Die FPÖ scheint besonders anfällig für Aprilscherze zu sein. Neben dem Klubobmann fiel auch FPÖ-Landesparteisekretär Hans-Jörg Jenewein auf herein. Diese forderte "Social Media Kernzeiten für politische Parteien", die Parteiauftritte auf Facebook und Twitter sollten nur zwischen 8 und 17 Uhr erreichbar sein. Jenewein sei für den Vorschlag nicht zu haben, . Jetzt müsste er nur noch stimmen.
Die FPÖ scheint besonders anfällig für Aprilscherze zu sein. Neben dem Klubobmann fiel auch FPÖ-Landesparteisekretär Hans-Jörg Jenewein auf einen Aprilscherz der SPÖ herein. Diese forderte "Social Media Kernzeiten für politische Parteien", die Parteiauftritte auf Facebook und Twitter sollten nur zwischen 8 und 17 Uhr erreichbar sein. Jenewein sei für den Vorschlag nicht zu haben, er sei "Überregulierung und Selbstzensur". Jetzt müsste er nur noch stimmen.
© Gregor Gruber

NR-Wahl 2013

Wahlkampf im Web: "Parteien machen viel falsch"

„Man kann seit Obama ganz sicher sagen, dass soziale Medien enormen Einfluss auf das Abschneiden von Parteien haben können", meint Heinz Wittenbrink, Medienexperte der FH Joanneum, gegenüber der futurezone. Der österreichische Traum vom erfolgreichen amerikanischen Wahlkampf, lässt sich dennoch nicht so einfach verwirklichen. Werbe- und Kommunikationsstrategien, die den Parteien seit jeher bekannt sind und in Massenmedien funktionieren, erweisen sich in sozialen Netzwerken oft als Flop. Dazu komme, dass man in Österreich aus demographischen und aus Budgetgründen nicht sehr experimentierfreudig sei, meint Digital Affairs-Geschäftsführerin Judith Denkmayr.

Viel Nachholbedarf
Aus der Sicht von Karim Bannour, Geschäftsführer der Agentur viermalvier.at, waren Obamas Wahlkämpfe stark geprägt von der Involvierung der Wähler, vom Fundraising über das Agenda-Setting bis zur finalen Mobilisierung der Nachbarn. „Alles ging von lokalen Zellen aus, jeder der Aktivisten hatte das Gefühl, Teil von etwas Wichtigem zu sein. Davon waren wir in Österreich noch nie so weit weg wie heute". Um Wähler zu Multiplikatoren zu machen, gelte es „bereits vor dem Wahlkampf genau hinzuhören, was die Menschen bewegt und sie vor allem beim Agenda-Setting ernst zu nehmen", so der Social-Media-Experte weiter. Berücksichtigt werden muss auch „die in Österreich viel hierarchischere und ausgeprägtere Parteikultur sowie die völlig andere Medienkultur. So etwas wie Obama es geschafft hat, ist nur schwer in Österreich möglich".

Dazu komme, dass die Parteien in den vergangenen Jahren nicht viel dazugelernt hätten. „Leider hat sich seit dem Nationalratswahlkampf 2008 nicht viel geändert. Die österreichischen Parteien begreifen Social Media immer noch nur als lästige Pflichtaufgabe und nicht als ernstzunehmendes Medium, um mit Wählern in Kontakt zu treten“, erklärt Bannour. Social Media werde im Wahlkampf zwar punktuell stärker eingesetzt, aber leider oft falsch. So würden die Parteien oft den Fehler machen, einfach eine Pressemeldung und parteibuchkonforme Aussage nach der anderen rauszuschießen. „So etwas funktioniert auf Facebook und Twitter aber nicht."

19- bis 49-jährige Spätentschlossene erreichen
Laut Denkmayr ist es netzwerkabhängig, welche konkrete Zielgruppe man via Social Media erreicht: „Am stärksten sicher die Zielgruppe 19 bis 49. Die ganz Jungen sind beispielsweise weniger auf Facebook oder Twitter, die erreicht man aber eventuell via Youtube". Auch die Zielgruppe 49+ erreiche man mittlerweile immer stärker auch über das Social Web – wenngleich diese auch weiterhin von den etablierten Kanälen wie Zeitungen, Plakate, TV angesprochen werden.

„Besonders bei den Zielgruppen der „Wechselwähler" oder „Late-Decider" ist es wichtig, sie über alle möglichen Wege anzusprechen, zu überzeugen und zur Wahlurne zu bewegen. Die Wahrscheinlichkeit dass man über aufmerksamkeitserregende Inhalte stolpert, ist via Social Media wesentlich größer als über klassische Medien, welche die Inhalte naturgemäß filtern", meint dazu Bannour.

Beliebt und viel genutzt: Facebook und Twitter
Facebook und Twitter sind aufgrund ihrer starken Verbreitung und Reichweite jene Netzwerke, die von allen neun befragten Parteien genutzt werden. Auf Google+ sind mit ÖVP, Grünen, der Piratenpartei und dem Team Stronach immerhin noch vier Parteien vertreten, die anderen genannten Plattformen (Youtube, Flickr, Tumblr, Instagram, Delicious) werden nur von wenigen Parteien genutzt. Die Piratenpartei würde „gerne auf andere, dem Datenschutz besser Rechnung tragende Dienste umsteigen – nur gibt es dort bislang kaum eine Userbase".

Die Herangehensweisen, wer innerhalb einer Partei für die Betreuung der Social-Media-Kanäle zuständig ist, unterscheiden sich voneinander. Teilweise sind Teams bzw. Mitarbeiter dafür verantwortlich (SPÖ, ÖVP, NEOS, Team Stronach), einzelne Aktivisten, die sich dafür lose vernetzen (KPÖ, Piratenpartei) oder Politiker selbst, die sich die Betreuung mit Mitarbeitern teilen (FPÖ, BZÖ, Grüne). Die SPÖ nimmt im Wahlkampf zusätzlich Beratung durch eine Agentur in Anspruch.

Aktuelle Aktivitäten der Parteien
Nach einem missglückten Facebook-Start der SPÖ im Jahr 2011 mit dem Auftritt von Bundeskanzler Werner Faymann machte die Partei Schlagzeilen. Auch wenn sich einiges verbessert habe und die implizite Botschaft nicht mehr „Hier spricht der Kanzler – ihr habt hier nichts zu sagen" sei, werden die Onlinekanäle bis heute dafür genutzt, um die für traditionelle Medien aufbereiteten Botschaften zu senden, so der Kommunikationsstratege Yussi Pick in seinem Buch „Das Echo-Prinzip".

Die SPÖ-Nationalratsabgeordnete Sonja Ablinger sieht Wittenbrink als einen der „Ausnahmefälle, die Social Media zur bidirektionalen Kommunikation und zur organisierten Mobilisierung" nutzen. Ablinger hat keine Facebook-Seite, sondern einen privaten Account, auf dem sie über 3.300 Freunde und knapp 350 Follower aufweisen kann und User-Einträge oft kommentiert.

ÖVP
Als recht aktiv auf Facebook stuft Denkmayr die ÖVP ein. Die Partei konzentriert sich laut der Expertin bislang aber „sehr auf Display-Werbung auf Facebook, wo man für eine Vielzahl an Facebook-Seiten von ÖVP-Protagonisten versucht, Fans zu generieren. Ob man für diese Seiten auch relevante Inhalte hat und nicht nur dieselben Inhalte auf allen Kanälen spielt, wird man noch sehen". Mit dem Werbevideo von Sebastian Kurz ist die Partei allerdings bereits zu Beginn des Wahlkampfs negativ aufgefallen. „Mit Fake-Zeitungsheadlines und -Userkommentaren gewinnt man nicht unbedingt Wählervertrauen", so Denkmayr.

Grüne
Sehr aktiv sind für Denkmayr auch die Grünen, die sich nicht zuletzt durch ihre „Part of the Game"-App klar positioniert hätten, und auch inhaltlich schnell auf Anfragen reagieren würden. Einer der wenigen am ehesten gelungenen Auftritte ist für Bannour jener von Eva Glawischnig. Die Politikerin hat 7.600 Fans auf Facebook. Als weitere Grüne-Politiker, die soziale Medien richtig zur zweiseitigen Kommunikation einsetzen, nennt Wittenbrink Christoph Chorherr, Marko Schreuder und Michel Reimon. Letztgenannter hat Anfang August auf seinem Blog erklärt, dass er aufgrund der unfairen Methoden und einfach abzugebenden beleidigenden Kommentare auf Facebook lieber Twitter nutze.

NEOS und Piraten
Für Denkmayr sind auch die NEOS ein „gutes Beispiel, die in Ermangelung von großen Budgets ihre Ressourcen sehr stark auf Social Media konzentrieren. Da tut sich viel. Durch kreative Inhalte lässt sich erahnen, wie die Menschen sind, die dahinter stecken." Dass die NEOS ein positives Beispiel sind, hängt laut Wittenbrink „auch damit zusammen, dass einige ihrer Vertreter immer schon auf diesen Plattformen unterwegs waren". Dazu zählen unter anderem der Kommunikationsprofi Stefan Egger und Super-Fi-Gründer Niko Alm. Laut Wittenbrink ähneln die Piraten in der Art der Social-Media-Auftritte den NEOS, „allerdings erreichen sie wohl eine andere, kleinere Szene und sind weiter vom Mainstream entfernt".

FPÖ
Auch die FPÖ zeigt mit dem Facebook-Auftritt von HC Strache, wer dahinter steckt, „wenn auch inhaltlich wesentlich kontroverser. Da könnte es ein Problem sein, dass sich alles nur auf die Person HC Strache konzentriert, die Partei selbst aber wenig sichtbar oder spürbar ist. Es steht und fällt also alles mit einer Person und die Sympathie der Wähler mit ebendieser", so Denkmayr. Da der Facebook-Auftritt von Strache mit über 130.000 Fans vorübergehend gesperrt wurde, hat der FPÖ-Obmann für den Wahlkampf eine neue Facebook-Seite angelegt, die unter dem Namen „HC Strache 2013" geführt wird. Beide Seiten werden nun parallel verwendet, viele der Inhalte sind redundant.

Die FPÖ scheint besonders anfällig für Aprilscherze zu sein. Neben dem Klubobmann fiel auch FPÖ-Landesparteisekretär Hans-Jörg Jenewein auf einen Aprilscherz der SPÖ herein. Diese forderte "Social Media Kernzeiten für politische Parteien", die Parteiauftritte auf Facebook und Twitter sollten nur zwischen 8 und 17 Uhr erreichbar sein. Jenewein sei für den Vorschlag nicht zu haben, er sei "Überregulierung und Selbstzensur". Jetzt müsste er nur noch stimmen.

Follower-Anzahl
Die Anzahl der Follower, die die Parteien auf Facebook aufweisen können, unterscheidet sich stark. HC Strache führt mit über 130.000 Fans, Team Stronach und NEOS folgen mit 25.400 bzw. 23.700 Fans. 17.500 Fans haben die Grünen, 14.300 die SPÖ sowie 11.600 die ÖVP. 5.000 Likes kann die Piratenpartei aufweisen, 2.400 die KPÖ. Weit abgeschlagen liegt das BZÖ mit knapp 500 Fans.

Keine User-Postings auf Facebook lassen HC Strache und die KPÖ zu, auf die Seite der Grünen kann man zwar prinzipiell posten, die Postings anderer jedoch nicht sehen. Durchgehend keine Reaktion seitens der Partei gibt es auf Postings auf der ÖVP-Seite, die SPÖ nimmt großteils nur zu ihren türkischsprachigen Werbeplakaten, in immer sehr ähnlichem Wortlaut, Stellung. Vereinzelte Reaktionen gibt es vom BZÖ. Rasch, sehr locker und persönlich antwortet das Team Stronach. Nicht auf alle Postings reagieren NEOS und die Piratenpartei, wenn sie jedoch antworten, tun sie das sehr ausführlich.

Zweierlei kritische Stimmen
Postings und Kommentare im Social Web sind nicht selten kritisch. Unterschieden werden muss bei Kritik zwischen ernsthafter, berechtigter Kritik von Otto Normalwähler und jener, die von Parteisoldaten der Konkurrenz angebracht wird. Laut Bannour „wiederholen sich viele Kritiken, scheinen also auf der Agenda der Menschen ganz oben zu stehen. Social Media könnte über kurze Wege zum Agenda-Setting beitragen und so die Problemlösungskompetenzen der Parteien im Idealfall verstärken."

Bei parteimotivierter Kritik empfiehlt Denkmayr, kurz und prägnant Falschbehauptungen auszuräumen oder eben sachlich zu kommentieren und sich nicht provozieren zu lassen. Also keine sogenannten „Flame wars" zu führen. „Das empfinden einige Insider sicher als sehr unterhaltsam, aber eigentlich kann man dadurch nichts gewinnen. Ich bezweifle, dass Parteienhickhack im Facebook Stream der Wähler zu mehr Vertrauen in die Politiker und gar zum Wählen motiviert, sondern eher die Politikverdrossenheit fördert", so Denkmayr.

Einfluss auf das Wahlergebnis möglich
Ob die Social-Media-Nutzung der Parteien im laufenden Wahlkampf erstmals auch in Österreich einen spürbaren Einfluss auf das Ergebnis der österreichischen Nationalratswahl haben wird, trauen sich die Experten noch nicht zu sagen. „Soziale Medien sind immer nur ein Faktor und abhängig von anderen Faktoren. Es gibt sicher nicht einfach eine 1:1-Beziehung zwischen der Verwendung von sozialen Medien und dem Wahlerfolg", so Wittenbrink. Dennoch spiele Social Media im aktuellen Wahlkampf definitiv eine deutlich größere Rolle als bisher.

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