© Gerhard Deutsch

Handheld

Postler können sich via GPS überwachen lassen

Klobig, grau und mit einem großen Touchscreen, auf dem unterschrieben werden kann: Jeder, der einmal ein Paket in Empfang nehmen musste, ist bereits einmal mit einem derartigen Gerät in Berührung gekommen. Nun stattet die Post auch ihre mehr als 9.000 Brief-Zusteller mit einem derartigen Handheld aus, der ihren Arbeitsalltag erleichtern soll. Die Post hat sich die Geräte einen hohen, einstelligen Millionenbetrag kosten lassen und will damit nach eigenen Angaben einen "unnötigen Papierkrieg" verhindern. Die futurezone hat die Details zum neuen Gerät.

Das von Motorola produzierte Gerät ist ab sofort der zentrale Anlaufpunkt für jeden Brief-Zusteller. Diese müssen künftig bei Dienstbeginn ihren Ausweis vor das Gerät halten und so ihre Anwesenheit bestätigen. Was für jeden anderen Arbeiter normal erscheinen mag, ist für die Post relativ neu. Erst nach einer anonymen Anzeige wegen der fehlenden Zeiterfassung stellte die Post ihr System um. Bisher wurde nach dem sogenannten Zeitakkord gearbeitet, bei dem grundsätzlich von einer Arbeitszeit von 40 Stunden ausgegangen wurde. Die Umstellung auf das neue System war der Anlass für die Anschaffung der neuen Handhelds.

Digitale Stechuhr statt elektronischer Fußfessel
Auch eingeschriebene Briefe und kleine Pakete können künftig mit einer Unterschrift auf dem Handheld entgegengenommen werden. Nur das Schreiben der Abholnotiz für Pakete, die zu groß für den Briefkasten sind, erspart sich der Briefträger durch den neuen Handheld nicht. Doch neben der digitalen Stechuhr und dem Unterschreiben für eingeschriebene Briefe wurde auch eine GPS-Funktion integriert. Diese sorgte vor allem beim Betriebsrat für Bedenken, der flächendeckende Überwachung oder eine "elektronische Fußfessel" fürchtete.

Um das zu verhindern, wurden die Regeln für die GPS-Funktion in einer Betriebsvereinbarung genau festgeschrieben. So darf die Ortungsfunktion nur mit dem Wissen des Zustellers und maximal drei Mal pro Jahr für je einen Monat aktiviert werden. Dabei geht es jedoch laut Post nicht darum, den "faulen" Zusteller zu entlarven, sondern Probleme im Zustellbereich ausfindig zu machen. Im Bedarfsfall kann das Gebiet für den Zusteller dann angepasst werden.

Ohne Wissen des Zustellers nicht möglich
Eine Überwachung kann auf Wunsch des Zustellers oder Veranlassung eines Vorgesetzten durchgeführt werden. Des weiteren ist eine Automatik vorgesehen, die bei mehr als 100 Überstunden pro Monat eine Überwachung veranlasst. Der Zusteller kann aber nicht ohne sein Wissen überwacht werden, denn um die Funktion zu aktivieren muss er bei Schichtbeginn einen Barcode scannen und er wird stets über ein Symbol auf dem Display auf das GPS-Tracking hingewiesen. Derzeit gibt es zehn Zusteller in Österreich, die eine derartige Überwachung beantragt haben.

Die Erfassung der Standortdaten ist aus Datenschutzgründen relativ grob. Nur alle fünf Minuten werden die aktuellen GPS-Koordinaten abgespeichert. Da die Genauigkeit des GPS-Verfahrens aber sehr stark schwankt, wird das sogenannte Geofencing-Verfahren eingesetzt. Bei diesem wird um eine Adresse ein Bereich definiert. Sobald sich die erfassten GPS-Koordinaten des Zustellers in diesem Bereich befinden, wird diesem die Adresse zugeordnet. Doch selbst dieses Verfahren bot in einem ersten Probelauf innerhalb der Stadt zu wenig Genauigkeit, da ein GPS-Signal nur bei Sichtkontakt zum Himmel zustande kommen kann und Zusteller lange Zeit in großen Wohnhäusern verbringen. Daher wird bereits eine Lösung mit RFID-Tags angedacht, die an den Häusern angebracht werden sollen und durch Berührung mit dem Handheld die Position aufzeichnen.

Übertragung mit WLAN
Die Daten werden am Ende einer Schicht per WLAN übertragen, eine Live-Ortung ist nicht möglich. In Zukunft sollen die Handhelds allerdings mit SIM-Karten ausgestattet werden und hätten so eine mobile Datenverbindung zur Verfügung. Diese soll aber vorerst nur für das präzisere A-GPS sowie eine Notruf-Funktion verwendet werden.

Insgesamt fallen pro Tag knapp ein bis zwei Megabyte an Rohdaten an, die laut Post nach der Auswertung gelöscht werden. Die Daten werden in der Post-Zentrale mit Hilfe eines eigenen Programms analysiert und ausgewertet. Insbesondere die Qualität der Standortdaten muss genau geprüft werden, da diese zeitweise stark abweichen können. Anhand der bereinigten Daten wird dann eine Zeitkurve sowie eine Tabelle mit den Zeiten, die für die einzelnen Wegstrecken benötigt werden, erzeugt. Auf die Auswertung erhält der Mitarbeiter selbst, seine Vorgesetzten und die Personalvertretung Zugriff.

Gesamterfassung möglich
Die Datenschutzfragen waren bis zuletzt unklar, wie auch Hannes Schneller von der Arbeiterkammer sagt: "Es gibt dazu noch keine höchstgerichtliche Entscheidung, die Details müssen aber in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden." Grundsätzlich sei eine derartige Überwachung nur erlaubt, wenn sie einen "höherrangigen Zweck" erfüllt, wie zum Beispiel zu Sicherheitszwecken in einem Geldtransporter. Des weiteren muss es eine Möglichkeit geben, die Funktion während der Pause zu deaktivieren. All diese Punkte seien beim Post-Handheld erfüllt.

"Man könnte von allen 9.000 Zustellern die Positionsdaten erfassen, wenn kein Personenbezug herstellbar wäre, zum Beispiel die Aufbereitung rein nach Bundesländern", sagt Thomas Riesenecker-Caba von der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA). Riesenecker-Caba hat den Betriebsrat bei den Verhandlungen zur Betriebsvereinbarung beraten. Er hält den theoretischen Nutzen für die Post in einem derartigen Szenario aber für zu gering.

Kampf um die Zeit
Die wichtigsten Daten sind die sogenannten Ist-Zeiten, die die benötigte Zeit für das Ausliefern der Post an bestimmten Punkten angeben. In Zukunft soll auch der Vergleich mit den Soll-Zeiten möglich sein, die die optimale Zeit für die einzelnen Punkte anhand von Menge, Zahl der Haushalte und Wegstrecke vorgeben soll. Die Berechnung dieser Soll-Zeit ist jedoch stark umstritten, da die Gewerkschaft fürchtet, dass mit unrealistischen Werten gerechnet wird.

"Für uns ist vor allem wichtig, dass der Zusteller die notwendige Zeit zur Verfügung gestellt bekommt, um sein Zustellgebiet innerhalb von acht Stunden bedienen zu können", sagt Helmut Köstinger, Vorsitzender der Postpersonalvertretung, gegenüber der futurezone. Das Durchschnittsalter der Zusteller liegt derzeit bei 48 Jahren, an starken Tagen müsse "bis zu eine Tonne an Post pro Zusteller" ausgeliefert werden - Werte, die laut Köstinger in der derzeitigen Berechnung der Soll-Zeiten nicht ausreichend berücksichtigt werden. Daher werden sich die Verhandlungen über die Berechnung der Sollzeiten voraussichtlich noch einige Monate hinziehen. "Es wurde auch bisher immer vor Ort überprüft, ob die Bemessung der Zustellgebiete in Ordnung ist. Die Berechnungen sehen in der Realität oftmals anders aus." Ein Umstand, der sich mit Hilfe der Handhelds bessern soll.

Mehr zum Thema

  • Post-Chef: "Ich kann ein Paket nicht beamen"
  • E-Rechnung: Zahlschein aus dem Web
  • Pakete: RFID ist für Post noch Zukunftsmusik

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

mehr lesen
Michael Leitner

Kommentare