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Analyse

Twitter in der Abwärtsspirale

Twitter hat aktuelle Zahlen zu seinen Nutzern und Finanzen präsentiert. Die Anzahl der aktiven Twitterer ist im Schlussquartal 2015 von 307 auf 305 Millionen gefallen. Es ist das erste Mal seit dem Börsengang 2013, dass der Dienst nicht gewachsen ist. Bei einem Umsatz von 710 Millionen Dollar musste Twitter, das sein Geld mit Werbung verdient, außerdem einen Verlust von 90 Millionen Dollar hinnehmen. Aktionäre werden zunehmend nervös, erst vergangene Woche erreichte das Papier ein Rekordtief.

Die jüngsten Zahlen sorgten aber wieder für negative Stimmung, zu Börsenschluss pendelte sich die Aktie bei einem Wert von 14,98 Dollar ein. Zu Spitzenzeiten lag der Preis noch bei 69 Dollar. Ob sich die Abwärtsspirale, in der sich Twitter derzeit befindet, noch aufhalten lässt, ist derzeit noch unklar, wie Social-Media-Expertin und Geschäftsführerin der Agentur Digital Affairs Judith Denkmayr im Gespräch mit der futurezone erklärt: „Twitter hat das Business nie so verstanden, wie etwa Mark Zuckerberg mit Facebook“, so Denkmayr.

Langsame Entwicklung

Viele Neuerungen für die Werbetreibenden, kamen viel zu spät. „Man hat viel zu lange gebraucht, um entsprechende Analysemodelle für seine Tweets zur Verfügung zu stellen“, so Denkmayr. Zwar wurden viele vielversprechende Unternehmen und Technologien zugekauft, deren Produkte und Know-how wurde aber viel zu zögerlich in Twitter integriert. Als Beispiel nennt sie etwa das Start-up Bluefin Labs, das Twitter 2013 um 100 Millionen Dollar aufgekauft hat.

Das hat dazu geführt, dass Twitter in wichtigen Märkten für Unternehmen und Werbetreibende immer weniger interessant wurde. „An Facebook kommt man derzeit nicht vorbei, an Twitter jedoch sehr leicht“, so die Social-Media-Expertin.

Wenig junge Nutzer

Erschwerend komme hinzu, dass dem Dienst auch die jüngere Zielgruppe wegbricht. Diese ist eher bei den Foto-Diensten Snapchat oder Instagram zu finden. Ob sich der negative Trend mit den angekündigten Umstrukturierungen aufhalten lässt, ist fraglich. Twitter will Nachrichten wahlweise nicht mehr strikt chronologisch anzeigen. Ähnlich wie bei Facebook wird es in Zukunft die Möglichkeit geben, die Tweets automatisch nach Relevanz sortieren zu lassen. Für eine bessere Übersicht, heißt es. Gleichzeitig will man aber auch die Werbemöglichkeiten ausbauen. „Das wird bestimmt etwas mehr Geld bringen“, so Denkmayr.

Bei den Nutzern kam die Änderung nicht gut an, es häuften sich die Beschwerden darüber. „Das darf man nicht überbewerten, erklärt Denkmayr, das gab es bei Facebook auch immer wieder.“ Ein wichtiger Unterschied besteht aber: „Twitter steht aktuell wesentlich stärker unter Druck.“

In manchen Märkten erfolgreich

Trotz den Rückgangs an Nutzer hat Twitter noch einige Märkte, in denen der Dienst stark ist. „In Dänemark oder im arabischen Bereich wird Twitter teilweise nach wie vor sehr stark genutzt und ist sehr wichtig“, so Denkmayr. „Ich glaube, dass es ein paar Märkte gibt, in denen sie gewinnbringend wirtschaften können. Es würde nicht schaden, sich auf die zu konzentrieren.“

Eine steigende Nutzerzahl sei für ein gewinnbringendes Wirtschaften nicht unbedingt notwendig. Denkmayr verweist hier auf Xing, die trotz seit Jahren stagnierender Nutzerzahl Gewinne schreiben. „Der Unterschied ist, Xing hat ein solides Geschäftsmodell.“

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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