© Kapsch

Smart City

Linzer Straßenbahn zählt Fahrgäste und misst Energiebedarf

Mit M2M, also der Kommunikation von Maschine zu Maschine, soll in Linz die "intelligente Straßenbahn" realisiert werden. Die Unternehmen Kapsch CarrierCom, Bombardier und Linz AG Linien führen ein gemeinsames Pilotprojekt durch, bei dem in Echtzeit 50 Systemparameter aus drei Straßenbahnen an die Betriebszentrale übermittelt werden. Dies soll einen effizienteren Energieeinsatz ermöglichen und die Betriebskosten senken.

Grundlage für das Projekt ist eine Black Box, die Messdaten aus einer Vielzahl von Sensoren in jeder Straßenbahngarnitur bezieht. Die Black Box übermittelt diese Daten an die Betriebszentrale, wo sie ausgewertet werden. "Der Betriebsleiter fährt in der intelligenten Straßenbahn mit", meint Wolfgang Leindecker, Leiter der Abteilung öffentlicher Verkehr und M2M bei Kapsch.

“Erst durch die Kombination der Daten aus den Fahrzeugen mit der jeweiligen Einsatzsituation sind Detailanalysen möglichen, die eine Feinoptimierung auf das konkrete Liniennetz zulassen”, so Germar Wacker, Geschäftsführer Bombardier Transportation Austria GmbH im Gespräch mit der futurezone.

10 Prozent Energieeinsparung

Die von Kapsch entwickelte Lösung wird seit September des Vorjahres in drei Straßenbahnen getestet, bis Jahresende sollen alle 23 Cityrunner der 2. Generation damit ausgestattet werden, danach die 33 älteren Modelle. Zudem sei geplant, auch die Busse – zumindest die elektrischen –mit dem System auszurüsten, so Erich Haider, Vorstandsdirektor der Linz AG. Jene Fahrzeuge, die 2016/17 neu beschafft werden, müssen die entsprechenden Parameter laut Ausschreibung bereits zur Verfügung stellen.

Was die Übermittlung, Auswertung und unmittelbare Reaktion auf die Straßenbahn-Parameter bringt, erklärt Erich Haider, der Vorstandsdirektor der Linz AG: "Mit dieser Lösung können wir im laufenden Betrieb – vor allem durch effizientere Nutzung bei Beschleunigungs- und Bremsvorgängen und der Heizsysteme – den Energiebedarf bei den 23 Cityrunnern der 2. Generation um 10,2 Prozent reduzieren. Wir produzieren damit 85 Tonnen weniger CO2. Das Einsparpotenzial für die gesamte Fahrzeugflotte der Linz AG Linien entspricht etwa dem Jahresstromverbrauch von 300 Haushalten.”

Zu den Kosten geben sich alle Seiten vage. Es handle sich um einige hundert Euro pro Straßenbahn und Monat, meinen die Projektpartner. Das Projekt rechne sich angeblich innerhalb eines Jahres. Für den Linzer Fuhrpark geht Albert Waldhör, Geschäftsführer der Linz AG Linien von einem jährlichen Einsparungspotenzial zwischen 300.000 und 400.000 Euro aus.

In Linz beginnt's mit der "intelligenten Straßenbahn"

Positive Resonanz

Die Technik hinter dem Projekt ist laut Kapsch und Bombardier weltweit einzigartig und punktet auch durch ihren modularen Aufbau. Auf diese Weise soll das System leicht an anderen Standorten in öffentliche Verkehrsmittel integriert werden können. “Die Resonanz ist, dass Kunden aus allen Kontinenten massives Interesse daran haben. Wir werden noch in diesem Jahr mit der flächendeckenden Vermarktung dieses Systems beginnen”, erklärt Kari Kapsch, CEO der Kapsch CarrierCom AG gegenüber der futurezone.

Auch die Belegschaft hat das neue System positiv angenommen, wie Erich Haider betont: “Natürlich stand die Befürchtung des ‘Gläsernen Fahrers’ im Raum. Da aber der Betriebsrat in die Entscheidungen eingebunden war, konnten anfängliche Bedenken ausgeräumt werden. Sämtliche bisherigen Anpassungen, sind gemeinsam mit dem Fahrpersonal durchgeführt worden.”

Echtzeit-Daten für Fahrgäste

Ein positiver Effekt für Fahrgäste ist die zentrale Verfügbarkeit von Daten, die für den Komfort an Bord maßgeblich sein können. Sensoren können etwa den Belegungsgrad oder die exakte Position von Straßenbahngarnituren feststellen. Diese Daten ließen sich dann via App abrufen.

Bei der Messung der Passagierströme besteht kein Grund zu datenschutzrechtlicher Sorge, wie Leindecker von Kapsch gegenüber der futurezone versichert: “Der Passagierzähler in den Straßenbahngarnituren funktioniert mit einer stereoskopischen Kamera, die aber keine Gesichter scannt, sondern lediglich erkennt, wie viele Personen zu- bzw. ausgestiegen sind. Aus Datenschutzsicht ist dies völlig unbedenklich, da keine identifizierbaren Aufnahmen geschaffen werden.”

Kein Zugriff auf das Fahrzeug von Außen

“Bei dieser Lösung handelt es sich um ein rein passives System, das die Parameter abgreift und der Leitstelle zur Verfügung stellt – ein reines Informationssytem”, wie es Wolfgang Leindecker von Kapsch ausdrückt. “Ein Zugriff auf das Fahrzeug von Außen ist nicht möglich”, bestätigt auch Germar Wacker von Bombardier. Außerdem hält Wacker fest, dass die Fahrzeugsysteme und die Übermittelung der Daten voneinander getrennt sind, sodass bei einem etwaigen Ausfall der Datenübertragung, die Funktionen der Fahrzeuge nicht beeinträchtigt werden.

Straßenbahn der Zukunft

M2M-Lösungen, wie jene in Linz dienen in erster Linie nicht dem Ziel, dass Straßenbahnen in absehbarer Zukunft ohne Lenker auskommen. Wie Germar Wacker von Bombardier erklärt, würde man selbstfahrende Fahrzeuge im öffentlichen Verkehr als erstes bei U-Bahnen einsetzen. Denn Straßenbahnen befinden sich immer in einem gemischten Verkehr, bei dem der Mensch als Fahrer nach wie vor eine unerlässliche Größe darstellt. Die Fahrer werden in naher Zukunft allerdings technische Unterstützung bekommen. “Wir arbeiten an Sicherheitssensorik die Gegenstände oder Körper samt ihren Bewegungen erkennt und entsprechende Signale an den Fahrer gibt oder einen Bremsvorgang einleitet”, so Wacker.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Florian Christof

FlorianChristof

Großteils bin ich mit Produkttests beschäftigt - Smartphones, Elektroautos, Kopfhörer und alles was mit Strom betrieben wird.

mehr lesen
Florian Christof

Kommentare