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Neues Handwerk

Rolf Brillen: "Wir verbinden Technik und Natur"

"Die Leute hinterfragen heute mehr. Sie wollen wissen wo und wie Produkte hergestellt werden", sagt Christian Wolf, Marketing-Leiter von Rolf Brillen. Das Start-up aus dem Tiroler Bergen stellt seit mittlerweile mehr als sechs Jahren Designerbrillen aus Holz her und hat damit weltweit Erfolg.

Rund 10.000 Stück werden jährlich an Kunden in der ganzen Welt verkauft. Demnächst eröffnet das junge Unternehmen, das für seinen Brillen zahlreiche Design-Preise einheimsen konnte, auch ein Geschäft in der Wiener Innenstadt.

Neuartiges Gelenk und Verglasung

Das junge Team hat eine neuartiges Brillengelenk und auch eine eigene Verglasungmethode entwickelt, die auch geschützt wurde. So ist es möglich, dass die Brillen gänzlich ohne Metall und Schrauben gefertigt werden.

"Wir verbinden Technik mit Natur", sagt Marketing-Chef Wolf. Die Brillen werden von der Designerin Marija Iljazovic, die gemeinsam mit Roland Wolf das Unternehmen gegründet hat, auf CAD-Programmen (Computer Aided Design) entworfen und mit einer CNC-Maschine aus Holz gefräst und danach händisch in Kleinarbeit zusammengesetzt.

"Wir haben sehr viele Hightech-Maschinen", sagt Wolf. "Sie sind auf das jeweilige Produkt zugeschnitten und und arbeiten mit unglaublicher Präzsion. Normalerweise werden Zahnimplantate mit solchen Maschinen hergestellt."

Die Technik sei notwendig, um eine gewisse Qualität hinzubekommen. Rund sechs bis acht Stunden dauert die Fertigung einer Brille, entsprechend sind auch die Preise - die günstigsten Modelle kosten rund 700 Euro.

"Finanziell war es ganz schwierig"

Die Idee eines eigenen Brillen-Labels entstand 2007. Zwei Jahre lang tüftelten die Gründer an Design und Fertigungsmethoden, ehe 2009 das Unternehmen gegründet wurde. "Finanziell war es ganz schwierig", erinnert sich Wolf. Die Finanzkrise war im vollen Gange, Kredite gab es für das junge Team nicht. "Der Geldmangel hat sehr viel Kreativität erfordert."

Die ersten Brillen wurden im Keller des Elternhauses gefertigt. Dabei kam unter anderem eine Melkmaschine zum Einsatz. Die Gründer machten sich deren Luftsaugemechanismus für das Pressen von 3D-Modellen zunutze. Mittlerweile wird in einer Fertigungsstätte in Weißenbach produziert.

"Improvisieren und experimentieren"

Mit den Gesetzgemäßigkeiten der Branche war das junge Team bei seinem Start bereits vertraut. Roland Wolf sammelte zuvor bei einem Brillendesigner in Deutschland Erfahrungen. Davon abgesehen hieß es aber improvisieren und experimentieren.

"Die Idee war eine eigene Brillenmarke auf die Beine zu stellen", erzählt Wolf. Das Material Holz stand dabei gar nicht im Vordergrund sondern ergab sich aus der Notwendigkeit. "Für Metall braucht man viele Maschinen. Holz lasse sich im Vergleich dazu relativ schnell fräsen."

Holz sei ein sehr schönes, warmes Material. Für eine Brille, die zwölf Stunden am Tag getragen werde, eigne es sich aufgrund seiner Leichtigkeit sehr gut. Der Vorteil sei, dass man viel reparieren könne. Zum Einsatz kommen 15 verschiedene Holzarten, darunter Ahorn, Buche, Eiche und Pappe. Man wolle aber nicht auf Holzbrillen reduziert werden, sagt Wolf. Als junges Team habe man aber nur mit einem Nischenprodukt Chancen.

Den Durchbruch schaffte das Start-up bei der Optikermesse Slimo 2009 in Paris, wo es für seine Brillen mit einem Innovationspreis ausgezeichnet wurde. "Wir haben den Wettbewerb gewonnen, bevor wir die erste Brille verkauft haben", erinnert sich Wolf.

Innovationsunternehmen

Die Gründer sehen ihr Unternehmen eher als Innovations- und Designunternehmen, denn als Handwerksbetrieb. Von den heute 48 Mitarbeitern arbeiten vier bis fünf in der Forschung und Entwicklung - für ein Unternehmen dieser Größenordnung ist dies ein ungewöhnlich hoher Anteil.

Als weltweit erstes Unternehmen setzt das Rolf-Team zur Brillenfertigung seit einiger Zeit auch Schiefer - in Kombination mit Holz - ein. Vor zwei Jahren wurde auch eine eigene Hornbrille entwickelt. "Wir bauen auf Innovationen", sagt Wolf. Anders könne man sich in Europa gegenüber den Mitbewerbern nicht durchsetzen. Zur Entwicklung neuer Produkte und Fertigungsmethoden bewirbt sich Rolf Brillen auch immer wieder um Förderungen. Unterstützt wurde das junge Unternehmen unter anderem von der Förderbank Austria Wirtschaftservice Gesellschaft (AWS).

Produziert wird, so es möglich ist, mit Ressourcen aus der Region. Die CNC-Maschinen stammen aus dem benachbarten Allgäu. Brillen und Etuis werden in Tirol entworfen und zusammengesetzt. Das Holz wird so weit wie möglich von deutschen und österreichischen händlern bezogen, das Horn aus Indien.

Schlichtes Design

Beim Design setzt man auf schlichte Formen. Bei der Formgebung lässt sich das Team von alten Autos inspirieren. "Wir sind alle in alte Autos verschossen. Das ist unsere Leidenschaft."

Verkauft werden die Brillen des Tiroler Start-ups in alle Welt, der Exportanteil überwiegt bei weitem. Besonders starke Märkte sind die Schweiz, Belgien, Holland und Deutschland, aber auch Asien. Derzeit versucht das Start-up auch in den USA Fuß zu fassen.

Nachdem bereits vor einigen Jahren in einer alten Tankestelle im Tiroler Ört Reutte ein Rolf-Shop eröffnet wurde, soll Anfang des kommenden Jahres ein Flagship-Store in der Wiener Innenstadt folgen. Dafür wird gerade eine acht Quadratmeter große alte Schildermacherein in der Nähe des Franziskanerplatzes adaptiert.

Accessoires

In den nächsten Jahren will man weiterhin gesund wachsen und neue Märkte erschließen. Man sei auch nicht abgeneigt in andere Branchen hineinzuschnuppern, meint Wolf. Schon heute fertige man die Etuis für die Brillen selber. Es sei naheliegend auch Möbel oder andere Gegenstände des Alltags zu fertigen. "Wir haben unsere Marke aufgebaut und wollen nun auch Accessoires probieren. Wenn wir es schaffen aus Holz und Stein Brillen zu fertigen, schaffen wir auch andere Sachen."

Das Handwerk erlebt eine Renaissance. Leute interessieren sich wieder für materielle Dinge. In der Serie "Neues Handwerk" porträtiert die futurezone junge Unternehmen, die nachhaltig und mit lokalen Ressourcen produzieren und damit erfolgreich sind.

Bisher erschienen:
Ein Entschleunigungsbett für die Generation Web

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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