Gleichbehandlung

Frauen in der Technik: "Gut sein reicht nicht aus"

Denkt man an das Silicon Valley, denkt man automatisch auch an fortschrittliche Unternehmen, die auf althergebrachte Strukturen keinen Wert legen. An weltoffene Firmen, die mit Diskriminierung und ungleicher Behandlung nichts am Hut haben. Dennoch weist das Silicon Valley und auch die globale Tech-Industrie eine massive Ungleichheit bei der Geschlechterverteilung auf. Aktuellen Zahlen zufolge sind lediglich elf Prozent der Silicon-Valley-Führungskräfte Frauen, bei den Software-Entwicklern liegt der Frauenanteil bei 20 Prozent, wie der Guardian Ende 2015 berichtete. Der niedrige Anteil spiegelt sich auch bei den Unternehmen wieder. Google hat bei seinen technischen Mitarbeitern einen Frauenanteil von lediglich 18 Prozent.

“Das Silicon Valley ist eine Umgebung, die vorteilhaft für weiße Männer ist”, so Cisco-Managerin Ruba Borno im Gespräch mit der futurezone. Cisco versucht mit verschiedenen Initiativen, den Frauenanteil im Unternehmen zu steigern, wozu Borno einen beträchtlichen Teil beiträgt. Sie ist Vice President und zählt somit zu den hochrangigsten Führungskräften im Konzern, wobei sie direkt Cisco-CEO Chuck Robbins untersteht. Derzeit liegt der Frauenanteil bei Cisco global bei 23 Prozent, 19 Prozent der Vice Presidents (VPs) sind Frauen.

Hoher Frauenanteil führt zu mehr Erfolg

Den Frauenanteil im Unternehmen zu steigern hat auch rein wirtschaftliche Gründe, wie Borno im Gespräch mit der futurezone erklärt: “Unternehmen mit einer vielfältigen Personalstruktur erzielen überdurchschnittlich gute Ergebnisse”, so die Managerin. Das hätten entsprechende Untersuchungen ohne Zweifel gezeigt.

Cisco hat keine Quotenregelung, was an der Komplexität der Problematik liege, wie Borno erklärt. “Eine der Herausforderungen an Quoten ist, dass sie, wenn sie nicht korrekt implementiert sind, dazu führen, dass es der Sache mehr schadet als nützt”, so Borno. “Es könnte die Wahrnehmung entstehen, dass Menschen, die weniger qualifiziert sind, den Job bekommen”, so die Cisco-Managerin. Stattdessen solle man auf Transparenz setzen und klar kommunizieren, wer den Job aus welchen Gründen bekommt.

Ausbildung und Start-ups

“Der niedrige Frauenanteil ist ein sehr komplexes Problem, das bereits bei der Ausbildung startet”, so Borno. “Gerade im technologischen Bereich ist man als Frau schon in der Ausbildung oft in der Unterzahl, in meinem Studiengang lag der Frauenanteil bei lediglich fünf Prozent.” Ähnliches gilt auch für andere Teile der Ausbildung, wie etwa Coding Camps. Das führe zu schwierigeren Umständen für weibliche Teilnehmer. “Dabei geht es nicht um die Herausforderung der Technologie, oder um die Schwierigkeit, sondern lediglich um die überwiegend männliche Umgebung.”

Für Frauen ist es auch derzeit noch schwieriger ernst genommen zu werden. “Es reicht nicht aus, durchschnittlich oder überdurchschnittlich zu sein. Es genügt auch nicht gut oder besser als gut zu sein, man muss exzellent sein, um wahrgenommen zu werden”, so Borno.

Der geringe Frauenanteil in der Ausbildung spiegelt sich auch in der Start-up-Kultur wider. “Lediglich drei Prozent der Silicon-Valley-Unternehmen, die mit Risikokapital finanziert werden, sind von Frauen gegründet”, so Borno. “97 Prozent der finanzierten Unternehmen haben also männliche Gründer, die wiederum ihre Netzwerke pflegen und Mitarbeiter einstellen, die wie sie sind.”

Dass eher von Männern gegründete Firmen finanziert werden, liegt nicht an deren Zukunftschancen: “Studien zeigen, dass bei identischem Lebenslauf, identischem Geschäftsmodell und insgesamt identischen Bedingungen Investoren eher dazu neigen, Start-ups zu finanzieren, die von Männern gegründet wurden.”

Frauenanteil steigern

Die Methoden, die Cisco anwendet, um den Frauenanteil zu steigern, setzen bei der Auswahl an Mitarbeitern an, die Bewerber interviewen. “Wir haben herausgefunden, dass wenn in einem Interview-Panel auch nur eine Frau sitzt, die Chancen um 50 Prozent steigen, dass eine Frau den Job bekommt”, so Borno. Bestehe das Interview-Team nur aus Männern, könnten so unbewusste Vorurteile entstehen. Dasselbe Prinzip werde ebenfalls angewendet, um Menschen unterschiedlicher Ethnien zu interviewen.

Mit dem Cisco Empowered Women’s Network (CEWN) hat das Unternehmen auch ein Programm ins Leben gerufen, das sich mit dem Thema Frauen in der IT beschäftigt. Es wurde von drei Mitarbeiterinnen aus Technik, Marketing und Verkauf ins Leben gerufen und soll demnach alle Unternehmensbereiche abdecken. Eine entsprechende Veranstaltung des Netzwerkes findet jedes Jahr im Rahmen der weltweit größten Cisco-Konferenz Cisco Live in Las Vegas statt. Borno hat in diesem Jahr vor 600 Besuchern vor Ort und tausenden Live-Stream-Zusehern die Keynote der Veranstaltung gehalten. Neben der Keynote waren auch verschiedene Sessions und Networking-Events auf der Tagesordnung. “Eine große Rolle spielt dabei auch die Vernetzung der Frauen untereinander”, so Borno.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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