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Aufklärung

"Online-Pornos haben Sex-Erziehung ersetzt"

Sex-Videos vs. Realität: Mit ihrer Webseite MakeLoveNotPorn.com versucht die britische Unternehmerin seit drei Jahren, gegen die falsche Darstellung von Sexualität in Online-Pornos anzukämpfen. Denn diese hätten fatale Auswirkungen auf unser Sexleben. "Diese Technologie hat einen Einfluss auf einen fundamentalen Teil unseres Lebens, der unsere Zufriedenheit bestimmt", sagte Gallop im Rahmen der Berliner Internet-Konferenz re:publica. Mainstream-Pornos, wie man sie kostenlos auf verschiedensten Video-Portalen ansehen könne, würden die sexuelle Praxis beeinflussen. "Jeder Mainstream-Porno zielt darauf ab, den Mann zum Orgasmus zu bringen", sagte Gallop. Deswegen sei heute der Sex meist vorbei, wenn der Mann gekommen ist. Oder noch schlimmer: Männer könnten oft nur mehr beim Masturbieren einen Orgasmus haben.

Deswegen hat Gallop vor etwa drei Jahren die Webseite MakeLoveNotPorn.com ins Leben gerufen. Dort soll mit der falschen Darstellung in Hardcore-Pornos aufgeräumt werden und diese der Realität gegenübergestellt werden. Heute würde die Webseite 3000 Besucher pro Tag anziehen, viele davon aus Ländern wie China oder Indien. "Das ist keine Anti-Porno-Kampagne, sondern soll fehlenden Dialog über Sex und Pornografie aufzeigen", sagte Gallop. Kleine Erfolge konnte sie etwa in der direkten Diskussion mit Kritikern der Aktion - meist Männer in den späten 20ern - erzielen, aber: "Das Problem wird immer schlimmer."

Branche revolutionieren
Zusätzlich würde Pornografie weiter tabuisiert werden, Schulen und Eltern das Thema nicht richtig angehen. "Online-Pornos haben die Sex-Erziehung ersetzt", sagte Gallop. Bereits Achtjährige würden heute via Internet in Kontakt mit Hardcore-Pornografie kommen - und sollte es zu Hause am Computer einen Kinderschutz geben, könne niemand verhindern, dass der Nachwuchs Clips auf den Handys der Freunde zu sehen bekommen. Gallop will ihre Bemühungen deswegen 2012 intensivieren. Unter MakeLoveNotPorn.tv soll eine noch geheime Webseite entstehen, die nichts weniger als auf eine Revolution der Porno-Branche abzielt.

Konkretes wollte Gallop über ihr neues Projekt nicht verraten. Fix scheint, dass sie mit der Industrie direkt zusammenarbeiten will, um Online-Sex sozial akzeptiert zu machen und eine neue Art des Pornos zu kreieren. "Ich will den Playboy des 21. Jahrhunderts machen", sagte Gallop in Bezug auf jenes Magazin, dass das Thema Erotik einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht hätte.

Um MakeLoveNotPorn.tv (derzeit kann an sich für einen Beta-Test anmelden) realisieren zu können, hätte sie sehr kämpfen müssen. Ein Jahr hätte es sie gekostet, um einen Investor aufzutreiben, der sich von dem schwierigen Thema nicht abgestoßen fühlte. Weil der neue Web-Dienst offensichtlich nicht komplett gratis sein wird, musste Gallop auch erst einen Bezahl-Dienst finden, der mit ihr zusammenarbeitet - PayPal etwa würde nicht mit Porno-Anbietern kooperieren. Denn Gallop liegen auch die Darsteller in Porno-Clips am Herzen. Sie sollen fairer bezahlt werden, mehr Mitsprache bei der Gestaltung bekommen und nicht mehr unter falschem Namen auftreten müssen. "Sasha Grey sollte nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein", meinte Gallop in Bezug auf eine Sex-Darstellerin, die den Karrieresprung aus der Porno-Branche in "normale" Filme geschafft hat.

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Jakob Steinschaden

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