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Österreich

Nutzer sollen für Netzsperren zahlen

Es ist still geworden, um die Netzsperren in Österreich. Das liegt daran, dass sich jetzt einmal mehr die Gerichte mit der Causa beschäftigen. Seit Anfang Oktober 2014 werden in Österreich offiziell die beiden Webseiten kinox.to und movie4k.to von vier österreichischen Providern gesperrt. Die Internet-Anbieter wurden vom Verein für Antipiraterie (VAP) verklagt, weil sie der Sperraufforderung der Urheberrechtsvertreter nicht nachgekommen sind.

Richterliche Anordnungen sind in Österreich nämlich derzeit nicht notwendig, weil der OGH im vergangenen Jahr beschlossen hat, dass Internet-Provider bei Urheberrechtsverletzungen mit einer Zugangssperre beauftragt werden können. Seither kämpfen die Provider vor Gericht weiter. Und zwar dem Anschein nach wenig erfolgreich.

Vor Gericht abgeschmettert

Der futurezone liegt nun der Gerichtsbeschluss des Oberlandesgericht (OLG) Wien vor, der bereits Ende Dezember 2014 erfolgt ist, aber unter Verschluss gehalten wird. Das OLG selbst wollte den Beschluss Medien nicht aushändigen. „Der Rekurs ist nicht berechtigt“, heißt es in dem Dokument. Das heißt, die heimischen Provider müssen die angeordneten Netzsperren von kinox.to und movie4k.to weiterhin wie bisher umsetzen.

Details aus dem Beschluss des OLG dürften neben den Providern auch die Internet-Nutzer wenig freuen. So steht im OLG-Beschluss: „Der Access-Provider habe die Kosten zur Erfüllung seiner ‚gesetzlichen Verhinderungspflicht‘ einzukalkulieren.“ Das bedeutet übersetzt: Die Provider müssen für die Kosten der Sperren selbst aufkommen und können nicht mit einem Kostenersatz durch die Rechteinhaber, die die Websites gesperrt haben wollen, rechnen.

Hoher Aufwand für Netzsperren

Manch einer mag sich jetzt denken, dass derartige Sperren doch gar nicht so viel kosten können. Doch ganz so ist es nicht: „Durch Netzsperren entsteht uns ein hoher interner administrativer Aufwand“, erklärt ein Sprecher von Drei der futurezone. Drei ist einer der vier Provider, die Netzsperren umsetzen müssen. Konkrete Zahlen will er aber keine nennen, ebenso wenig wie der Internet-Anbieter UPC, der den Aufwand ebenfalls "beträchtlich" einschätzt.

Aus Großbritannien, wo es ebenfalls Netzsperren gibt, liegen von Providern bereits konkrete Zahlen vor: Pro gerichtlicher Sperranordnung fallen dort rund 5000 Pfund (zirka 6344 Euro) an Kosten an. Rechnet man das in Österreich auf die Anzahl der Websites hoch, die der VAP gerne sperren lassen möchte (nämlich rund 100), sind das rund 634.400 Euro, die heimische Provider aufbringen müssten, um Websites zu sperren.

Brancheninsider schätzen, dass die Kosten in Österreich noch "um ein Eck höher" sein könnten, weil hierzulande neben technischen Kosten auch „hohe personelle Aufwände“ hinzukommen, wenn Provider selbstständig überprüfen müssen, ob über die von den Rechtevertretern genannten Adressen tatsächlich geschützte Werke abrufbar sind. „Wir finden es generell bedenklich, dass wir als Betreiber in die Pflicht genommen werden, obwohl die Urheberrechtsverletzung von jemand anderem begangen wird“, sagt dazu der Drei-Sprecher.

Nutzer als Verlierer

Internet-Nutzern droht dadurch eine „Lose-Lose“-Situation. Sie können einerseits bestimmte Websites nicht mehr aufrufen, ihr Internetzugang wird eingeschränkt, andererseits können sie wegen der Netzsperren auch noch extra zur Kasse gebeten werden, müssen für diese Einschränkung also noch zahlen. „Bei derartigen Kosten besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Internet-Zugang für Kunden teurer wird und Provider diese Extra-Kosten auf den Preis für ihre Services draufschlagen“, warnt Maximilian Schubert, Generalsekretär des Verbands der Internet Service Provider Austria (ISPA), im Gespräch mit der futurezone. Die ISPA fordert seit längerem „mehr Rechtssicherheit“ für Internet-Provider, in dem es etwa Sperren nur auf richterliche Anordnung geben soll.

Auch der Verein für Internet-Benutzer Österreichs, Vibe.at, zeigt sich auf futurezone-Anfrage skeptisch. "Es ist zu erwarten, dass Interet-Service-Provider jetzt aus Rationalisierungs- und Kostengründen eine Sperrinfrastruktur aufbauen. Damit steht zu befürchten, dass die Begehrlichkeiten wachsen, sie auch für andere Ansprüche oder gar inhaltliche Zensur zu verwenden. Die Ironie dabei: Die Kunden werden dafür zur Kasse gebeten, dass von ihnen genutzten Dienste zensiert werden", erklärt Joachim Losehand von vibe.at.

"Unbefriedigende Lösung"

Nach dem OLG muss sich nun der Oberste Gerichtshof (OGH) mit den Netzsperren beschäftigen. Ein finaler Beschluss in der Causa wird für Juni 2015 erwartet. „Es zeigt sich, dass Klagen eine sehr unbefriedigende Lösung sind und es andere Grundlagen braucht, um die Frage der Urheberrechtsverletzungen zu lösen“, sagt Helmut Spudich von T-Mobile, einem Provider der bisher noch nicht von Rechteinhabern geklagt wurde.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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