© Gerald Reischl

Interview

"Roboter werden unserer Roboter steuern"

Es wird ihn nie geben, den Roboter, der putzt, wäscht, kocht und vielleicht auch noch mit dem Hund spazieren geht. In den 50er Jahren gab es in den USA einen Prototyp, der sich Able Mable nannte und all diese Funktionen hatte. „Es wird aber einen Roboter geben, der andere Roboter kontrolliert“, sagt iRobot-Chef Colin Angle im futurezone-Interview. „Nicht im nächsten Jahr, aber vielleicht schon in sechs Jahren.“ Das Unternehmen iRobot – Weltmarktführer „praktischer Robotertechnologie“ wie etwa Staubsaugroboter - hat einen solchen Roboter Anfang des Jahres präsentiert. Wobei der Begriff Roboter ein wenig übertrieben scheint, weicht seine Erscheinung doch ein wenig von jenen Vorstellungen ab, die Science-Fiction-Autoren oder Entwickler humanoider Roboter haben. AVA, wie Angle seinen Roboter-Butler nennt, ist ein Tablet-Computer, der auf einer sich selbst bewegenden Konstruktion montiert ist. „Mit AVA kann ich über eine App kommunizieren, egal ob ich unterwegs oder daheim bin“, sagt Angle. AVA wiederum leitet die Wünsche des Hausbesitzers an die anderen Roboter weiter. AVA sei einer der ersten „Human Interface Roboter“, die alle Betriebssysteme – egal ob iOs, Windows oder Android – verstehen würden. „Ich gehe davon aus, dass Programmierer, die eine App für Android oder iPhone schreiben können, künftig auch Apps für Roboter schreiben. Es wird eine Explosion neuer Apps geben.“

Die iRobot-Geschichte
14 Jahre bevor Will Smith als Polizist Del Spooner im Film „I, Robot“ gegen Roboter kämpfte, hatte Colin Angle in Boston die iRobot Corp. gegründet. Angle hat am MIT studiert und war dann im Artificial Intelligence Laboratory beschäftigt. Mit zwei Kollegen, Rodney Brooks und Helen Greiner gründete er dann iRobot. Sein erstes Roboter war eine sechsbeinige Spinne. Sein beliebtester Roboter aus Star Wars sind weder C-3PO oder R2-D2, sondern die kleinen schwarzen Reparaturdroiden Serie MSE. Mittlerweile ist Angles Firma zum Weltmarktführer „praktischer Robotertechnologie“ avanciert, iRobot verkauft die meisten Staubsaugroboter weltweit. Anfangs lief das Geschäft noch nicht so prächtig, zu groß war die Skepsis, Arbeiten im Haus einem Roboter zu überlassen, der zudem gar nicht so aussah, wie ihn Science-Fiction-Autoren in ihren Büchern immer zeichneten. Erst 2003, iRobot brachte den ersten Staubsaugroboter, den Roomba auf den Markt, schien der Durchbruch geschafft. Der Roomba war nicht viel größer als ein Teller und etwa so dick wie ein Lexikon. Als nach einem Jahr die Verkäufe einbrachen, kam iRobot ganz zufällig Pepsi zu Hilfe. Pepsi produzierte einen TV-Spot, in dem der Komiker Dave Chappelle „Opfer“ eines Roboters wurde, der dem Roomba zum Verwechseln ähnlich schaute. Und im Werbespot die Hosen von Chapelle schluckt.

Vier bis fünf Roboter pro Haushalt
„In Haushalten wird es im Schnitt vier bis fünf Roboter geben“, schätzt Angle. Schon heute würden in vielen Häusern Putzroboter – sechs Millionen seiner Roomba-Modelle hat iRobots verkauft, Rasenmäh- oder Pool-Roboter eingesetzt. In einigen Jahren werde noch der eine oder andere hinzukommen. Etwa ein Fensterputzroboter, aber der scheint eine technische Herausforderung zu sein. Nicht das Putzen der Glasflächen, sondern wie er sich auf einer senkrechten Glasfläche fortbewegt. Zwar wurde auf der CES Anfang Jänner ein Prototyp eines Fensterputz-Roboters präsentiert, allerdings war er davon wenig überzeugt. „Wir arbeiten nicht konkret an einem Fensterputzroboter, aber wir beschäftigen uns intensiv mit diversen Kletter-Technologien, denn das ist das eigentliche Problem“, erklärt Angle. Mit einer Methode befasst man sich im Forschungszentrum von iRobot ganz intensiv – die Wand/das Fenster wird statisch aufgeladen und dadurch kann ein (leichtes) Gerät nach oben „klettern“. Auch ein Bügelwäsche-Zusammenleg-Roboter würde Angle interessieren. Angle: „ Aber unsere Philosophie ist, wir machen etwas nicht, nur weil es cool ist, sondern es muss einen echten Kundennutzen haben.“

MIT-Absolventen
iRobot beschäftigt nicht weniger als 400 Entwickler, die die bestehenden Modelle verbessern und bereits einen Blick in die Zukunft wagen. Viele der Mitarbeiter stammen von der nahen Technik-Elite-Uni MIT. Angle: „Beim Bauen eines Roboters geht es nicht nur darum, zu wissen, wie Robotik funktioniert, sondern man muss eine Ahnung von der Materie haben, in der der Roboter eingesetzt wird.“ Beispiel Putzroboter: Die Entwicklung des ersten Roomba habe nicht weniger als 12 Jahre gedauert, „weil wir uns Wissen zum Thema Reinigung von Böden aneignen mussten.“ Im Nachsatz: „Außerdem ist es eine Wissenschaft, wie Schmutz aufgesammelt wird.“ Der komplizierteste Part eines Roboters sei aber nach wie vor die Software, denn diese sei letztendlich bei einem Staubsaug-Roboter dafür verantwortlich, dass jeder Abschnitt in einem Raum geputzt wird und dass der Roboter nicht hängen bleibt. „Wer ihn einmal pro Woche befreien muss, pfeift irgendwann einmal auf das Gerät.“

iRobot in Fukushima
Schlagzeilen machte iRobot Anfang des Jahres. Angle schickte zwei Modelle aus seinem Militär-Roboter-Portfolio nach Japan. Der Packbot und der Warrior werden üblicherweise von Militär und auch Polizei zur Bombenentschärfung eingesetzt, in Fukushima sind Packbots, die mit Strahlenmesssystemen und Kameras ausgestattet sind, in die Reaktorgebäude vorgedrungen und haben Daten geliefert. Nach den Packbots waren die Warrior an der Reihe, die iRobot erst vor kurzem vorgestellt hat. Die Roboter wurden aber nicht extra für den Japan-Einsatz adaptiert, sondern einfach in der nächsten Frachtmaschine nach Japan geflogen worden. Die Packbots haben ihre Aufgabe gemeistert, bei den Warriors gab es auf metallischem Untergrund mitunter Probleme beim Kettenantrieb. Angle: „Aber unsere Entwickler haben viel aus diesem Einsatz gelernt.“

Bei der 700er-Serie (ab 550 Euro) der iRobot Roomba-Staubsaugroboter wurde die Putzsystematik komplett verbessert. So wurde eine spezielle Bürste entwickelt, auf der Tierhaare nicht hängen bleiben. Zudem wurden Luftfilter in die Schmutz-Sammelbox integriert. Der iRobot-Hauptmarkt für zivile Roboter ist die EU, vor allem Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande.

Colin Angle als auch die beiden Drehbuch-Autoren von "I,Robot" – Jeff Vintar und Akiva Godsman - hatten Isaacs Asimovs Buch „I, Robot“ zum Vorbild.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare