© Kacper Pempel, reuters

Gastkommentar

Internet-Abgabe: Ja, gerne – aber wozu?

Es liegt in der Natur der Sache, dass ein fremder Griff ins eigene Geldbörserl Abwehrreaktionen hervorruft. Gleich, ob es sich um die Erhöhung bestehender oder gar um neue Abgaben und Steuern handelt, allein das Ansinnen löst bei Bürgern und Konsumenten einen verständlichen Beissreflex aus. Das liegt nicht nur daran, dass sich unser aller Einkommen nicht in gleichem Umfang und gleicher Regelmäßigkeit erhöht. Vielmehr stehen sehr genauen Vorstellungen über die Höhe einer Abgabe nur sehr ungenaue Vorstellungen über den Inhalt und vor allem die Vorteile. die mit einer einzuführenden Abgabe verbunden wären, gegenüber.

Im Fall der sogenannten „Festplattenabgabe“ haben die Befürworter ziemlich genaue Vorstellungen davon, wie hoch die lukrierten Einnahmen ausfallen sollen (rund 16 Millionen Euro jährlich), ziemlich ungenaue Vorstellungen davon, welche Rechte die Nutzer mit dieser Pauschalabgabe eigentlich erwerben – und warum Konsumenten mehr Geld für effektiv weniger und auch nicht durchsetzbare Rechte bezahlen sollen.

Unkonkret
Das Gegenmodell zur geräteabhängigen „Festplattenabgabe“ ist die nutzungsabhängige „

" auch in anderer Form bisweilen „Kultur-Flatrate“ genannt. Es stimmt, dass „Pauschalabgaben“ nie gerecht sind, darum heißen sie ja „pauschal“, jedoch halte ich eine „Urheberrechtsabgabe“ auf Internetanschlüsse, also auf den Zugang zu – urheberrechtlich geschützter – Unterhalten, Information und Wissen heute für plausibler, auch angesichts des technischen Fortschritts und des sich verändernden Nutzungsverhaltens.

Während die Grünen jedoch eine konkrete Zahl nennen können, wie hoch diese Internet-Abgabe sein soll (vier Euro), sind sie der Ausgestaltung der Gegenleistung sehr unkonkret. „Sämtliche Downloads – im nicht kommerziellen Rahmen“ sollen legitimiert werden. Was bedeutet, dass diese grüne Internet-Abgabe nichts weniger legitimiert, als das, was bislang schon legal ist. Auch wenn es dazu unterschiedliche Rechtsmeinungen gibt: In Österreich ist aktuell jeder Download legal die Frage der Rechtmäßigkeit der Quelle wird im Urheberrechtsgesetz nicht angeschnitten. Und sollte mit einer Novelle der Download aus illegaler Quelle eindeutig ebenfalls für illegal erklärt werden – wer wird diese Bestimmung zivilrechtlich durchsetzen können, ohne massiv in den Datenverkehr Einblick zu nehmen und damit massiv den Datenschutz auszuhöhlen?

Ausweitung der freien Werknutzung
Ein wirklicher, zukunftsorientierter Ansatz wäre stattdessen, eine Pauschale auf Internet-Anschlüsse mit einer Ausweitung der freien Werknutzung nach dem Vorbild des „Fair-Use“-Prinzips zu verbinden. Damit wäre beispielsweise die private, nicht-kommerzielle Nutzung von Inhalten wie Bildern, Musik oder Videos in Sozialen Netzwerken oder auf privaten Blogs abgegolten, Nutzungshandlungen, die im Web zum normalen Alltag gehören. Das Web hat unseren Umgang mit Medien unwiederbringlich verändert, der traditionell restriktive Ansatz eines „starken“ Urheberrechts wird diesen Wandel nicht umkehren oder zum Stillstand bringen können. Hier sind zukunftsorientierte Regelungsmodelle gefragt, die die Akzeptanz des Geistigen Eigentums und des Urheberrechts im Alltag nicht völlig erodieren lassen.

Der Vorschlag der Grünen zur Internet-Abgabe lässt auch völlig offen, wer Empfänger der Erlöse ist: Sind es „nur“ die in Verwertungsgesellschaften organisierten Rechteinhaber? Wenn wir an die Initiative „Kunst hat Recht“ denken, müssen wir konzedieren, dass kaum einer der Proponenten wirklich nachhaltig online sichtbar ist oder Werke digital verfügbar sind und die legalen, kostenpflichtigen digitalen Angebote der Film- und Musikindustrie zum Streaming und Download wohl kaum Teil dieser Internet-Abgabe sein werden.

"Neue" Urheber
Eine zukunftsfähige Internet-Abgabe berücksichtigt nachhaltig die „neuen“ Urheber, also alle Menschen, die Blogs betreiben, Videos und Musik auf YouTube oder Vimeo anbieten, Fotos auf Flickr veröffentlichen und damit Informationen, Wissen und Unterhaltendes mit der Welt teilen. Gerade junge Künstler nutzen das web als Präsentations- und Verbreitungsplattform für ihre Fähigkeiten und Werke, oft im Mix mit „traditionellen“ Kanälen. Warum sollten gerade die „digital creatives“ nicht von der „digital culture“ auch materiell profitieren?

Hier braucht es wesentlich konkretere Ansätze als die vage Überlegung, die neue Pauschale mit einer kommenden Haushaltsabgabe zu verknüpfen. Eine neue Abgabe braucht auch ein neues Regelwerk. Wer verteilt wie und an wen die Erlöse? Dazu müssen auch die Ermittlung der Höhe der Abgabe, der Verteilungsschlüssel, sowie die Verwendung der Gelder und die gesamte Gebarung der verteilenden Institution transparent und offen sein. Ob dieser Herausforderung die bisherigen Verwertungsgesellschaften gewachsen sind, muss heute ernsthaft bezweifelt werden. Der Gestaltungswillen der Grünen ist zu loben, aber gut gemeint ist immer noch nicht gut gemacht. Da ist noch deutlich Luft nach oben.

Mehr zum Thema

  • Grüne sehen Chancen für Breitbandabgabe
  • Teletest fürs Web soll Geld für Kunst bringen

Zur Person:
Joachim Losehand ist Projektkoordinator "Urheberrecht für das 21. Jahrhundert" des Vereins für Internet-Benutzer Österreichs, vibe.at.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare