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Leaks

Nach Paris-Anschlägen: USA kritisieren Snowden-Dokumente

Auf die Offenlegung ihres weltumspannenden Spähapparats durch Edward Snowden haben die US-Geheimdienste mit Warnungen vor einem erhöhten Terrorrisiko reagiert. Nach den Anschlägen von Paris sehen sie sich bestätigt.

Der Chef des Auslandsgeheimdienstes CIA, John Brennan, kritisierte, dass es "sehr viel schwieriger" geworden sei, potenzielle Terroristen zu überwachen und ihre Pläne zu durchkreuzen. Allerdings gibt es keine Beweise, dass die Snowden-Enthüllungen die Attacken in der französischen Hauptstadt in irgendeiner Weise begünstigt hätten.

Aus Leaks gelernt

Geheimdienstler in Washington beklagen, dass Extremistengruppen die veröffentlichten Dokumente zu den Überwachungspraktiken genutzt hätten, um ihr Kommunikationsverhalten anzupassen. "Sie haben gelernt, was zu tun ist, um ihre Aktivitäten vor den Behörden zu verschleiern", sagte Brennan Anfang der Woche bei einer Veranstaltung des Thinktanks Center for Strategic and International Studies. Die Extremisten verfügten über "technologische Fähigkeiten", die eine Aufdeckung von Anschlagsplänen "außerordentlich schwer" machten.

Terrorzellen setzen offenbar zunehmend auf verschlüsselte Internetkommunikation. "Diese Leute kommunizieren über verschlüsselte Apps, die für Regierungen sehr schwer, wenn nicht unmöglich zu knacken sind", sagte der frühere stellvertretende CIA-Direktor Michael Morell am Wochenende im Fernsehsender CBS. Die im Geheimdienstausschuss sitzende demokratische Senatorin Dianne Feinstein erklärte im Sender MSNBC, die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) habe "einen verborgenen Weg, um Aktionen auszuführen und zu planen".

Keine Hintertüren

Der Chef der US-Bundespolizei FBI, James Comey, hatte bereits im Sommer vor den Folgen der stärkeren Verschlüsselung von Nutzerdaten durch Technologiekonzerne wie Apple und Google gewarnt. "Unsere Werkzeuge werden immer wirkungsloser", sagte er bei einer Anhörung im Senat. Doch bisher widersetzen sich die Konzerne dem Druck der US-Regierung, in ihre Verschlüsselung eine Hintertür für die Sicherheitsbehörden einzubauen.

Mehr als zwei Jahre sind seit den ersten Snowden-Enthüllungen vergangen. Die von dem früheren Geheimdienstmitarbeiter an die Medien gegebenen Unterlagen brachten einen massiven Überwachungsapparat ans Licht: Die NSA späht demnach nicht nur im großen Stil die Telefon- und Internetkommunikation von Menschen in aller Welt aus, sondern nahm über mehrere Jahre auch Spitzenpolitiker befreundeter Staaten ins Visier. Mit jeder neuen Veröffentlichung aus dem Dokumentenfundus wuchs die Empörung der Bespitzelten.

Wenig Bewegung

Mittlerweile ist das Thema auf der politischen Tagesordnung nach unten gerückt. Der US-Kongress verabschiedete im Juni die von Präsident Barack Obama versprochene Geheimdienstreform, die allerdings nur die Befugnisse der NSA bei Telefonverbindungsdaten im Inland einschränkt. An den Spähaktivitäten im Ausland änderte der sogenannte USA Freedom Act nichts.

Die Geheimdienste erwarten, dass die mutmaßlich von IS-Anhängern begangenen Anschläge von Paris die Koordinaten in der Debatte um Sicherheit und Bürgerrechte im digitalen Zeitalter zu ihren Gunsten verschieben. "Ich hoffe, dass dies ein Weckruf sein wird, vor allem in bestimmten Gegenden Europas, wo es eine verzerrte Darstellung der Tätigkeiten der Geheimdienste gegeben hat", sagte Brennan. Der frühere CIA-Vize Morell merkte an, dass die Diskussion bisher von Snowden und Datenschutzbedenken getrieben worden sei. "Ich denke, wir werden darüber nun eine andere Debatte führen."

Kein Kommentar

Snowden, dem Russland politisches Asyl gewährte, äußerte sich bisher nicht. Der Datenschutz-Aktivist Glenn Greenwald beklagte aber, dass der frühere Geheimdienstmitarbeiter zum Sündenbock gemacht werden solle. "Die Snowden-Enthüllungen waren nicht bedeutend, weil sie den Terroristen gezeigt haben, dass ihre Kommunikation überwacht wird", schrieb er auf dem Onlineportal "The Intercept". Das sei ohnehin bekannt gewesen. "Die Enthüllungen waren bedeutend, weil sie der Welt gezeigt haben, dass die NSA und ihre Verbündeten die Internetkommunikation von allen anderen gesammelt haben."

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