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Österreich

Post testet Lebensmittel-Zustellung

Die Post hat sich schon vor einigen Jahren auf die Suche gemacht, neue Geschäftsbereiche neben der Brief- und Paketzustellung zu entdecken. „Unsere Stärke ist die Logistik, daher werden auch künftige Geschäftsfelder mit diesem Bereich zu tun haben“, sagt Post-Generaldirektor Georg Pölzl im Gespräch mit der futurezone. Im vergangenen Jahr hat man sich mit 40 Prozent am deutschen Pharma-Logistiker AEP beteiligt und verzeichne bereits ein „gigantisches Wachstum“. Gestartet am 1. Oktober 2013 habe man bereits mehr als fünf Prozent aller deutschen Apotheken unter Vertrag. Tendenz steigend.

Doch die Pharmabranche ist nur ein Bereich, in der die Post tätig ist, „wir experimentieren auch mit allen österreichischen Lebensmittelhändlern“, so Pölzl. In drei Wiener Bezirken würden verschiedene Zustellformen getestet, in Oberösterreich laufe eine Kooperation mit der FH Oberösterreich und der Pfeiffer HandelsgmbH. Man teste derzeit passive Kühlsysteme, also Behältnisse, die die Temperatur halten können. Eine Lebensmittel-Empfangsbox, nach dem Vorbild der Paket-Empfangsbox (siehe unten) sei eine Option. „Das Problem der Lebensmittellogistik ist, dass sie leistbar und dass der Adressat erreichbar sein muss“, so Pölzl. Dem Start-up kochabo gelinge das sehr gut, eine andere Möglichkeit seien etwa Abholstationen, wie es das deutsche Start-up emmasbox anbietet – Einkäufe werden in einer gekühlten Abholstation gelagert. Pölzl: „Für Ballungsräume werden wir die Konzepte finden, weil es dort auch die Nachfrage gibt.“ In ländlichen Gebieten werde die Zustellung frischer und gekühlter Lebensmittel allerdings schwieriger.

Selbstbedienung

Doch auch das Kerngeschäft will man modernisieren. 1900 Post-Filialen gibt es derzeit in Österreich, 1400 davon werden von Postpartnern betrieben, 500 von der Post selbst. Noch heuer wird die erste Selbstbedienungsfiliale im Tiroler Leutasch eröffnet, in der Kunden die wichtigsten Postdienstleistungen in Anspruch nehmen können. Ausgestattet ist die Filiale mit einem Verpackungstisch, Frankierautomat, Versandbox und einer Abholstation. Kunden können damit an sieben Tage der Woche, egal zu welcher Zeit, Briefe und Pakete selbstständig verpacken und versenden. Kann einem Kunden ein Paket nicht zugestellt werden, wird dieses in die Abholstation eingelegt und eine Abholung ist jederzeit möglich. „Das ist ein weiterer Schritt unserer Innovationsoffensive", so Pölzl.

Analoge & digitale Welt

In 200 der 500 eigenen Postfilialen wurden mittlerweile Selbstbedienungsfoyers eingerichtet, österreichweit gibt es 100 Abholstationen und in allen Bundesländern (vor allem aber in Graz und Wien) wurden bereits 7000 Postempfangsboxen installiert. Das scheint im Vergleich zu 3,6 Millionen österreichischen Haushalten zwar wenig, ist aber ein Erfolg, bedenkt man, dass die Boxen erst seit dem Vorjahr vor allem für Ballungsräume beworben werden und eine Box mindestens 189 Euro kostet.

Post-Generaldirektor Georg Pölzl (li.) und Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig bei der Vorstellung der Empfangsbox 2011
Der Briefträger hinterlässt darin Pakete und benachrichtigt den Empfänger durch eine Mitteilung mit RFID-Chip im Briefkasten. Der Empfänger kann damit die Empfangsbox öffnen, das ihm zugestellte Paket entnehmen und erspart sich den Besuch der Postfiliale.

„Wir sind noch lange nicht dort, wo wir sein wollen“, sagt Pölzl, „aber ich bin stolz auf die diversen Selbstbedienungsmöglichkeiten, die wir im eigenen Haus entwickelt haben. Das hätte man einer Post nicht zugetraut.“ Wenn Pölzl an die Zukunft denkt, nimmt er sich das Jahr 2020 als Zeitrahmen her. „2020 werden wir ein Logistikunternehmen sein. Wir werden noch immer ein signifikantes Briefgeschäft haben, aber weniger Briefe, dafür aber mehr Pakete zustellen, im adressierten und unadressierten Werbegeschäft erfolgreich sein und auch viele digitale Produkte im Portfolio haben.“

Austria-Shop für KMU

Die Post forciert ab sofort auch den eCommerce-Bereich. „Beim Online-Shopping haben wir noch mehr vor als hinter uns“, meint Pölzl. Mit der Paketmarke oder der Gelben-Zettel-App (sie wurde bereits 40.000 Mal heruntergeladen).

Derzeit arbeitet man an einem eigenen Austria-Shop, einem Online-Shopping-Portal für österreichische Unternehmer. Postintern läuft das Projekt des österreichischen Marktplatzes unter der Bezeichnung „eCommerce enabling“. Pölzl: „Der regionale Markt ist unsere Stärke, daher wollen wir auch kleine Händler ins Internet bringen und werden schlüsselfertige Online-Shop-Lösungen anbieten, damit sie ihre Produkte im Web verkaufen können.“ Die Post werde die Produkte dann als Logistik-Partner zustellen. Wie die österreichische Shopping-Plattform heißen wird, ist noch geheim, allerdings soll sie noch im Herbst starten. „In der Vergangenheit hat uns eine gewisse Konsumentenorientierung gefehlt“, ist Pölzl durchaus selbstkritisch. „Aber als Unternehmen ist man nur dann erfolgreich, wenn man an den Kunden denkt. Das ist auch mein persönliches Glaubensbekenntnis, das ich aus der Telekommunikationsbranche mitgenommen habe.“

Beteiligung an Start-ups geplant

Die Post will sich künftig weiter an Start-ups beteiligen, „wenn sie mit unserer Branche und mit Logistik zu tun haben“, so Pölzl. „Wir suchen nach Lösungen, die uns zu einem noch besseren Logistikdienstleister für Versender und Empfänger machen, also Innovationen im Zustellbereich sind für uns besonders spannend.“ Aber: „Innovationen muss eigentlich aus dem Unternehmen kommen – auch wenn es noch so schwierig ist. Wenn es ein Unternehmen schafft, Innovation im eigenen Haus zu entwickeln, dann hat man es geschafft.“

PR-Gag Drohnen

Dass Sendungen künftig per Drohnen zugestellt werden, wie es Amazon Anfang des Jahres propagiert hat, glaubt Pölzl gegenwärtig nicht. „Das war der Riesen-PR-Gag von Amazon und viele sind darauf reingefallen.“ Technisch sei die Drohnen-Zustellung nicht schwierig umzusetzen, allerdings praktisch fast unmöglich. „Lufverkehrkehrstechnisch ist das ja nicht unproblematisch.“ Auch die Zustellung von Paketen und Waren mit selbstfahrenden Autos funktioniere nur in der Theorie. „Irgendjemand muss ja die Pakete ja dann aus dem Auto nehmen und übergeben“, so Pölzl. Woran die Post gemeinsam mit der Universität Graz arbeite, sei die Zustellung an einen Post-Code. Ein Brief bzw. Paket wird nicht an eine Adresse, sondern einer Person zugestellt. Diese müsse bekannt geben, wo sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt aufhält.

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