Lernerfolg mit iPads ist höher
Lernerfolg mit iPads ist höher
© boroviczeny stefan

Lernerfolg mit iPads ist höher

"Lernerfolg mit iPads ist höher"

„Frau Lehrerin, wir sind fertig“, rufen fünf Mädchen, die als Gruppe gemeinsam an einem iPad arbeiten. Sie sind gerade dabei, mit dem Tool iComic mehrere Meerschweinchen-Bilder mit Sprechblasen und Texten zu versehen. Die Diplompädagogin und Klassenlehrerin Barbara Zuliani stößt zur Gruppe dazu und gibt den Kindern Tipps, wenn zwei Texte nicht zusammenpassen. Ein Mädchen löscht in Folge geschickt die Sprechblase, ein anderes gibt den neuen Text mittels zwei Finger-System ein. Die Schülerinnen beherrschen das Programm perfekt. Andere kämpfen noch mit den Funktionen, doch die „Frau Lehrerin“ hilft jeder Gruppe.

Fünf iPads gibt es in der Montessori-Klasse, eines kommt dabei auf bis zu fünf Schüler, die jeweils in Gruppen zusammenarbeiten. Seit drei Wochen sind die Schüler damit im Unterricht kreativ. „Wir haben verschiedene Apps für Sprache, Mathematik, Bildnerische und Musische Erziehung ausprobiert“, erklärt Zuliani. Sie ist eine von neun Lehrern in Österreich, die von Apple als „Distinguished Educator“ zertifiziert worden sind.    Die Lehrenden haben dadurch die Möglichkeit, sich mit Kollegen aus aller Welt über den Einsatz von iPads im Unterricht auszutauschen.

"Malen hat mir am besten gefallen"So haben die Kinder etwa Fotos bearbeitet und daraus eigene Bilder kreiert. Sie haben ihren Schatten auf dem iPad nachgemalt und sich einen passenden Hintergrund dazu ausgedacht. Rausgekommen dabei sind farbenfrohe, Pop-Art-ähnliche Kunstwerke. „Malen hat mir bisher am besten gefallen“, erzählt die achtjährige Bianca. Manche haben sich neben der Gitarre auch das iPad geschnappt, um damit mit „ GarageBand“ zu musizieren. Die Kinder haben sich die Anwendung des iPads dabei großteils selbst beigebracht. „Es macht Spaß, mit dem iPad zu arbeiten“, sind sich alle Kinder in der Klasse gleichermaßen einig.

„Es gibt Studien, die belegen, dass der Lernerfolg um 70 Prozent höher ist, weil die Informationen mit dem iPad auf drei verschiedenen Ebenen vermittelt werden – auf der auditiven, der kognitiven und der motorischen Ebene. Genau das lieben die Kinder und man sollte sie auch genau dort abholen, damit sie Spaß und Freude am Unterricht haben“, erzählt die Lehrerin. Dass nur fünf Geräte verfügbar sind, stört laut Zuliani eher weniger, weil die Gruppendynamik Lernprozesse in Gang setzt.

Leihgabe für vier WochenDoch die „Frau Lehrerin“ kriegt einen traurigen Blick, wenn sie daran denkt, dass die Klasse die iPads nur noch eine Woche behalten darf. Die Geräte sind nämlich eine Leihgabe von Apple Österreich – beschränkt auf vier Wochen. „Wir stehen vor dem Dilemma, iPads im Unterrichtsalltag weiterhin verwenden zu wollen, bekommen aber leider übers Schulbudget kein Geld für den Ankauf der Geräte“, erklärt Zuliani. Eine derartige Anschaffung kostet 11.000 Euro und die Klassenlehrerin ist deshalb via Blogeintrag auf der Suche nach privaten Sponsoren. Auf einer Website hat sie außerdem die Projekte, die sie mit ihren Schülern durchgeführt hat, dokumentiert.

„Früher haben wir Sachen ausgeschnitten und aufgeklebt. Es flogen 1000 Papierschnitzel in der Klasse herum und die Kinder waren von oben bis unten angeklebt. Das hat auch Spaß gemacht“, meint Zuliani. Aber mit dem iPad lassen sich auch Filme gestalten und schneiden, Musik aufnehmen oder Sachinformationen recherchieren. Dies sei mit den zwei PCs, die im Klassenzimmer stehen, nicht so einfach möglich, werde aber bald – ähnlich wie das Maschinenschreiben - zu den Kernkompetenzen von den Schülern zählen, meint Zuliani.



Herausforderungen für InfrastrukturDie Schüler der dritte Klasse können dies allerdings noch nicht und tippen mit zwei bis drei Fingern ihre Texte auf die iPad-Tastatur. Das macht manchen von ihnen dafür sichtlich Spaß – vor allem den Buben. Diese bevorzugen bereits mit acht Jahren das Maschinenschreiben, während die Mädchen in der Klasse gerne mit der Hand schreiben. „Wenn die Kinder ins Gymnasium kommen, wird oft vorausgesetzt, dass sie ihre Hausaufgaben am PC erledigen. Bei uns in der Volksschule fehlen aber die Kapazitäten, ihnen das Zehnfingersystem beizubringen. Die meisten Kinder beherrschen es daher noch nicht“, erklärt Zuliani. Auch im Lehrplan ist es noch nicht offiziell vorgesehen.

Während die Kinder an allen technischen Geräten äußerst interessiert sind (sie nehmen auch mein mitgebrachtes digitale Aufnahmegerät genau unter die Lupe), haben manche Eltern des Elternvereins der Schule noch Bedenken, ob der Einsatz von iPads im Unterricht wirklich sinnvoll ist. „Ich setze auf gute Gespräche, das Kennenlernen von Neuem und dann wandeln sich die Ängste und Vorurteile sehr schnell in eigene Erfahrung um“, meint die Lehrerin der Volksschule Breitenlee.

Online-Blog und QR-CodesSo können die Eltern auch alle Aktivitäten der Schüler in einem Online-Blog nachlesen, den sowohl die Lehrerin als auch die Schüler selbst befüllen. Zwei der Schüler, die bereits eigene iPhones besitzen, dürfen damit hin und wieder auch QR-Codes entschlüsseln, doch sonst ist der Einsatz von den iPhones in der Klasse streng verboten. Auch das Spielen während der Unterrichtsstunde wird gar nicht gern gesehen, nur in der Pause ist das Spielen von kooperativen Games am iPad erlaubt.

Natürlich haben die Kinder mit den iPads auch ähnliche Probleme wie Erwachsene mit PCs oder Macs: „Ich hab den Text aus Versehen gelöscht“, hört man aus einer Ecke. „Das Bild erscheint nicht“, aus einer anderen. Doch hier ist keine Strenge angebracht. „Das machen wir später gemeinsam noch einmal“, verspricht die „Frau Lehrerin“ ihren Schülern.

Lesen Sie morgen: Ein Jahr Schule mit dem iPad - Schulversuch in Jennersdorf.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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