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Verwaltung

"Black Boxes werden nicht länger Bestand haben"

"Open Data ist das Thema, das uns in der Verwaltung bewegt", sagte Roland Ledinger vom Bundeskanzleramt zum Auftakt der Open Government Data Konferenz im Brennpunkt, einem Museum für Heizkultur in Wien. Die Verwaltung müsse sich bewegen, so der Leiter des Bereichs Informations- und Kommunikationstechnologie-Strategie (IKT) des Bundes: "Es wird Transparenz gefordert."

Bei Open Governement Data (OGD), der Freigabe von Verwaltungdaten, die Verwaltungsprozesse für Bürger transparenter machen und der Wirtschaft etwa die Entwicklung von innovativen Anwendungen für Smartphones und Web ermöglichen sollen, setze Österreich auf die Zusammenarbeit zwischen Bund, Länder, Städte und Gemeinden, so Ledinger: Die gemeinsame Basis sei wichtig, um einheitliche Standards und Grundlagen zu entwickeln. Die Schaffung von Transparenz dürfe aber nicht bei der Freigabe von Verwaltungsdaten enden, sagte Ledinger: "Wir müssen auch Entscheidungsprozesse offen machen."

"Wirtschaft noch nicht so aufgesprungen"
Johann Mittheisz von der Stadt Wien, die im Mai 2011 als erste österreichische Stadt ausgewählte Verwaltungsdaten freigab, blickte auf die ersten eineinhalb Jahre Open Data in Wien zurück. "Es ist viel passiert, die Wirtschaft ist aber noch nicht so aufgesprungen", resümerte der Chief Information Officer (CIO) der Stadt. Bei der Datenfreigabe sei es wichtig mit der Community zusammenzuarbeiten: "Wenn wir nicht gemeinsam was machen, kommen wir nicht weiter."

Wien, das mittlerweile unter data.wien.gv.at rund 150 Datensätze zur freien Weiterverwendung zur Verfügung stellt, gab zuletzt neue Daten zu Verkehr und Statistik frei. Darunter waren auch Daten zu den neuen Kurzparkzonen, die bereits von zwei iPhone-Apps - "Kurzparkzonen Wien" und "Parken Wien" -  genutzt werden. Auch Daten zur Fahrzeug-Statistik wurden veröffentlicht. Für die Weiterentwicklung der Parkraumbewirtschaftung seien auch Daten über Größe und CO2-Verbrauch von Fahrzeugen von Bedeutung, so Mittheisz.

200.000 Euro Mehrwert
Insgesamt sind in Wien bislang 42 Anwendungen auf Basis offener Daten von Drittanbietern entwickelt worden. Den Mehrwert der von freien Entwicklern und Unternehmen geschaffenen Applikationen für die Stadt bezifferte Mittheisz mit rund 200.000 Euro.  

Open Data habe aber auch in der Verwaltung großen Nutzen, zitierte MIttheisz aus einer Evaluierung der Wiener Open-Data-Initiative, die derzeit ausgearbeitet wird. Open Data trage zur Motivation der Mitarbeiter bei und verbessere das Image der Verwaltung. Durch die Meldung von Fehlern werde auch die Datenbasis verbessert. Open Data seien auch ein einfaches Werkzeug zum Informationsmanagament, so Mittheisz.

Ausbau des Bundesportals
Robert Harm und Carl-Markus Piswanger vom Bundesrechenzentrum (BRZ) stellten die nächste Ausbaustufe des Bundesportals für Open Data, data.gv.at, vor, das freiegebene Verwaltungsdaten von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden gesammelt zugänglich macht. Mit der Version 1.0, die am 18. Oktober präsentiert werden soll, wird es den teilnehmenden Stellen möglich sein Daten selbst einzupflegen und auch Verwaltungsdaten auf der Bundesplattform zu speichern.

Auch das optische Erscheinungsbild wird überarbeitet. Daneben wird der Applikationsbereich, in dem Anwendungen auf Basis offener Daten vorgestellt werden, mehr Aufmerksamkeit bekommen. Auch der vor kurzem von der Cooperation OGD Österreich erarbeitete Metadatenstandard 2.0 werden umgesetzt, sagten die Entwickler vom BRZ.

Deutschland startet 2013 übergreifendes Portal
Im Vergleich mit den Nachbarländern Deutschland, Schweiz und Liechtenstein nimmt Österreich bei Open Government Data durchaus eine Vorreiterrolle ein. "Wir sind etwa acht bis neun Monate hinterher", sagte Jan-Ole Beyer vom deutschen Bundesinnenministerium. In Deutschland soll Anfang 2013 ein übergreifendes Portal an den Start gehen.

Deutschland stehe nicht ganz am Anfang, sagte Beyer. So würden etwa in Berlin, Bremen und Baden-Württemberg ausgewählte Verwaltungsdaten freigegeben und einzelne Behörden aus dem Umwelt- und Geobereich Daten zur Verfügung stellen. Daneben gebe es auch zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen. Es sei jedoch notwendig innerhalb und außerhalb der Verwaltung Bewusstsein für das Thema zu schaffen: "Die Leute müssen lernen, was sie mit den Daten machen können und wie sie diese Daten etwa für das Studium oder in der Schule nutzen können."

In der Schweiz wurde das erste Open-Government-Data-Portal im vergangenen Juni von der Stadt Zürich eröffnet. Es gebe zwar politische Vorstöße im nationalen Parlament und Willensbekundungen der Politik, die Schweiz stehe aber sicherlich nicht an der Spitze der Open-Data-Rangliste, so Andre Golliez von opendata.ch: "Es gibt aber Bewegung." So hätten etwa Kantone damit begonnen Geodaten freizugeben. In Basel habe sich die Nutzung der Daten dadurch innerhalb eines Jahres vervierfacht, führte Golliez aus.

"Konzentrieren uns zu sehr auf technische Ebene"
Durch vernetzte Kommunikationstechnologien habe sich die Erwartungshaltung an Verwaltung und Regierung geändert, sagte Lena-Sophie Müller vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS). "Blackboxes im politisch-administrativen System werden nicht länger Bestand haben." Die Verwaltung müsse sich auch bezüglich der Mitwirkung der Bürger öffnen.  Open Data sei nur ein Teil von Open Government: "Wir konzentrieren uns derzeit zu sehr auf die technische Ebene", so Müller. Die Verwaltung müsse offenere Denkweisen entwicklen und sich überlegen, wie der Input von Bürgern in ihre Prozesse einbezogen werden könne.

Die Anwesenheit von SAP und Microsoft zeigte, dass auch große Software-Häuser bei Open Data mitspielen wollen. Microsoft entsandte etwa seinen Open-Source-Evangelisten Mark Gayler, der Cloud-Lösungen im Zusammenhang mit freien Verwaltungsdaten bewarb.

EU-Richtlinie vor Abschluss
Impulse für Open Data setzt auch die EU. Eine von EU-Kommissarin Neelie Kroes im vergangenen Dezember vorgestellte Überarbeitung der EU-Richtlinie über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (PSI-Richtlinie) werde voraussichtlich noch heuer oder Anfang nächsten Jahres  abgeschlossen, sagte Malte Beyer-Katzenberger von der EU-Kommission. Damit sollen etwa die Mitgliedsstaaten verpflichtet werden, die von ihnen zur Verfügung gestellte Daten auch zur Weiterverwendung freizugeben und in maschinenlesbarer Form zur Verfügung zu stellen. Verrechnet werden dürfen dafür lediglich für die einzelne Wiederverwertung anfallenden Zusatzkosten, was laut EU-Kommission in der Praxis bedeutet, dass die meisten Daten kostenlos oder so gut wie kostenlos bereitgestellt werden müssen. Es werde aber Ausnahmereglungen geben, so Beyer Katzenberger.

Im Dezember sollen auch Daten der EU-Kommission als Open Data zur Verfügung gestellt werden. Dann soll das ursprünglich für das heurige Frühjahr geplante Open-Data-Portal der EU-Kommission freigeschalten werden. Ein paneuropäisches Datenportal, als gemeinsamer Zugangspunkt zu freien Verwaltungsdaten in der EU, ist für 2013 geplant.

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Patrick Dax

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Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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