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Hintergrund

Das Comeback des Larry Page

Der Suchmaschinenriese Google steht vor dem größten Machtwechsel in seiner Geschichte: Ab 4. April wird der Google-Mitbegründer Larry Page (38) die Führung des Internetkonzerns übernehmen. Für seinen Partner Sergej Brin (37) ändert sich wenig, er wird sich auch künftig um die Produktentwicklung kümmern. Der bisherige CEO Eric Schmidt (55) tritt zurück, wird Chef des Verwaltungsrats und sich im Laufe des Jahres von sechs Prozent seiner Google-Aktienanteile im Wert von 355 Millionen US-Dollar trennen.

Kennengelernt haben sich Brin und Page im Frühjahr 1995 in Stanford. Sergej, der jüngere, hatte sein Mathematikstudium bereits abgeschlossen. Bei einer Veranstaltung für Studienanfänger sind sie sich das erste Mal begegnet und sich plötzlich enorm in die Haare geraten; aber diese Streitgespräche haben die beiden so aneinander geschätzt, dass sie Freunde geworden sind.

"LarryandSergey"

1996 zogen Page und Brin und einige andere Studenten in den Gates 360 ein, ein Büro im William Gates Computer Science-Building in Stanford. Sie wurden so gute Freunde, dass es am Campus nur noch "LarryandSergey" hieß. Page konzentrierte sich auf ein Vorhaben namens Digital Libraries Project - er wollte das gesamte Wissen der Menschheit in eine Computerkiste packen und das gesamte WWW - damals noch ziemlich klein - auf einen Computer laden. Es half ihm die Suchmaschine Altavista, aber mit der war er nicht zufrieden. Er analysierte die Weblinks und schließlich kam ihm die Google-Idee.

1998 gründeten beide das Unternehmen Google, mussten sich in den vergangenen zehn Jahren jedoch im Hintergrund halten. Die Investoren forderten einen erfahrenen Manager, Page und Brin hielten sie für zu jung. So wurde 2001 Eric Schmidt, zuvor Chef des Softwarekonzerns Novell und davor von Sun Microsystems, als CEO eingesetzt. Page, der zuvor drei Jahre lang die Konzernführung innehatte, trat zurück und erhielt den Titel "Chief of Product". Brin wurde zunächst zum Vorstandsvorsitzenden, 2001 schließlich zum "Chief of Technology" ernannt wurde.

Das Schattenregiment

Obwohl Schmidt zehn Jahre lang die Geschicke bei Google leitete, munkelten viele, er sei ohnehin nur ein "erwachsener Aufpasser". Darüber scherzte jetzt sogar er selbst: "Die tägliche Beaufsichtigung durch einen Erwachsenen ist nicht mehr notwendig", schrieb Schmidt bei dem Onlinedienst Twitter. Wichtige Produktpräsentationen übernahm Page immer gerne selbst, so etwa die Vorstellung des Google-Handys "Nexus One" im September 2008 in New York.

Obwohl Brin offiziell gleichwertiges Gründungsmitglied ist, hat Page seit jeher gerne die Rolle des Redelsführers eingenommen. Mit "PageRank" ist auch eine der wichtigsten Innovationen in der Internetsuche nach dem Google-Gründer benannt. Der Erfolg der Googlesuche baut auf diesem Algorithmus, mit dem die Popularität einer Webseite gemessen und in der Trefferliste entsprechend gereiht wird, auf. 1998 hatte Page den Algorithmus als Patent angemelden lassen.

Page privat
Larry Page wurde vor allem seinem Vater Carl Victor Page gefördert und auch gefordert - er war 1960 einer er ersten Studenten mit einem Informatikabschluss der Universität Michigan und arbeitete später als Gastdozent an der Uni in Stanford. Larrys Mutter Gloria Page wiederum war eine Datenbankexpertin und seine Stiefmutter Joyce Wildenthal war ebenfalls Professorin an der Michigan State University. Larry sollte immer "Professor" werden. Page war ein Vordenker, er benutzte zu einer Zeit einen tragbaren Computer, obwohl damals noch keiner wusste, was ein tragbarer Computer ist.

Im Dezember 2007 hat Page hat seine langjährige Freundin Lucy Southworth geheiratet. Sein Freund und Trauzeuge Richard Branson hat ihm eine seiner Inseln, Necker Island, in der Karibik zur Verfügung gestellt. Da nicht alle der 600 Gäste aus Platzgründen übernachten konnten, musste eine zweite Insel, Virgin Gorda, angemietet werden.

Zu Larrys Freundeskreis gehört unter anderem Bono von U2, die Clintons, Leonardo DiCaprio, Johnny Depp und auch Al Gore - der konnte damals übrigens nicht zur Hochzeit kommen, da er in Stockholm den Nobelpreis entgegen nahm.
Sein Vermögen wird aktuell auf 17,5 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Genauso wie Brin ist Page medienscheu und skandalfrei, so dass man nur wenig über den Tech-Milliardär weiß. Er investiert in Windkraft und Elektrofahrzeuge. Letztens gönnte er sich eine Super-Yacht um 45 Millionen Dollar.

Das ersehnte Comeback

Ex-Google-Mitarbeiter hatten zuletzt kritisiert, das Unternehmen sei unter Schmidt zu groß und unübersichtlich geworden. Eigene kreative Ideen einzubringen, sei fast nicht mehr möglich. Mit Page solle Google wieder stärker zu seinen Wurzeln zurückkehren. Eine Lieblingsbeschäftigung von Page war die Planung von Verkehrssystemen - er hatte übrigens auch die Idee der WLAN-Shuttle-Busse in Mountain View für die Mitarbeiter. Nun ist die Zeit reif, der Junge ist erwachsen geworden.

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(Claudia Zettel, Gerald Reischl)

Quartalszahlen:

Google erfüllt die Erwartungen der Finanzwelt und hat im vergangenen Quartal einen Umsatz von 8,44 Milliarden US-Dollar erzielt. Im Vorjahreszeitraum waren es 6,67 Milliarden, womt nun eine Steigerung von 26 Prozent erreicht wurde. Der Gewinn lag bei 2,5 Milliarden Dollar (plus 29 Prozent).

Bevor Schmidt zurücktrat, gab er die Marschrichtung für 2011 vor: Der Gutschein-Dienst "Offers" startet, um dem Marktführer "Groupon" etwas entgegenzusetzen. Das Unternehmen werde heuer zudem vorwiegend in Mobiltelefonie investieren. Ein wichtiger Punkt: Das Handy als Geldbörse.

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Google-Mitteilung

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