht verstanden haben, warum sie auf einen „Gefällt mir“-Knopf klicken sollten, auch ein klarer Mehrwert: Sie sparen sich den händischen Eintrag auf der eigenen Pinnwand. Damit wird der Nutzwert des Buttons auch für die Facebook-Mitglieder aufgewertet.

Es ist nicht das erste Mal, dass Facebook seine Nutzer mit Neuerungen überrumpelt, die seine informationelle Selbstbestimmung einschränken. Die Datenbank, in der Facebook sämtliche Aktionen seiner Nutzer speichert, lässt sich in beliebige Richtungen für neue Geschäftsmodelle anpassen. Das Kalkül diesmal: Wenn Website-Betreiber davon ausgehen können, dass ein „Gefällt mir“-Klick auf der Pinnwand des Nutzers landet, wird dieser mehr Aufmerksamkeit erfahren. Es ist also für sie attraktiver, den „Gefällt mir“-Button in die eigene Website einzubauen.

Fangarm im Netz
Selbst wenn nun mehr Nutzer zurückhaltender auf den Button klicken würden, erreicht Facebook sein Ziel. Der niederländische Sozialwissenschaftler Arnold Roosendaal weist darauf hin, dass es Facebook vor allem darum geht, den Button so breit wie möglich im Netz zu streuen. Ob die Nutzer ihn tatsächlich nutzen, ist für Facebook weniger wichtig. Facebook verwendet den Button nämlich, um Cookies auf den Computern der Nutzer zu platzieren. Ein Besuch auf einer Website, die den „Gefällt mir“-Button nutzt, genügt dafür bereits.

Facebook kann mit Hilfe des „Gefällt mir“-Cookies außerhalb seines eigenen
Netzes die Bewegungen von Internetnutzern verfolgen und ihre Daten verarbeiten.

Rosendaal: „Facebooks Fangarme reichen weit über die eigenen Plattform und die eigenen Mitglieder hinaus.“ Sobald die Webaktivitäten einem einzelnen Facebook-Konto zugeordnet werden können, ist ein Internetnutzer mit seinen Aktivitäten und Interessen für Facebook namentlich identifizierbar.

Fehltritte als Orientierung
Gleichwohl ist es nicht nur der „Gefällt mir“-Button, der Nutzern Zugeständnisse in Sachen Privatsphäre abverlangt. Facebook Places ist ein neuer Dienst, der die Bekanntgabe des eigenen Standorts verlangt. Dafür können lokale Geschäfte mit Sonderaktionen und Rabatten gezielt Facebook-Nutzer bewerben. Facebook Friends lädt mit Hilfe des hochgeladenen Adressbuchs die eigenen Kontakte ein. Nützlich für die Mitglieder, aber mitunter irritierend für Nicht-Mitglieder. Hier musste Facebook kürzlich auf Druck deutscher Datenschützer erstmals wieder einen Schritt zurückrudern.

Der US-Verleger Tim O’Reilly sagt angesichts der Vielzahl neuer Dienste, denen Nutzer ihre privaten Daten anvertrauen sollen: „Wir müssen uns mit diesen Veränderungen stark auseinandersetzen.“ Insbesondere Fehltritte könnten hierbei auch Orientierung bieten. O’Reilly: „Facebook tut uns einen Gefallen damit diese Themen an die Front zu bringen, insbesondere wenn Facebook von seinen Fehlern lernt.“ Für den Nutzer geht es jedoch vor allem darum, eine bewusste Wahl zwischen einer Vielzahl von Optionen treffen zu können. Ob die angesichts der komplexen Datenschutzeinstellungen überhaupt noch möglich ist, ist angesichts von mehr als 50 Einstellungen mit über 170 Optionen, wie eine Infografik der "New York Times" zeigt, fraglich.

Verschlechtert Facebook die Informationssuche im Netz?
Was den „Gefällt mir“-Button anbelangt, steht jedoch noch mehr als nur die informationelle Selbstbestimmung auf dem Spiel: Facebook erstellt mit dem Button eine neue Grundlage für die Bewertung von Webseiten. Bislang funktionierten Suchmaschinen wie Google, weil sie die Relevanz von Links basierend auf den Links anderer bewerten konnten. Wenn jedoch die Links aus einem geschlossenen Netzwerk wie Facebook ins Netz hineinreichen, können die Suchmaschinen diese Links nicht mehr richtig bewerten, weil sie gar keinen Zugriff auf sie haben. Weil sich damit die Gewichtung der Sucherergebnisse nach und nach verschiebt,
könnte die Qualität der Suchergebnisse sinken. Eine Orientierung im Netz würde damit zunehmend schlechter gelingen.

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