Ein Perpetuum Mobile gilt als physikalische Unmöglichkeit.
Ein Perpetuum Mobile gilt als physikalische Unmöglichkeit.
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Wissenschaft & Blödsinn

Und es bewegt sich doch nicht

Es wäre die größte Erfindung der Menschheitsgeschichte. Weder die Dampfmaschine noch die Elektrizität oder der Computer könnten sich damit messen, als Erfinder würde man Nobelpreise kassieren, Lehrstühle angeboten bekommen und wohl berühmter werden als Einstein, Newton und Heisenberg zusammen. Nötig wäre dafür bloß die Entwicklung einer Maschine, die sich ewig bewegt und dabei mehr Energie erzeugt als für ihren Betrieb aufgewendet werden muss. Nach einem solchen Perpetuum Mobile wird seit Jahrhunderten gesucht. Obwohl man weiß, dass diese Suche aus physikalischen Gründen erfolglos bleiben muss, finden sich bis heute immer wieder ambitionierte Garagenbastler, die dieses unmögliche Projekt anpacken.

Auftriebskraftwerke

Mit Energieerzeugungs-Maschinen beschäftigt sich etwa der Verein GAIA, der ein Auftriebskraftwerk anbietet. Große Behälter werden da in einem Wasserbecken nach unten gezogen und mit Pressluft gefüllt, sodass sie wieder auftauchen. Angeblich lässt sich aus dieser Drehbewegung mehr Energie abzweigen als zum Betrieb der Pressluftpumpe benötigt wird. Dass das natürlich gleich einer Reihe von Naturgesetzen widerspricht ist aber dann doch ein gröberer Schönheitsfehler.

Mit Gesetzen hat man es oft nicht leicht. Mit einem findigen Steuerberater schafft man es möglicherweise, die Steuergesetzgebung ein wenig zu verbiegen. Die Naturgesetze sind da allerdings deutlich unerbittlicher. Wenn der Energieerhaltungssatz sagt, dass man keine Energie aus dem Nichts holen kann, dann ist das nicht verhandelbar.

Aus wissenschaftlicher Sicht ist ein Basteln am Perpetuum Mobile daher genauso unsinnig wie die Suche nach zwei ungeraden Zahlen, die addiert wieder eine ungerade Zahl ergeben. Natürlich, man kann unzählige Versuche starten und beliebig lange herumprobieren. Aber wer ein bisschen darüber nachdenkt, wird erkennen, dass sich dabei niemals ein Erfolg einstellen wird.

Von da Vinci bis Tesla

Schon Leonardo da Vinci experimentierte mit Maschinen, die sich selbst in Bewegung halten sollten. Dabei entstanden einige sehr schöne Skizzen, doch da Vinci erkannte die Aussichtslosigkeit des Projektes schließlich und hatte später nur noch Spott dafür übrig: „Oh ihr Erforscher der beständigen Bewegung, wie viele wirre Hirngespinste habt ihr euch bei eurer Suche schon ausgedacht!“, schrieb er in sein Notizbuch. „Geht und gesellt euch zu den Alchemisten!“

Doch viele hielten sich nicht an diesen Rat. Der deutsche Erfinder Johann Bessler wurde im 18. Jahrhundert mit seinen ewig rotierenden Schwungrädern berühmt. Eines davon soll sich angeblich hinter verschlossenen Türen 54 Tage lang gedreht haben – doch dann gab eine Magd zu, sie habe auf Anweisung Besslers vom Nebenzimmer aus mit Muskelkraft ein bisschen nachgeholfen.

Während des zweiten Weltkriegs versuchte der österreichische Förster Viktor Schausberger, UFO-artige Flugmaschinen für die Nazis zu konstruieren. Die sogenannten „Reichsflugscheiben“ sollten mit Hilfe einer geheimnisvollen Levitationsenergie angetrieben werden. Schausberger wollte durch Wirbel in Wasser oder Luft Energie gewinnen, doch freilich gehorcht auch die Strömungslehre dem Energieerhaltungssatz.

Der US-Amerikaner Thomas Henry Moray versuchte es stattdessen mit der Elektrizität: In den 1920erjahren wollte er mit Hilfe von Antennen Energie aus dem Nichts holen. Ähnliches schwebte dem Physiker Nikola Tesla vor. Er war im Gegensatz zu den meisten anderen Energiemaschinen-Bastlern tatsächlich ein genialer Forscher. Das hinderte ihn allerdings nicht daran, sich im Lauf der Zeit auch mit reichlich esoterischen, unwissenschaftlichen Ideen zu beschäftigen. Aufgrund seiner unbestreitbaren wissenschaftlichen Leistungen gilt er heute in der Esoterik-Szene als Kultfigur der Energievermehrung. Seine Arbeit wird oft verfälscht dargestellt, seine Fähigkeiten bis ins Lächerliche übertrieben – bis hin zur Behauptung, er habe die Macht besessen, Erdbeben zu erzeugen.

Der Motor, der sich selbst antreibt

Das Internet hat der Perpetuum-Mobile-Community einen neuen Aufschwung beschert. Man findet heute Foren, in denen Garagenbastler einander Tipps geben, man findet Videos von Autos, die angeblich mit Wasser betrieben werden. Mit Hilfe von Strom wird das Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten, mit einem Knall wieder vereint, und dabei gewinnt man angeblich mehr Energie als man zum Spalten des Wassers benötigt. Das ist physikalisch natürlich falsch, aber für ein überzeugendes Internet-Video genügt es allemal. Andere Leute treiben mit einem Elektromotor einen Generator an, der den Strom erzeugt, mit dem man dann angeblich wiederum den Motor antreiben kann. Das klingt wie der Versuch, eine Kuh bloß mit Milch zu füttern und mehr davon aus ihr heraus zu melken als man ihr gibt. Als Konzept für eine nachhaltige Landwirtschaft ist das eher untauglich.

All die Versuche, ein Perpetuum Mobile zu bauen, haben eines gemeinsam: Sie funktionieren nicht, und das ist traurig. Ich selbst hatte schon mehrmals mit begeisterten Leuten zu tun, die mir freudestrahlend erklärten, ein Perpetuum Mobile erfunden zu haben. Manche legen dann sogar detaillierte Pläne und Rechnungen vor. Wenn man ihnen dann erklärt, wo ihr Fehler liegt, ist das deprimierend, als hätte man gerade einem Kind erzählt, dass es den Osterhasen gar nicht gibt.

Ich finde Garagen-Bastler toll. Wer zu Hause mit Motoren, Generatoren und Elektrolyse herumspielt, braucht ziemlich viel technisches Verständnis und handwerkliches Geschick – auch wenn er es tut um ein unmögliches Ziel zu erreichen. Man sollte solche Leute überreden, ihr zweifellos vorhandenes Talent für tatsächlich sinnvolle Projekte zu nutzen. Wer weiß, vielleicht entsteht dann irgendwann in der Bastelgarage eines phantasievollen Träumers tatsächlich eine hübsche neue Erfindung. Ein Perpetuum Mobile wird es sicher nicht sein. Eine Ausnahmegenehmigung für Naturgesetze wird die Physik auch in Zukunft nicht ausstellen.

Florian Aigner ist Physiker und Wissenschaftserklärer. Er beschäftigt sich nicht nur mit spannenden Themen der Naturwissenschaft, sondern oft auch mit Esoterik und Aberglauben, die sich so gerne als Wissenschaft tarnen. Über Wissenschaft, Blödsinn und den Unterschied zwischen diesen beiden Bereichen schreibt er jeden zweiten Dienstag in der futurezone.

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Florian Aigner

Florian Aigner ist Physiker und Wissenschaftserklärer. Er beschäftigt sich nicht nur mit spannenden Themen der Naturwissenschaft, sondern oft auch mit Esoterik und Aberglauben, die sich so gerne als Wissenschaft tarnen. Über Wissenschaft, Blödsinn und den Unterschied zwischen diesen beiden Bereichen, schreibt er regelmäßig auf futurezone.at und in der Tageszeitung KURIER.

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