Autopilot

Warum wir für selbstfahrende Autos noch nicht bereit sind

Der tödliche Unfall des Tesla Model S mit aktiviertem Autopilot-Modus wirft zahlreiche Fragen auf. Während die Ermittler und Tesla vorrangig daran interessiert sind, wie es zu dem Unfall kommen konnte, stellen viele Experten mittlerweile eine andere Frage: Hat Tesla mit dem Autopiloten einen Fehler begangen? Bereits bei der Veröffentlichung des „Autopilot“-Features kamen erste Zweifel auf.

Zahlreiche Tesla-Besitzer stellten die Technologie auf die Probe und ließen sich dabei filmen, wie sie während der Fahrt schliefen, Brettspiele spielten oder sich anderweitig beschäftigten. Selbst Talulah Riley, Musks Ehefrau, veröffentlichte ein Video auf Instagram, auf dem sie den Autopiloten verwendet ohne dabei die Hände am Steuer zu haben. Das Video wurde rasch wieder entfernt.

Klarstellen, was möglich ist

Ein Umstand, der auch im aktuellen Fall eine Rolle spielen könnte. Denn der Fahrer soll laut der Polizei einen tragbaren DVD-Player besessen haben, der im Wrack gefunden wurde. Ob er diesen auch vor dem Unfall verwendete und so zu stark vom Straßenverkehr abgelenkt war, ist jedoch unklar. Ungeachtet dessen scheinen viele Fahrer dem eigentlich semi-autonomen System zu stark zu vertrauen, obwohl Tesla selbst in seiner Anleitung davor warnt, dass das System bei starkem Regen, Nebel oder direktem Sonnenlicht nicht zuverlässig funktioniert.

Laut Karl Brauer, Analyst bei Kelley Blue Book, muss Musk den Hype etwas eindämmen und klarstellen, wozu die aktuellen Fahrzeuge fähig sind: „Das sind keine selbstfahrenden Autos, das sind Fahrassistenzsysteme. Honda und Toyota haben das bereits von Tag eins an klargestellt. Das ist wirklich wichtig.“ Derzeit bekommen die Konsumenten aber keine klare Antwort. Musk selbst sagte, dass der „Autopilot“ bereits besser fährt als ein Mensch. Zudem verweist Tesla auf die Statistik: Üblicherweise passiert alle 94 Millionen Meilen ein tödlicher Unfall, Teslas Autopilot überstand 130 Millionen Meilen ohne tödlichen Zwischenfall.

Warten, bis alles perfekt ist

„Es konnte alles etwas zweideutig verstanden werden. Einerseits wird verlangt, dass der Fahrer stets aufmerksam sein soll und alle Funktionen noch in der Beta-Phase stecken, doch andererseits gibt es dann wieder Aussagen, dass das Auto vermutlich besser als ein Mensch fährt“, so Brauer gegenüber dem Guardian. Dieses Problem vermeiden Hersteller wie Mercedes, Honda, Toyota oder Volvo, indem sie den Begriff „selbstfahrend“ vermeiden und stattdessen von „Fahrerassistenzsystemen“ sprechen.

„Das große Problem ist, dass derartige Zwischenfälle, wie bei diesem Unfall so unregelmäßig passieren“, erklärt Bryant Walker Smith von der University of South Carolina. “Man nehme an, ein Auto könne 99 Prozent der möglichen Situationen abdecken, aber nicht 100 Prozent - dann sind wir einfach noch nicht bereit für dieses eine Prozent. Wir haben bereits jetzt Probleme mit Unterstimulation. Vielen Menschen wird langweilig und sie fangen an, SMS zu schreiben oder DVDs zu schauen.“

Menschen sind zu naiv

„Dieser Unfall zeigt, dass den Menschen die Möglichkeiten und Grenzen dieser Fahrzeuge nicht bewusst sind“, so Mary Cummings, Professorin der Robotik an der Duke University. Sie gilt als eine der bekanntesten Kritiker der Technologie-Konzerne und fordert immer wieder striktere Regeln für Tests von selbstfahrenden Autos. Auch für Tesla hat sie einen konkreten Tipp: Sie fordert, dass das „Autopilot“-Feature zumindest auf Schnellstraßen deaktiviert werden soll.

„Repariert es oder dreht es ab“, so Cummings. „Das Auto befand sich in einer Situation, in der der Computer blind war.“ Cummings bekommt Zuspruch von anderen Experten, die der Meinung sind, dass die Mehrheit noch nicht dafür bereit ist. „Die Frage ist, ob die Menschen lesen, verstehen und befolgen, was auf dem Bildschirmen steht. Ich glaube, die meisten ignorieren das recht rasch“, erklärt Ragunathan Rajkumar von der Carnegie Mellon University. „Das andere Problem ist, dass wir vielen Dingen zu schnell vertrauen.“

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