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Start-up-Geschichten

SocialSpiel: "Es muss gratis und im Browser sein"

Abalone in Rot-Grün - das österreichische Online-Spiel “Push”, dass kürzlich mit dem Multimedia-Staatspreis gekürt wurde (futurezone berichtete), so zu beschreiben, käme einer starken Verkürzung gleich. Denn anders als das beliebte Brettspiel mit den weißen und schwarzen Kugeln findet “Push” nicht am Tisch, sondern auf der “Facebook Platform” statt. “Der große Unterschied ist, dass man viel schneller und einfacher einen Spielpartner findet”, sagt Helmut Hutterer, dessen Wiener Start-up SocialSpiel für den ausgezeichneten Titel verantwortlich zeichnet. ““Ansonsten haben wir versucht, dem ganzen Style und Flair zu verpassen.” Eine Bestenliste soll die Nutzer zum Üben beim strategischen Verschieben der roten und grünen Bälle anspornen, wer sich einen Spielvorteil erkaufen will, tauscht Bares gegen “Special Moves”.

Neu erfunden hat man das Denkspiel-Genre nicht, aber über virale Verbreitungswege (Facebook-Freunde) konnte Push in wenigen Monaten Hundertausende Nutzer begeistern. Probleme mit dem Spielzeugriesen Hasbro, dem Abalone heute gehört, werde man keine bekommen, so Hutterer. Spielregeln könnten ohnehin nicht patentiert werden, und das Patent auf das charakteristische sechseckige Spielbrett sei bereits abgelaufen.

Zwar hat SocialSpiel keinen Geldpreis beim Multimedia-Staatspreis gemacht, aus Marketing-Sicht lässt sich der Erfolg aber bestens verwerten - auch in Hinblick auf die nächsten Games, die das derzeit fünfköpfige Team in Planung hat. Über neue Technologien (HTML5), Vertriebswege (App Stores) und Plattformen (Konsolen) denkt man bei SocialSpiel zwar nach, aber vorerst gilt Hutterers Prämisse: “Es muss gratis und im Browser sein.”

Werbung und Micropayments
Helmut Hutterer selbst ist Off- und Online-Gamer (“Warhammer!”, “World of Warcraft!”) und ein Altgedienter (“kein Urgestein!”) der österreichischer Spiele-Szene. In den vergangenen elf Jahren arbeitete er unter anderem für Spielefirmen wie neo Software, Deep Silver Vienna, Rockstar Vienna oder GamesThatMatter. Konsolenspiele seien im Vergleich zu Online-Games für Online-Netzwerke konzeptionell nicht “großartig anders”. “Aber das Business-Modell steckt in dem Spiel drinnen”, sagt Hutterer. “Ein Konsolenspiel steht im Geschäft und wird verkauft, eine Social Game ist eigentlich ein Service.” So würden Monetarisierung und virale Verbreitung direkt mit dem Titel selbst zusammenhängen. “In der herkömmlichen Spielentwicklung sind die Developer extrem weit weg vom Business und vom Marketing, bei Social Games sind sie viel näher am Konsumenten.”

“Push” wird einerseits über Werbeeinblendungen und andererseits über Micropayments monetarisiert. “Der Wille von Konsumenten, für virtuelle Güter zu bezahlen, wird immer größer”, sagt Hutterer. Während man beim ersten Titel “Push” noch mit Anzeigen experimentiert wird, soll das nächste SocialSpiel-Projekt voll auf Micropayments setzen. Das Facebook-Game wird im Rollenspiel-Genre angesiedelt sein und  die virtuelle Währung “Facebook Credits” forcieren. Bei Push würden noch die Bezahlmethoden “Pay-perCall” und Pay-per-SMS” vorrangig genutzt werden. Die “Credits” von Facebook zu unterstützen, hat aber gerade für eine kleine Firma wie SocialSpiel Vorteile, weil ihre Apps dann vorrangig auf der Facebook Platform beworben werden. “Das ist enorm reizvoll.”

Die Nutzerdaten
Wenn Facebook-Nutzer“Push” gratis spielen möchten, müssen sie SocialSpiel den Zugriff auf eine ganze Reihe von Daten geben: Name, Profilbild, Geschlecht, Netzwerke, Nutzerkennnummer, Freundesliste und alle anderen Informationen, die man „Allen“ zugänglich macht, dürfen von den SocialSpiel-Servern abgegriffen werden. “Wir verwenden die Daten der Nutzer ausschließlich dazu, um das Spiel zu verbessern”, sagt Hutterer. “Es ist nicht so, dass wir eMail-Adressen sammeln und weiterverkaufen.” Für jeden Spieler von “Push” wird ein Eintrag auf den SocialSpiel-Servern gemacht, der grundlegende Informationen wie Name, Geschlecht oder Herkunftsland speichert. Wenn man zusätzliche Daten über die Nutzer für Spielfunktionen braucht, werden diese von Facebook-Servern bezogen. “Man kann sehr leicht auf eine Masse von Daten zugreifen, das Schwierige ist aber, sie so zu interpretieren, dass sie dem eigenen Business nutzen.”

Abhängig von Plattformen
Facebook ist so groß und allgegenwärtig, ich denke nicht, dass es in den nächsten fünf Jahren wieder weggehen wird”, sagt Hutterer. Allerdings sollte man kleinere Online-Netzwerke nicht unterschätzen. Während “Push” in einem guten Monat bei Facebook 160.000 Nutzer habe, komme man bei Hi5, wo Push ebenfalls verfügbar ist, zu Bestzeiten immerhin auf 75.000 User. Auch Hyves in den Niederlanden, Netlog aus Belgien, die VZ-Netzwerke in Deutschland oder VKontakte in Russland seien interessant. “Was die Entwicklung einer App angeht, ist Facebook derzeit aber mit Sicherheit die einfachste Plattform”, so Hutterer. So würde sich ein eigener Account-Manager der US-Firma um Probleme von SocialSpiel kümmern. Auch wenn viele andere Platformen auf de Standard “OpenSocial” setzen würde, wäre das kein Garant für eine einfache Portierung, da “jede Plattform ihr eigenes Süppchen” kochen würde.

Ziel ist für SocialSpiel aber definitiv, außerhalb von Online-Netzwerken auf eigenen Beinen stehen zu können. Derzeit ist das Start-up aber noch von den Communities bei Facebook und Hi5 abhängig. Wenn man eine kritische Masse an Nutzern erreicht, werden die Games aber auch auf eigenen Webseiten und ohne Facebook-Account spielbar sein. Entsprechende URLs sind bereits reserviert. Apps für Tablets und Smartphones sind ebenfalls längst angedacht, Vorrang hat momentan aber das nächste Facebook-Spiel, das im Mai präsentiert werden soll.

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