© Fotolia

Musik

Schutzfristverlängerung vor EU-Beschluss

Das EU-Parlament stimmte im Jahr 2009 dem Vorschlag der EU-Kommission, eine Schutzfristverlängerung von Tonaufnahmen durchzuführen, zu. Statt den angestrebten 95 Jahre einigte man sich auf 70 Jahre. Doch im EU-Rat gab es Proteste und die Verlängerung kam bisher nicht zustande. Im Februar begann der Widerstand der dänischen Regierung zu bröckeln, auch Portugal lenkte ein.

Die polnische Ratspräsidentschaft setzte das Thema nun schlichtweg auf die September-Agenda und nun könnte es bereits bis Mitte September zu einem Beschluss für die Verlängerung kommen.

Formaler Beschluss in Reichweite
"Bereits am 7. September 2011 wird der ständige Ausschuss der nationalen Vertretungen und Botschaften in Brüssel COREPER das Thema behandeln. COREPER bereitet die Arbeitssitzung der Ratsarbeitsgruppe Urheberrecht vor. Aller Voraussicht nach wird die Verlängerung dann dort formal bereits am 12. September 2011 beschlossen werden, da ein positives COREPER-Votum die Beschlusslage im Europäischen Rat in der Regel vorwegnimmt", schreibt Philipp Otto am Montag auf iRights.info.

In der EU gilt derzeit eine Frist für Tonaufnahmen von 50 Jahren (nach der Aufnahme beziehungsweise der ersten Veröffentlichung), bis das Leistungsschutzrecht erlischt. Von einer Schutzfristverlängerung würden nicht die Urheber selbst profitieren, sondern die Musikindustrie. Laut einem Dossier zur Verlängerung der Schutzfrist für Tonaufnahmen (PDF) von iRights.info würden 80 Prozent der an den Werken beteiligten ausübenden Künstler leer ausgehen.

Wer davon profitiert
"Nicht die ausübenden Künstler, sondern die vier Major-Labels Universal, Sony BMG, Warner Music und EMI sind im Besitz fast aller Rechte, deren Schutzfrist verlängert werden soll. Sie streichen bis zu 72 Prozent, das erfolgreichste Fünftel der Künstler zu weiteren 24 Prozent alle Einnahmen aus Aufnahmen ein. Die verbleibenden vier Prozent verteilen sich auf 80 Prozent der ausübenden Künstler", heißt es in dem Dossier.

Dem Dossier zufolge, dessen Fertigstellung von Wikimedia Deutschland finanziell unterstützt wurde, lehnen sämtliche Experten eine entsprechende Verlängerung ab. Sie warnen zudem davor, dass eine derartige Verlängerung nur noch schwer rückgängig gemacht werden kann. Im Fazit heißt es zudem: "Besonders bemerkenswert ist, wie es den Interessensvertretern einer extrem kleinen Gruppe multinationaler Unternehmen offenbar durch konsequentes und beharrliches Vorgehen gelingt, die Verlängerung gegen den einhelligen Rat aller unabhängigen Experten über den Umweg der EU-Gesetzgebung durch zu bringen."

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare