OFFENES INTERNET

Netzneutralität: EU setzt auf Wettbewerb

"Man sollte den Verbrauchern klar machen, dass sie die Macht haben, über das offene Internet zu entscheiden", sagte die Kroes bei der Abschlussrunde des EU-"Neztneutralitätsgipfels" am Donnerstagnachmittag in Brüssel. Die EU-Kommissarin will bei der Durchsetzung der Netzneutralität in der EU vor allem auf den Markt vertrauen.

Wenn etwa Internetanbieter nicht alle Dienste gleich behandeln und beispielsweise sperren oder drosseln, so würden die Wettbewerbsregeln der EU dafür sorgen, dass der Anbieter leicht gewechselt werden könne, sagte Kroes.

"Es geht auch um Transparenz"

Die EU-Kommissarin verwies in diesem Zusammenhang etwa auf die Blockade des Internettelefoniedienstes Skype in manchen europäischen Mobilfunknetzen: "Die Kunden können zu Anbietern wechseln, die solche Praktiken nicht vorsehen." Verbraucher müssten jedoch effektiv über solche Maßnahmen informiert werden, so Kroes: "Es geht auch um Transparenz."

Eine solche Informationspflicht für Internetanbieter sieht das im vergangenen November vom EU-Parlament beschlossene Telekompaket vor, das bis Juni 2011 in weiten Teilen von den EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss. Netzbetreiber müssen ihre Kunden über Verfahren des Verkehrsmanagements informieren, heißt es dort. Daneben können nationale Regulierungsbehörden auch Mindestanforderungen an die Qualität der zu erbringenden Dienste stellen.

"Wenn die Umsetzung nicht erfolgt, muss die Politik tätig werden", sagte Kroes. Sie sei weiteren Aktivitäten in dem Bereich nicht abgeneigt, sehe aber auch die Gefahr der Überregulierung. Maßnahmen zur Verkehrssteuerung seien notwendig, um die Qualität sicherzustellen und spezielle Dienste zu entwickeln, es müsse jedoch richtig eingesetzt werden: "Die Netzintegrität muss aufrechterhalten werden."

"Wachsamkeit angesagt"

Viele der neuen Befugnisse der Regulierer müssten noch umgesetzt werden, sagte John Doherty, Vorsitzender der neu geschaffenen EU-Regulierungsstelle GEREK (Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation, auch BEREC). Die Verbraucher müssten klar verständliche Informationen bekommen, wenn es zu Begrenzungen bei Diensten komme. Auch Mindeststandards müssten festgesetzt werden, so Doherty. "Weitere Wachsamkeit ist angesagt."

Die konserative spanische EU-Abgeordnete Pilar del Castillo Vera sprach sich für ein Frühwarnsystem durch nationale Regulierungsstellen aus. Der grüne deutsche EU-Abgeordnete. Die sozialdemokratische französische EU-Abgeordnete Catherine Trautmann kritisierte, dass die Mindestanforderungen im Telekompaket nicht klar definiert seien. Sie forderte eine Empfehlung der EU-Kommission dazu.

Das offene Internet werde nicht durch den Wettbewerb garantiert, sagte der deutsche EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht (Grüne): "Das Internet ist nicht nur ein Markt, sondern auch ein Raum, wo man lebt und kommuniziert." Klare gesetzliche Regelungen forderte auch Jeremie Zimmermann von der französischen Bürgerrechtsinitiative La Quadrature du Net. Die Netzneutralität sei für Demokratie und Innovation unverzichtbar, so Zimmermann. Sie müsse durch EU-weite Regulierung sichergestellt werden.

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EU: Konfliktfeld Digitale Agenda

(Patrick Dax)

Bereits am Dienstag präsentierte Kroes die Ergebnisse einer dreimonatigen öffentlichen Konsultation der EU-Kommission zum Thema, die Ende September zu Ende ging. Dabei meldeten sich 318 Vetreter von Netzbetreibern, Internetdienstleistern, Behörden, Verbraucherverbände und Organisationen der Zivilgesellschaft zu Wort.

Links:

Redemanuskript von Neelie Kroes
EU-Kommission: Ergebnisse der öffentlichen Konsultation zur Netzneutralität
La Quadrature du Net zur Netzneutralität

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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