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Internet-Überwachung

PRISM-Whistleblower bekennt sich

Der junge Mann namens Edward Snowden war nach eigenen Angaben die vergangenen vier Jahre als Mitarbeiter anderer Unternehmen in dem US-Geheimdienst NSA tätig. "Sie haben keine Ahnung, was alles möglich ist", sagte er dem "Guardian" über die Spionage-Möglichkeiten der NSA-Systeme.

Nach den von Snowden enthüllten Dokumenten sammelt der US-Geheimdienst in großem Stil Daten bei Internet-Diensten wie Google, Facebook, Microsoft, Apple und Yahoo. "Ich will nicht in einer Gesellschaft leben, die so etwas macht", sagte Snowden dem "Guardian". "Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles was ich mache und sage aufgenommen wird."

"Großteil der menschlichen Kommunikation automatisch aufgesaugt"
Er beschrieb eine noch größere Dimension der Datensammlung als die von ihm enthüllten Dokumente andeuten: "Die NSA hat eine Infrastruktur aufgebaut, die ihr erlaubt, fast alles abzufangen." Damit werde der Großteil der menschlichen Kommunikation automatisch aufgesaugt. "Wenn ich in ihre E-Mails oder in das Telefon ihrer Frau hineinsehen wollte, müsste ich nur die abgefangenen Daten aufrufen. Ich kann ihre E-Mails, Passwörter, Gesprächsdaten, Kreditkarteninformationen bekommen." Snowden agierte bei der NSA als Mitarbeiter mehrerer externer Unternehmen wie der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton und dem PC-Hersteller Dell.

Nach Hongkong geflohen
Snowden war mit den Dokumenten nach Hongkong geflohen und sprach dort mit dem "Guardian" (Interview im Detail). Er ist sich über die Konsequenzen seines Handelns bewusst. "Nichts Gutes", lautete seine Antwort auf die Frage, was mit ihm weiter passieren werde. Er gehe davon aus, dass er nie wieder mit seiner Familie oder seinen Freunden Kontakt aufnehmen könne.

Seine Hoffnung sei, dass ihn die Regierung von Hongkong nicht ausliefern werde, auch wenn ihm das Risiko einer Gefängnisstrafe von Anfang an bewusst gewesen sei. "Ich glaube nicht, dass ich mein Zuhause jemals wiedersehen werde." Snowden sagte, er suche nun Asyl in Ländern, "die an die Meinungsfreiheit glauben und Einschränkungen der Privatsphäre nicht hinnehmen wollen".

Auslieferung möglich
Der "Washington Post"  zufolge besteht die  Möglichkeit einer Auslieferung. Hongkong ist ein halbautonomes Territorium Chinas. Während es kein Auslieferungsabkommen mit China gebe, hätten die USA seit 1998 eines mit Hongkong, schrieb die Zeitung. Ein Verfahren könne allerdings Monate oder Jahre dauern.

In Washington wurden bereits erste Rufe nach einer Auslieferung Snowdens laut. Der Republikaner Peter King, Mitglied im Geheimdienstausschuss des Abgeordnetenhauses, forderte, erste Schritte für eine Überstellung in die USA einzuleiten. Er rief außerdem zu einer "Strafverfolgung mit der vollen Härte des Gesetzes" auf, sollten die anlaufenden Ermittlungen Snowden als Informanten bestätigen.

Weißes Haus lehnt Stellungnahme ab
Das Weiße Haus lehnte US-Medienberichten zufolge zunächst eine Stellungnahme ab. Eine Sprecherin des nationalen Geheimdienstdirektors James Clapper verwies Fragen zu Snowden an das Justizministerium, das Ermittlungen zur Quelle der Angaben in den Zeitungen eingeleitet habe. Es werde zurzeit untersucht, welcher Schaden durch die Enthüllungen entstanden seien, sagte die Sprecherin laut Medienberichten weiter.

Die US-Regierung hatte erst wenige Stunden vor Veröffentlichung der Interviews eine ausufernde Daten-Sammlung mithilfe von PRISM

. "PRISM ist kein geheimes Programm zum Sammeln oder Aufsaugen von Daten", erklärte Clapper. "Es ist ein internes Computersystem der Regierung." Es diene dazu, das gesetzlich erlaubte Sammeln von Informationen bei der Auslandsaufklärung zu unterstützen.

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