© David Kotrba

Weltgrößte Luftfahrtmesse

FIA: Faszinierende Flugshow ohne Knaller

Die Farnborough International Air Show (FIA) macht alle zwei Jahre ein kleines englisches Städtchen zum Mittelpunkt der internationalen Flugverkehr-Szene. In diesem Jahr werden von 9. bis 13. Juli große Flugzeugbestellungen kundgegeben, Kontakte geknüpft und Waren beworben - sowohl im Flugzeug-Bereich, als auch in den Bereichen Waffensysteme und Raumfahrt. Die futurezone war zwei Tage lang vor Ort und konnte sich bei zehnminütig wechselnden Witterungsverhältnissen und geschätzten 150 Dezibel Schalldruck einen Überblick verschaffen.

"Paris war spannender", lautet das Urteil einer langjährigen Flugmagazin-Journalistin über die FIA 2012. Die Paris Air Show findet ebenfalls alle zwei Jahre statt und wechselt sich mit Farnborough ab. 2011 wurden die Auftragsbücher der beiden größten Flugzeughersteller Airbus und Boeing prall gefüllt, und zwar so sehr, dass die beiden Konzerne mit der Produktion kaum nachkommen. Airbus hat aus diesem Grund zuletzt angekündigt, im US-Bundesstaat Alabama eine Fabrik für seinen Bestseller A320 zu errichten.

Boeing landet größere Deals

Während 2011 Airbus groß absahnte, hat 2012 wohl Boeing das Rennen um die meisten Aufträge gewonnen, soviel lässt sich bereits vor dem Ende der Fachmesse sagen. Der große Kampf in diesem Jahr lautete Boeing 737 MAX gegen Airbus A320neo. Die 737 MAX besticht im Duell der Kurzstrecken-Jets durch ihren geringen Verbrauch. Bereits am ersten Tag der FIA gab Boeing den Verkauf von 75 Stück 737 MAX an den US-Konzern Air Lease Corporation für 7,2 Milliarden Dollar bekannt. Air Lease will die Flieger per Leasing an Fluglinien weiterverkaufen.

Am Dienstag langten weitere Flugzeug-Leasing-Firmen bei Boeing kräftig zu. GECAS (ebenfalls USA) verpflichtete sich, 100 Stück 737 MAX für 9,2 Milliarden Dollar abzunehmen. ALAFCO (Kuwait) will 20 Stück zu 1,9 Milliarden Dollar. Am Donnerstag verkaufte Boeing ganze 150 Stück 737 (davon 100 737 MAX, 50 737-900 ER) für 14,7 Milliarden Dollar an United Airlines. Boeings ursprüngliches Verkaufsziel von 212 Stück seines Bestsellers ist damit weit übertroffen.

Wie üblich wurden auch in diesem Jahr bereits unterzeichnete Deals erst auf der großen Flugshow verkündet. Wie Insider wissen, sieht es in den Monaten vor Farnborough oder Paris verdächtig ruhig am Markt aus, damit die Erfolgsmeldungen zeitgerecht ihre Punktlandung hinlegen können.

Wettrennen um Produktionsstandorte
Der Flugverkehrs-Branche geht es offenkundig gut. Während Airbus und Boeing über die nächsten Jahre ihre Aufträge abarbeiten müssen, bemühen sich viele Staaten und Regionen um eine Ansiedlung von Produktionsstandorten, wie man auch auf der FIA gut erkennen konnte. Einige Länder hatten hier eigene Pavillions, um auf Kundenfang zu gehen. Obwohl Österreich keinen Sammelbereich vorweisen konnte, fanden sich auch einige heimische Vertreter auf der Fachmesse. Vor allem bei Unmanned Aerial Vehicles (UAV), also unbemannten Drohnen, konnte man eine starke Präsenz bemerken.

Wenige technische Neuheiten
Technisch gesehen bot die FIA 2012 jedoch wenig Neuheiten. Einige neue Entwicklungen, wie der Airbus Langstrecken-Jet A350MBX oder Boeings U-Boot-Aufklärungsflugzeug P-8 stecken noch in der Entwicklungsphase. Von Lockheed-Martins neuem Kampfjet F-35 Lightning II, auch Joint Strike Fighter genannt, bekam man auf der FIA nur ein Modell zu sehen. Farnborough-Premiere feierte der martialisch aussehende Kampf-Trainer-Jet Yak-130 aus Russland. "So wirklich neu ist der aber auch nicht", ließen zwei deutsche Farnborough-Veteranen aber dazu vernehmen. Der erste Yak-130-Prototyp flog tatsächlich bereits 2004.

... allerdings fand man bei der Ankunft Metallspäne im Schmieröl der Triebwerke, also musste der Vogel am Boden bleiben.

Skandälchen

Immerhin hatte die FIA 2012 ein paar kleinere Skandälchen zu bieten. Zunächst einmal sollte der neue Airbus-Militärtransporter A400M über Farnborough seine Runden drehen, was im Endeffekt aber zur Sicherheit für die Messebesucher unterlassen wurde. Im Triebwerks-Schmieröl wurden Metallspäne gefunden. Man weiß noch nicht, woher sie stammen. Welche Tragweite das üblicherweise hat, kann man an der Reaktion der beiden Testpiloten ermessen, die die A400M nach Farnborough überstellt haben: "Na und? Metallspäne im Öl findet man ständig", meinten sie gegenüber der futurezone.

Dann hätte man bei der FIA zwei russische Su-27 Kampfjets sehen sollen, die allerdings die strengen Flugshow-Auflagen nicht rechtzeitig erfüllen konnten. Was man allerdings zu sehen bekam, war der Suchoi Superjet100, ein Kurzstreckenjet, dessen Image zuletzt durch einen Absturz in Indonesien, bei dem 45 Menschen ums Leben kamen, angekratzt wurde. Bei einer darauffolgenden Untersuchung wurde zwar dem Piloten die Hauptschuld zugewiesen, allerdings könnten auch fehlerhafte Geschwindigkeits-Sensoren ihren Beitrag zum Unglück geleistet haben.

Privater Kampfjet-Tanker
Eine kleine Überraschung lieferte unterdessen die US-Firma Omega Air Refueling Services. Sie präsentierte am dicht gepackten Flugfeld ihren Omega Tanker, eine umgebaute DC-10, die zwei Flugzeuge gleichzeitig in der Luft betanken kann. Die Kundschaft soll vor allem aus dem US-Militär bestehen. Der Omega Tanker soll zur mobilen Tankstelle für F/A-18 Hornets oder Osprey-Hubschrauber auf dem Flug von den USA zu Einsatzgebieten werden. Der Dienst des Privatunternehmens käme dem Staat um einiges günstiger als derzeitige Tank-Flugzeuge.

Der Omega Tanker könne allerdings nur für solche Flugzeugtypen eingesetzt werden, die das Probe-and-Drogue System verwenden, erklärt ein Pilot der US Air Force. Eine stangenförmige Verlängerung dient hierbei als Dock für den Tank-Schlauch, den der Tanker unterhalb des Flügels ausfahren kann. Andere Systeme für die Luft-zu-Luft-Betankung arbeiten mit beweglichen Tank-Rüsseln, die vom Personal des Tankflugzeugs in einen Einfüll-Stutzen am Kampfjet geführt werden müssen.

Starke Air-Force-Präsenz
Chris ist nur einer von vielen US-Piloten, die für die FIA nach England abkommandiert wurden. Die US-Luftwaffe zeigt mit mehreren Flugzeugen am Boden und in der Luft eine starke Präsenz auf der Fachmesse und gibt sich dabei um einiges zugänglicher als einige Flugzeughersteller. Während auf der FIA normalerweise eine Art Mehrklassen-Gesellschaft herrscht, bei der man oftmals mit dem Verweis "nur auf Einladung" abgewiesen wird, lädt die Air Force bereitwillig zu Besichtigungen in Begleitung von Piloten ein.

Auf diese Art erhält man etwa Einblicke in die Boeing C-17 Globemaster, ein militärisches Transport-Ungetüm, in die Lockheed C-130 Hercules, einen etwas kleineren Frachter, oder in die Kampfjets F/A-18, F-16 und F-15.

In Farnborough reichen schon wenige Minuten dafür aus, um überall nur noch Flügel und Querruder zu sehen.

Der große Ansturm kommt erst

Nachdem die Anzugträger-Gesellschaft der Fachmesse am Freitag abgereist ist, steht die FIA am Samstag und Sonntag (14.-15.7.) privaten Besuchern offen. Welche Massen dann im aufgeweichten Rasen rund um das Flugfeld unterwegs sein werden, lässt sich an den riesigen Flächen erkennen, die nahe Farnborough für Parkplätze reserviert wurden.

Mehr zum Thema

  • Koralpe: Radar-Gigant auf 2140 Metern
  • Solarflugzeug erreicht Ziel im Süden Marokkos
  • Spaß-Flieger mit Elektroantrieb hebt ab
  • US Navy rüstet Drohnen auf Linux um

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

mehr lesen
David Kotrba

Kommentare