Die IMEI-Sperre (nicht im Bild sichtbar) wird nun auch in Österreich diskutiert.
Die IMEI-Sperre (nicht im Bild sichtbar) wird nun auch in Österreich diskutiert.
© Gregor Gruber

Handy-Diebe

"IMEI-Sperre macht nur international Sinn"

In Österreich werden jährlich 25.000 Handys gestohlen oder geraubt. Das sind im Schnitt 68 Geräte pro Tag. Die österreichische Polizei wartet deshalb mit einer „neuen“ Idee auf: Sie will gestohlene Handys in Zukunft über die sogenannte IMEI-Nummer (International Mobile Station Equipment Identifier) aus der Ferne sperren lassen. Damit sollen die Geräte für die Täter wie berichtet wertlos gemacht werden. „Diebe verlieren dadurch die Motivation“, erklärt Mario Hejl, Sprecher des Bundeskriminalamts, gegenüber der futurezone.

Polizei: "Keine Dateneinsicht"

Wird ein Gerät via IMEI-Nummer gesperrt, kann damit in Österreich nicht mehr telefoniert werden, so der Plan des Bundeskriminalamts. Damit das System österreichweit flächendeckend funktioniert, müssten aber alle Mobilfunkbetreiber mitmachen. Der Vorschlag des Bundeskriminalamts ist deshalb, ein gemeinsames IMEI-Register für gestohlene Smartphones zu errichten. Die Polizei würde dabei allerdings „keine Einsicht in die Daten“ haben, so Hejl, sondern auf die sogenannte „Blacklist“ würden ausschließlich die Mobilfunkbetreiber Zugriff haben, die diese Liste auch regelmäßig warten müssten.

„Selbst wenn jemand die SIM-Karte aus dem entwendeten Handy entfernt und das Gerät entsperren lässt, so dass es für alle Netzanbieter offen ist, kann er nicht mehr damit telefonieren, weil er keine Freischaltung bekommt“, erklärt Hejl die Vorteile einer IMEI-Sperre. Doch im Smartphone-Zeitalter geht es oft nicht mehr nur ums Telefonieren, manchmal sind auch die gespeicherten Daten der Smartphone-Inhaber interessant. Diese können trotz IMEI-Sperre weiterhin ausgelesen werden, sofern User nicht mittels Software die Daten aus der Ferne löschen lassen.

A1: "Gemeinsame Lösung"

Laut Hejl sollen im September erste Gespräche mit den Mobilfunkbetreibern zum Thema IMEI-Sperre stattfinden. Diese wussten bisher allerdings nichts von den Plänen des Bundeskriminalamts. „Aktuell prüfen wir, welche technischen Voraussetzungen gegeben sein müssen, um die Dokumentation und Sperre von IMEI-Nummern umsetzen zu können“, heißt es seitens A1. „Das Sperren von IMEI-Nummern gestohlener Geräte ist aus Sicht von A1 natürlich technisch machbar. Es gilt nun gemeinsam mit dem Innenministerium und den anderen Kommunikationsunternehmen in den nächsten Wochen eine Lösung für die zentrale Registrierung und Verwaltung der Sperren zu finden. Gelingt dies, haben wir ein Modell gefunden, das allen Mobilfunkkunden in Österreich einen tatsächlichen Mehrwert bietet“, sagt Marcus Grausam, Vorstand für Technik bei A1.

Drei wollte sich gegenüber der futurezone vorerst nicht dazu äußern und die Gespräche mit dem Innenministerium abwarten. „Es ist zu früh, dazu etwas zu sagen“, so Tom Tesch, Pressesprecher von Drei. Er verweist außerdem auf zusätzliche Kosten, die eine derartige Installation eines Registers verursachen würden. Bei T-Mobile steht man der IMEI-Sperre eher kritisch gegenüber: „Das macht nur international Sinn. Eine IMEI-Sperre funktioniert nur länderübergreifend, weil sich auch die Kriminalität nicht auf Österreich beschränkt“, erklärt Helmut Spudich, Unternehmenssprecher von T-Mobile. Gestohlene Smartphones lassen sich auch über Internet-Portale ins Ausland verkaufen, oder in andere Länder transportieren.

Sperre ist umgehbar

Spudich weist zudem darauf hin, dass sich die IMEI-Nummer auch mit einer entsprechenden Software nachträglich verändern lasse und sich Profis durch eine solche Sperre daher nicht abschrecken lassen würden. Das sieht auch Robert Waldner vom Computer Emergency Response Team (CERT.at) ähnlich. Für Android-Handys gibt es etwa Geheimbefehle zum Ändern der IMEI-Nummer, auch das sogenannte „Flashen“ von Smartphones führt zu einer Änderung. „Die IMEI-Sperre macht es Gelegenheitsdieben schwerer, aber nicht unmöglich. Dann werden gestohlene Geräte eben im Ausland verkauft, wenn die IMEI-Nummern nur in Österreich gesperrt sind“, so Waldner. Man müsse immer Kosten und Nutzen abwägen, denn die Entwicklung einer gemeinsamen Datenbank für alle Mobilfunkbetreiber und die regelmäßige Datenpflege sei sicherlich mit Kosten verbunden.

"Politische Initiative"

Laut Bundeskriminalamt zählt das Entwenden von Handys in Österreich zum „Einstiegsdelikt“ in die Kriminalität. Die Hälfte der gefassten Täter ist jünger als 21 Jahre, zwei Drittel der Ausgeforschten sind Kinder und Jugendliche. Aus diesem Grund würde eine IMEI-Sperre aus Sicht des Bundeskriminalamts sehr wohl Sinn machen. Die Regulierungsbehörde RTR äußerte sich zum Vorschlag des Bundeskriminalamts in einer ersten Reaktion eher bedeckt: "Die Erstellung eines Registers für IMEI-Nummern ist eine politische Initiative. Gerne bringen wir unsere Expertise ein. Einen gesetzlichen Auftrag, derartige Projekte zu starten, haben wir allerdings nicht", sagt Johannes Gungl, Geschäftsführer der Regulierungsbehörde RTR für den Fachbereich Telekommunikation und Post.

In anderen Ländern gibt es zudem bereits seit längerem sogenannte „Blacklists“ für IMEI-Nummern. Großbritannien setzt seit 2003 auf eine Datenbank für gestohlene Handys, Australien seit 2004. In Österreich hatte übrigens bereits Orange eine IMEI-Sperrliste. Diese war aber, weil sie nur für das Orange-Netz galt, wenig effektiv. „In Wahrheit ist es eine regulatorische Aufgabe, sich dem Problem auf EU-Ebene anzunehmen“, meint Spudich.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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