© Gerald Reischl

IFA

Wenn der Kühlschrank Butter und Milch bestellt

Es ist ein Szenario, das uns schon mehr als ein Jahrzehnt verfolgt: Der Kühlschrank weiß, was er kühlt. Und er weiß auch, wann etwas zu Neige geht und kann, da mit Intelligenz ausgestattet, selbst im Supermarkt Waren ordern. Besitzer von „intelligenten Häusern“ oder „Smart Homes“ werden häufig danach gefragt, ob sie auch mit einem Milch-bestellenden-Kühlschrank ausgestattet sind.

Kühler mit Eigenleben
Aber einen solchen Kühler mit Eigenleben, der sogar weiß, wann man keine Milch braucht, weil man auf Urlaub weilt, gibt es noch nicht. Was viele vergessen ist nämlich, dass ein solcher Kühlschrank eine Vielzahl an weiteren (technischen) Lösungen voraussetzt. Wenn er nämlich Milch (oder andere Produkte, bei denen die Kühlketten eingehalten werden sollte), bestellt, müsste der Lieferant diese Waren dort deponieren, wo sie nicht verderben können. Also müsste er entweder einen Schlüssel für das Haus haben, um die Waren im Kühlschrank abzulegen. Oder er deponiert sie in einem Extra-Kühlschrank, der – ähnlich dem Briefkasten – von Außen erreichbar, sprich, befüllbar ist. Alles nicht ganz so einfach, daher gibt es den autarken Milch-bestellenden-Kühlschrank noch immer nicht.

Kühlschrank - ein Dauerbrenner
Dennoch dürfte dieses kühlende Ding, das als einziges im Haushalt tagaus, tagein im Betrieb ist, immer am Strom hängt und nie zur Ruhe kommt, auf die Entwickler eine magische Anziehungskraft ausüben. Wie viele Kühlschrankmodelle mit integrierten TV-Displays auf diversen Messen das Licht der Hightechwelt erblickt haben, lässt sich seriös gar nicht mehr feststellen. Siemens (coolMedia) hatte einen, ebenso wie LG – und jetzt gab es auf der IFA wieder einen von Samsung zu sehen.

"Schlagkräftige" Argumente
„Stellen Sie sich vor, Sie müssen während eines Fußballspiels zum Kühlschrank“, erklärte mir die Messe-Hostesse am Samsung-Stand brav ihren eingelernten Satz. „Mit diesem Kühlschrank versäumen Sie kein Tor.“ Ob sie das ernst meine, was sie da gerade zu „verkaufen“ versucht? Gibt es wirklich jemanden, dem es Freude macht, auf einem sieben Zoll großen Display fernzusehen? „Mir nicht, außerdem lese ich lieber ein Buch“, wird die Hostess plötzlich erfrischend ehrlich. Eine der anderen Funktionen, die ermöglicht, dass man dem Kühlschrank via Handy eine Nachricht schicken kann, die in Folge auf dem Display aufscheint, hält die Hostess auch nicht für sonderlich innovativ.

Der MMS-Kühlschrank
Das Wort „innovativ“ – ich erinnere mich – hörte ich in Zusammenhang mit einem Kühlschrank schon im Juli 2003, damals stellte Electrolux in Rom den MMS-Fridge vor. Ihm konnte man – sollte man zufällig die Einkaufsliste vergessen haben oder nicht wissen, ob noch genug Milch für den Frühstückskaffee da ist – ein SMS schicken. Darauf hin machte der Kühlschrank ein Foto seines Innenlebens und schickte das Bild als MMS retour. Auf der IFA fand man dieses Jahr eine ähnliche Idee wieder. Siemens Haushaltsgeräte demonstrierte „Siemens Home Connect“ – einen intelligenten Haushalt, in dem Kühlschrank, Geschirrspüler, Herd miteinander und mit dem Stromnetz des Betreibers – Stichwort "Smart Grid" – kommunizieren. Die Geräte in diesem Verbund können über eine App am iPad gesteuert werden und liefern immer aktuelle Informationen zum iPad.

Der WLAN-Kühlschrank
Wieder einmal ist es der Kühlschrank, der da in den Mittelpunkt gerückt wird. Er hängt im häuslichen WLAN und ist mit zwei Kameras – Logitech HD – ausgestattet. Eine hat den großen Kühltrakt im Visier, die andere den Seitenteil, in dem üblicherweise die Getränke, nicht zu vergessen, die Milch, abgestellt sind. Immer wenn die Kühlschrank-Tür geöffnet und wieder geschlossen wird, schießen die beiden Kameras Bilder vom Innenleben und schicken diese zur App. Damit sollen jene immer "up to date" sein, die gerade zum Einkaufen geschickt worden sind. Ob das sinnvoll ist? Viele, nein, die meisten Lebensmittel werden gar nicht im Kühlschrank aufbewahrt. Und durch die Gemüse-, Käse- oder Wurstlade kann die in der Seitenwand integrierte Kamera auch nicht sehen. HD hin oder her.

Die meisten Kühlschrank-Produzenten wollen offensichtlich den Menschen das Denken abnehmen, sie von den Alltagslasten befreien, und dazu zählen sie – warum auch immer - den Milchkauf. Vielleicht wäre es sinnvoller einen Bügelautomaten zu entwickeln, denn immerhin gehört Bügeln zu einer der lästigsten Aufgaben im Haushalt. Einkaufen an sich ist für viele keine unangenehme Arbeit, lästig ist nur, dass dann, wenn man einkaufen will, mitunter die Geschäfte geschlossen haben. Und die überhöhten Lebensmittelpreise an den Tankstellen will man auch nicht unbedingt bezahlen.

Der Social-Media-Kühlschrank
Dahingehend ist jener Kühlschrank, den Samsung ebenfalls auf der IFA präsentiert hat, eine Besonderheit – wobei – die Lösung ließe sich auch extern realisieren und müsste nicht in einem Gerät integriert sein. Der Samsung RSG309AARS hat ein acht Zoll großes Display, auf diesem sind nicht nur die üblichen Social Media-Knöpfe von Twitter bis Facebook abgebildet, sondern auch das Online-Kochbuch Epi oder die Supermarkt-App. In dieser Einkaufszettel-App kann man laufend Produkte, die man so braucht, anklicken und in einen Einkaufskorb legen. Ist die Bestellung fertig, klickt man den Sendeknopf und die Bestellung landet beim Supermarkt, der die Waren entweder vorbereitet oder nach Hause liefert. In Korea verkauft sich der 2699 Dollar teure Kühlschrank ganz gut, auch deshalb, weil die Anbindung an den Supermarkt funktioniert. Hierzulande fehlt noch die Struktur dahinter. Aber was noch nicht ist, kann noch werden, denn angeblich bastelt der Rewe-Konzern bereits an Online-Shopping-Möglichkeiten. Dafür braucht man aber nicht unbedingt einen Kühlschrank mit Display und Web-Anbindung. Ein Tablet in der Küche würde es eigentlich auch tun. Bringt man dieses an einem Fettspritzer-sicheren Ort an, kann es als Einkaufszettel, Notizblock, ja sogar wie ein digitales Kochbuch verwendet werden.

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