Sony Project Morpheus auf der Spielemesse E3 in Los Angeles
Sony Project Morpheus auf der Spielemesse E3 in Los Angeles
© Gregor Gruber

E3

Project Morpheus: Die Gaming-Zukunft trägt Brille

Was im Vorjahr Next-Gen-Launchtitel wie Ryse für die Xbox One und Killzone für die PS4 waren, ist auf der diesjährigen E3 Virtual Reality (VR). Wer auf der Videospielmesse in der früh kein Ticket für einen Termin für den nächsten Tag ergattert, steht mehrere Stunden Schlange, um fünf Minuten mit einer VR-Brille in eine andere Welt einzutauchen. Project Morpheus (PS4) und Oculus Rift (PC) haben FullHD-Displays verbaut und erkennen durch Sensoren und Kameras die Bewegungen des Spielerkopfes

Abtauchen

Kaum ist Sonys Project Morpheus aufgesetzt, befindet man sich in einem virtuellen Taucherkäfig. Die Sonne scheint ins Wasser und lässt Fischschwärme, die knapp unter der Wasseroberfläche ihre Runden drehen, bunt erstrahlen. Um sich umzuschauen, wird einfach der Kopf bewegt. Man kann sich sogar umdrehen und so das ganze Unterwasser-Panorama genießen.

Sony Project Morpheus auf der Spielemesse E3 in Los Angeles
Mit zunehmender Tiefe wird es dunkler und beklemmender. Die Leuchtfackelpistole die man dabei hat spendet nur wenig Licht. Plötzlich taucht ein Schatten aus dem Dunklen auf. Ein Hai nähert sich langsam und verschwindet wieder in der Finsternis. Man dreht sich im Kreis, versucht den Meeresräuber zu erspähen. Er nähert sich erneut und beginnt den Käfig zu zerfetzen. Trotz jahrelanger Videospiel-Erfahrung schlägt das Herz schneller. Die Demo endet bevor der Hai zu seiner menschlichen Mahlzeit kommt und ein zufriedenes Lächeln macht sich im Gesicht breit.

Abgeschottet

Das intensive Erlebnis ist nicht unbedingt das Resultat der Grafik, sondern der Abgrenzung von der Außenwelt. Ist eine VR-Brille aufgesetzt, sieht man nichts mehr außer das Videospiel. Kopfhörer sorgen für das akustische Ausklinken aus der realen Welt. Bei Sonys Project Morpheus funktioniert dies noch nicht ganz optimal.

Die Brille sitzt komfortabel und bequemer am Kopf als Oculus Rift, dichtet aber nicht so gut von einfallendem Licht ab. Dehalb war es auf Sonys Morpheus-Messestand auch finster im Vergleich zu dem von Oculus Rift. Die Kopfhörer, die über das Gestell von Morpheus aufgesetzt werden, sitzen nicht optimal. Morpheus ist aber auch noch ein Prototyp. Bis zum Erscheinen kann es noch verbessert werden.

Probleme

Wann dies soweit ist, ist noch unbekannt. Bis zum Verkaufsstart müssen sowohl Sony als auch Oculus, die für zwei Milliarden US-Dollar von Facebook übernommen wurden, mehrere Probleme in den Griff kriegen. Man sieht die einzelnen Pixel wie in einem Gitterraster. Das liegt an dem geringen Abstand zwischen Auge und Display. Deshalb wirkt das Bild auch unschärfer, als man es vom Flat-TV gewohnt ist.

Zwar könnten hochauflösende 2K- und 4K-OLED-Displays verbaut werden, dies führt aber zu einem weiteren Problem: die Kosten. Derzeit können beide Geräte noch nicht zu einem Verkaufspreis angeboten werden, der sie für eine breite Masse von Spielern zugänglich macht. Aber selbst wenn der Preis angemessen ist, ist VR nicht zwingend die Zukunft des Gamings. In den 90ern scheiterten mehrere Hersteller an der virtuellen Realität, darunter auch Nintendo. Das lag nicht nur an der damaligen Technik, sondern auch an dem Mangel von Spielen.

Die Spiele

Es arbeiten bereits mehrere Spielestudios an Games für Oculus und Morpheus. „Die Entwickler sind begeistert. Viele wollen seit Jahren VR-Games machen, jetzt gibt es die Hardware dazu“, sagt Niki Laber, Präsident des österreichischen Verband für Unterhaltungssoftware.

Derzeit eignen sich die Brillen am besten für Simulationen, wie Renn- und Flugzeugspiele. Eindrucksvoll wurde dies mit einer Vorversion von Eve Valkyrie demonstriert. Man kann sich im Cockpit des Raumschiffes umsehen und sogar nach vorne lehnen, um die Instrumente besser ablesen zu können. Dies ist möglich, indem eine Kamera die Position der VR-Brille im Raum erfasst. Morpheus hat deshalb vorne und hinten Lichter, um die Position des Spielers auch noch zu erkennen, wenn dieser sich dreht und mit dem Rücken zur Kamera steht.

Bei Games, in denen eine Spielfigur gesteuert wird, ist das Erlebnis weniger intensiv, weil es weniger realistisch ist. Bei Shootern kann man sich zwar mit Kopfbewegungen umsehen, muss aber immer noch mit dem Controller zielen, laufen und springen. Die schnellen Bewegungs- und Blickrichtungswechsel bei Shootern können bei einigen Personen Übelkeit hervorrufen. Beide Unternehmen arbeiten an Lösungen und Algorithmen, um diesen Effekt zu minimieren.

Neue Ideen

Für die neuen Geräte müssen nicht zwingend alte Genres VR-kompatibel gemacht werden. Sony zeigte etwa eine Straßenrodel-Demo. Dabei legte man sich in einen Sitzsack, um die Position des Fahrers zu imitieren. Durch Lehnen des Kopfes nach links oder rechts wurden Kurven gefahren und Autos ausgewichen. Grafisch war das Kurzspiel zwar nicht eindrucksvoll, zeigte aber, wie man ein VR-Spiel macht, das ohne Controller auskommt.

Neben Sony und Oculus arbeitet auch der Spieleentwickler Valve an einer eigenen VR-Brille. Microsoft hat noch kein solches Gerät angekündigt. „Wenn es sich durchsetzt, werden aber auch die anderen nachziehen“, so Laber. Denkbar wäre, dass Microsoft einen Deal mit Oculus macht, um eine Xbox-One-Version von Oculus Rift anzubieten, anstatt ein eigenes Gerät zu entwickeln.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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