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Spielkonsole

New Nintendo 3DS XL im Test: Endlich 3D ohne Kopfweh

Handheld-Spielkonsolen sind einfach nicht totzukriegen. Rund 25 Jahre nach der Veröffentlichung des ersten Game Boy finden die tragbaren Spielkonsolen trotz Smartphones noch immer Käufer. Warum auch nicht? Kaum ein Smartphone kann mit den Hardware-Tasten einer Handheld-Konsole mithalten, auch die Spieleauswahl ist im direkten Vergleich beim Smartphone noch auf “Zwischendurch”-Titel beschränkt.

Da macht es nur Sinn für Marktführer Nintendo, dass man dem mittlerweile fast vier Jahre alten 3DS ein Update verpasst. Der “New Nintendo 3DS” und “New Nintendo 3DS XL” (ja, das sind tatsächlich die Namen) bringen frische Hardware und sollen einige Kinderkrankheiten der namensgebenden 3D-Technologie ausbessern. Macht sich das Update bezahlt oder ist der neue 3DS lediglich der Vorgänger neu verpackt? Die futurezone hat die XL-Version getestet.

Das markante Klapp-Design der DS-Reihe (den 2DS ausgenommen) bleibt auch bei Nintendos neuestem Handheld erhalten. Der japanische Konzern hat jedoch an einigen Stellen nachgebessert, die auf den ersten Blick nicht auffallen. So wurde der Schacht für die Spiel-Cartridges nun von der Rückseite nach vorne links verlagert. Etwas ungewohnt zu Beginn, hatte doch fast jeder Nintendo-Handheld bislang den Schacht auf der Rückseite. Die WLAN-Taste an der rechten Seite wurde unglücklicherweise gestrichen, nun können Funkverbindungen nur mehr im Betriebssystem deaktiviert werden. Verlagert wurden hingegen Start und Select. Unter dem Touchscreen ist nun nur mehr die Home-Taste in der Mitte zu finden, die beiden anderen Tasten sind nun auf der rechten Seite, direkt unter der Y-Taste.

Sinnvoll: Der Lautstärke-Regler findet sich nun als Gegenstück zum 3D-Regler auf der linken Seite auf der Deckel-Seite. So ist die aktuelle Lautstärkestufe stets in Sichtweite. Der Regler wurde zudem deutlich schwergängiger ausgeführt, sodass sich die Lautstärke präziser regeln lässt. Neu dazugekommen ist auch ein zweiter Analog-Stick, der direkt über den ABXY-Knöpfen zu finden ist. Der sogenannte C-Stick soll vor allem in 3D-Spielen wie Monster Hunter 4 Ultimate zum Bewegen der Kamera eingesetzt werden.
Bislang gab es nur das von Nintendo angebotene “Circle Pad Pro”, eine Hülle mit zweitem Analog-Stick. Im Gegensatz zum klassischen Analog-Stick ist der C-Stick jedoch deutlich schwergängiger und gibt kaum Feedback. Man hat vielmehr das Gefühl, auf einem unbeweglichen Gummi-Knopf herumzudrücken. Dennoch ließen sich viele Spiele damit angenehm bedienen, die Eingaben wurden präzise erkannt. Die Nähe zu den ABXY-Knöpfen macht zudem einen raschen Wechsel zwischen Analog-Stick und Knöpfen möglich. Am Scharnier findet sich sogar eine Aussparung, die großen Daumen mehr Spielraum geben soll. Wie beim Circle Pad Pro wurden zudem die Schultertasten um ZR- und ZL-Tasten ergänzt. Die Schultertaste sowie die ergänzenden Z-Tasten liegen zwar knapp beeinander, dennoch lassen sie sich gut unabhängig von einander bedienen.

Verkratzte Schönheit

Das neue Design zwang Nintendo auch, das Gehäuse etwas zu vergrößern. Statt 156 Millimetern ist er nun 160 Millimeter breit, zudem ist er um je einen halben Millimeter länger und höher. Trotz des etwas größeren Volumens bringt der neue 3DS XL sogar sieben Gramm weniger auf die Waage. Mit einem Gewicht von 329 Gramm lässt sich der 3DS XL gerade noch in der Hosentasche transportieren, lockere Hosen sollte man dabei aber nicht tragen.

Zum Start wird der 3DS XL in Blau und Schwarz verfügbar sein. Eine Schutztasche ist ratsam, denn die Metallic-Lackierung ist besonders anfällig für Kratzer. Bereits ein kurzer Aufenhalt im Rucksack reichte für einen unschönen Kratzer aus, der matt lackierte “alte” 3DS XL überstand das gleiche Szenario bereits mehrmals ohne ein derartiges Ergebnis. Leider gibt es für die XL-Version bislang keine Faceplates, die die Lackierung schützen und für etwas Abwechslung sorgen könnten. So nett die Metallic-Lackierung (sauber) aussehen mag, die Nachteile überwiegen. Neben der Anfälligkeit für Kratzer sammeln sich auf der glatten Oberfläche rasch Fingerabdrücke, Schmierer und Dreck.

Nintendos 3DS war bereits in der ersten Version ein sehr guter Handheld. Doch gerade die namensgebende 3D-Funktion war nie mehr als ein Gimmick, das man höchstens kurz zum Vorzeigen für Freunde aktivierte. Der Grund dafür lag vor allem in der mäßigen Ausführung. Nintendo setzt für den 3D-Effekt ohne Brille auf die Parallaxbarrierentechnik. Dabei werden zwei Bilder gleichzeitig auf dem Bildschirm angezeigt, durch vertikale Barrieren bekommen aber nur jeweils das linke und rechte Auge ein Bild zu sehen. So wird dem Hirn ein Tiefeneffekt suggeriert.

Die autosteroskopische Technologie ist simpel und erzeugt einen guten Tiefeneffekt, leidet aber unter mangelnder Flexibilität. Der Benutzer musste nämlich nahezu starr im “Sweetspot” vor dem Bildschirm sitzen bleiben, um den Effekt nicht zu verlieren. Bereits eine leichte Neigung von Kopf oder Bildschirm reichte aus, um statt einem beeindruckenden 3D-Effekt Streifenbrei oder ein dunkles Bild zu erhalten. Nun naht das Head Tracking zur Rettung. Nintendo macht endlich einmal etwas Sinnvolles mit der Frontkamera und nutzt sie, um die Blickrichtung des Benutzers zu verfolgen.

Eintauchen statt Übelkeit

Eine hervorragende Idee, wie sich im Test herausstellt. Endlich lässt sich 3D genießen, ohne dass man seinen Kopf und den 3DS mit einer Schraubzwinge fixieren müsste. Der 3D-Effekt passt sich geradezu magisch an, meist bekommt man es nicht einmal mit. Nur bei schnellen Bewegungen oder steilen Blickwinkeln stößt die Soft- und Hardware hin und wieder an ihre Grenzen. Doch der 3D-Effekt ließ sich bis zu einer Neigung von 45 Grad zur Seite ohne Probleme nutzen, darüber hinaus war offenbar der Kopf nicht mehr mit der Kamera erkennbar. Auch das Drehen des Bildschirmes um bis zu 90 Grad war ohne Probleme möglich.

Spielerisch trägt der 3D-Effekt weiterhin nicht viel bei, dennoch macht es Spaß, den 3D-Regler auf Anschlag zu stellen und sich zum Beispiel der Illusion von echten Pokemons hinzugeben. Positiv fällt der Effekt zudem bei 3D-Videos auf, auch wenn der Effekt hier nicht so eindrucksvoll wie bei 3D-Spielen ist. Im Gegensatz zum alten 3DS verliert das Bild bei aktivem 3D kaum an Kontrast, zudem bleibt es deutlich schärfer und zeigt keine “Streifen” wie beim Vorgänger. Der Effekt bleibt jedoch anstrengend für die Augen, nach spätestens einer halben Stunde muss man ihn drastisch reduzieren oder vollständig abschalten. Der Effekt hat jedoch je nach Person eine unterschiedliche Wirkung. Während manchen Personen bereits nach fünf Minuten schlecht wird, können andere wiederum eine volle Stunde mit dem maximalen 3D-Effekt ohne Probleme aushalten. Im direkten Vergleich mit dem Vorgänger wurde aber das Übelkeits-Gefühl deutlich reduziert.

Um das Head Tracking zu ermöglichen, hat Nintendo einen besseren Prozessor verbaut. Statt zwei setzt dieser nun auf vier Kerne, die aber weiterhin mit 268 MHz getaktet sind. Zudem wurde der verbaute Systemspeicher verdoppelt, statt 128 sind nun 256 MB RAM verbaut. Auch der VRAM wurde aufgestockt, statt sechs kommen nun zehn Megabyte zum Einsatz. Im Spiel macht sich die bessere Ausstattung bislang nur mit besseren Ladezeiten bemerkbar. Titel werden im Schnitt doppelt so schnell geladen wie auf dem klassischen 3DS. Neu ist auch der NFC-Chip, der sich unter dem Touchscreen befindet. Vorerst kommt er aber nur zum Scannen von amiibo-Figuren zum Einsatz.

Die Akkulaufzeit lag im Test im Rahmen des Vorgängers. Rund fünf Stunden Spielzeit ließen sich mit einer Akkuladung erreichen, mit aktiviertem 3D-Effekt reduzierte sich die Laufzeit um rund eine Stunde. Verzichtet man auf WLAN, lassen sich aus einer Akkuladung bis zu acht Stunden Spielzeit herausholen. Für einen Flug von Wien nach New York geht es sich also gerade so aus. Auffällig war jedoch, dass der Verbrauch im Standby scheinbar niedriger ist und der 3DS so nicht plötzlich nach zwei Nächten ohne Ladekabel leer ist. Wer den Akku tauschen möchte, benötigt aber weiterhin einen Schraubenzieher. Unter der Abdeckung verbirgt sich auch der Speicherkartenslot, der künftig statt SD- nur mehr microSD-Karten akzeptiert.

Pixelige Fotos

Auch wenn wohl nur wenige die VGA-Kamera des 3DS aktiv zum Fotografieren verwenden dürften, muss man dennoch eine leichte Verbesserung anmerken. Die Bilder sind deutlich schärfer und auch der 3D-Effekt kommt auf dem neuen Bildschirm endlich angenehm zur Geltung. In puncto Auflösung bleibt Matsch aber weiterhin Matsch.

Endlich in aller Ruhe im Bett liegend mit 3D spielen: Allein das ist die Anschaffung des neuen Nintendo 3DS XL schon wert. Nintendo ist es mit der neuen Hardware-Revision endlich gelungen, die großen Versprechungen vom Start des 3DS einzulösen. Der C-Stick und die neuen Schultertasten sind sinnvolle Ergänzungen, von der auch ältere Spiele profitieren können. Für all jene, die mit ihrem Handheld nur spielen wollen, finden im neuen 3DS XL wohl den idealen Begleiter.

Nun bleibt nur eine Frage: Sollte ich als 3DS-Besitzer der ersten Generation upgraden? Ohne Zweifel richtet Nintendo künftig seinen Fokus auf den New Nintendo 3DS (XL), Spiele werden aber für eine absehbare Zeit auf beiden Plattformen verfügbar sein. Die Möglichkeiten für Entwickler sind mit dem neuen Handheld aber größer und so wird es, wie beispielsweise mit Xenoblade Chronicles, definitiv in Zukunft einige Exklusiv-Titel für den New Nintendo 3DS geben.

Abgesehen von der besseren Performance, dem neuen C-Stick sowie dem endlich brauchbaren 3D halten sich die Unterschiede zum Vorgänger aber in Grenzen. Wer noch keinen 3DS XL besitzt oder den Sprung vom kleinen 3DS zum großen Modell wagen möchte, sollte dem neuen Modell definitiv den Vorzug geben. Bestehende 3DS-XL-Nutzer sollten sich den Kauf aber wohl überlegen - auch wenn die neuen Limited Editions verführerisch sind. Der neue Nintendo 3DS ist ab 13. Februar in der Kompakt- (169 Euro) sowie der XL-Variante (199 Euro) erhältlich.


Modell:
New Nintendo 3DS XL
Display:
4,88 Zoll LC-Bildschirm (800 x 240 Pixel), 4,18 Zoll LC-Touchscreen (320 x 240 Pixel)
Prozessor:
Quadcore-CPU
RAM:
256 MB
Speicher:
microSD-Kartenslot (4-GB-Karte inkludiert)
Anschlüsse/Extras:
microUSB, Bluetooth 4.0, WLAN (b/g), zwei Analog-Sticks, ein D-Pad
Akku:
1.750 mAh
Kamera:
VGA (Rückkamera, 3D), VGA (Frontkamera)
Maße:
160 x 93,5 x 21,5 mm, 329 Gramm
Preis:
200 Euro (UVP, ohne Ladekabel)

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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