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Netidee

Technik und Internet in der Volksschule

"Bildung ist in Österreich ein Notstandsthema", sagte Rupert Nagler, Stiftungsvorstand der IPA, bei der Präsentation der zehn besten "netidee"-Projekte in Wien. Aus über 40 Einreichungen wurden die Sieger ausgewählt, deren Ideen nun mit Beträgen zwischen 2000 und 50.000 Euro gefördert werden. Insgesamt beträgt die Fördersumme eine halbe Million Euro, die von der Stiftung zur Verfügung gestellt wird.

Die einzige Bedingung dabei: Die Projekte müssen auf Open-Source-Basis konzipiert sein und alle Ergebnisse müssen von den Projekt-Teilnehmern dokumentiert und im Internet frei zugänglich gemacht werden. "Auch andere sollen aus den Erkenntnissen lernen können", fügte Sabine Fleischmann, Mitglied des Förderbeirats, hinzu.

Welche Projekte gefördert werden
Die geförderten Projekte reichen von Wissensspielen für alle Altersstufen bis hin zu WebWheeling, einer Podcast-Reihe, die Kulturwissenschaftlern ermöglichen soll, ihre Forschungsarbeit einem breiten Publikum zu vermitteln. Manche Projekte setzen beim Thema Bildung, Technik und Internet bereits im Volksschulalter an.

Bei dem Projekt "Technikbasteln" werden die Kinder der dritten und vierten Klasse Volksschule zu Hauptakteuren. Tanja Kohn und Christoph Derndorfer von OLPC Austria wollen in interaktiven Workshops an Schulen Technik und Informationstechnologien begreifbar machen. Dazu sollen etwa OLPC-Rechner zerlegt und wieder zusammengebastelt werden, aber auch die Funktionsweise von Mobiltelefonen, GPS, der sichere Umgang und der Aufbau des Internets erklärt werden.

Bildhafte Beschreibungen
"Es reicht nicht, wenn man in der Oberstufe des Gymnasiums eine Stunde Informatikunterricht bekommt. Das Internet ist mittlerweile eine Kulturtechnik, die man schon sehr früh vermitteln muss", erklärte Derndorfer der futurezone die Idee hinter dem Projekt. "Man kann etwa den Datenfluss im PC anhand von kleinen Flüssen erklären, oder die Festplatte mit einem Kornspeicher vergleichen, den man auffüllt und bei Bedarf auf die Vorräte zugreifen kann", versucht Derndorfer den spielerischen Zugang für Volksschulkinder zu vermitteln.

Derzeit sei man gerade dabei, das Konzept und die einzelnen Lektionen auszuarbeiten. Am Ende wird alles dokumentiert und die Materialien werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. "Damit auch andere Lehrer ihren Schülern im Unterricht beibringen können, wie Technik funktioniert," so Derndorfer.

Mathematik individuell lernen
Martin Ebner von der TU Graz will den Schülern die Grundlagen der Mathematik schmackhaft machen und hat einen "intelligenten 1x1-Trainer" für Schüler der zweiten bis vierten Klasse Volksschule entwickelt. "Mit neuen Kommunikationstools lässt es sich individueller und variantenreicher entwickeln", betonte Ebner. Der entwickelte Einmaleins-Rechner passt sich durch einen intelligenten Algorithmus der individuellen Lerngeschwindigkeit der Schüler an und bietet auf diesem Weg gezielte Aufgaben an. So wird etwa ermittelt, wie lange der Schüler zum Lösen einer Aufgabe braucht, oder in welchem Bereich er noch Defizite aufweist.

Der Einmaleins-Trainer ist bereits als iPhone-, iPad- und Android-App sowie als mobile Webplattform verfügbar. "Derzeit gibt es noch keine statistische Analyse für die Lehrenden", erklärte Ebner. Diese werde im Rahmen der Förderung im Hintergrund eingebaut. Der Plan ist, das Programm allen Schulen in ganz Österreich zur Verfügung zu stellen. "Wir hoffen darauf, dass wir übers Ministerium Einladungen zu Workshops verschicken können. Natürlich arbeiten wir parallel dazu am Aufbau einer Community", erzählte Ebner.

Lernerfolg mit iPads ist höher

Klassenblog zur Kommunikation
Ebenfalls mit Volksschulkindern beschäftigt sich das Projekt von Barbara Zuliani, die mithilfe der Förderung 23 iPads für ihre Schüler anschaffen konnte. Mithilfe des iPads lernen die Schüler der Montessori-Schule Breitenlee nicht nur, wie man malt, schreibt oder rechnet (die futurezone hat berichtet), sondern betreuen auch den Klassenblog, der als "Herz der Kommunikation" zwischen Eltern, Schülern und Lehrerin gilt.

"Unsere Eltern fragen sich häufig, wie sie den Kontakt zur Schule halten können. Bei uns wird der Klassenblog als Kommunikationsdrehscheibe genutzt", erklärte Zuliani. Den Kindern macht es zudem sichtlich Spaß, über den Blog zu kommunizieren. "Ich lese gerne die Kommentare und schreibe zurück", meinte der Schüler Michi.

Projektförderungen notwendig
Doch was in Österreich mittels Projektförderung und in Schulversuchen passiert und nur durch das persönliche Engagement von einigen, wenigen Lehrern möglich wird, ist beispielsweise in Uruguay ganz normal. Dort kommen auf 3,5 Millionen Einwohner eine halbe Million OLPC-Laptops für die Volksschulkinder und ein achtundneunzig prozentiger Internetzugang, berichtete Derndorfer.

Dieser spricht sich dafür aus, dass es neben lobenswerten Förder-Initiativen wie der "netidee" auch vom Unterrichtsministerium mehr Unterstützung in diesem Bereich geben sollte. Bis dahin sind derartige Förderungen enorm wichtig. "Wir wollen mit unserer Förderung einen entscheidenden Beitrag leisten, um das heimische Bildungssystem zu verbessern", erklärte Nagler.

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netidee:
Die "netidee" zählt bereits zu einem Fixpunkt in der österreichischen Förderlandschaft. Es wurden in den vergangenen sechs Jahren bereits über 85 innovative Internetprojekte gefördert.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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