© Screenshot, alanohof

Meinungsfreiheit

Streit über Bio-Hundefleisch-Webseite

Konkret will die Tirol Werbung dem Künstlerduo Ubermorgen, das die Website alanohof.com betreibt, Links zu ihrer Seite untersagen, weil sie sich dadurch in einem "negativen Zusammenhang dargestellt" sieht. Ubermorgen will sich das Vorgehen der Tirol Werbung aber nicht gefallen lassen.

Auf der Webseite Alanohof wird Fleisch von Kampfhunden in "ausgezeichneter Qualität" angeboten. "Gsund, frisch, bio", wie es gleich unter dem Logo heißt, stehe der Hof doch für ein "klares Bekenntnis zu den strengen Richtlinien der Bio-Produktion". Tatsächlich handelt es sich bei der Website um ein schon lange nicht mehr aktiv betriebenes Kunstprojekt des Künstlerduos.

Nach Berichten über den Alanohof in der "Kronen Zeitung" rief das Kunstprojekt in den vergangenen Jahren auch die Polizei auf den Plan, die unter anderem wegen der "Tötung von gesunden Hunden" ermittelte. Die Ermittlungen wurden aber eingestellt. Bei dem Alanohof handle es sich um einen "nicht existierenden Hof", es liege somit kein gerichtler Straftatbestand vor, hieß es etwa in einem Bescheid des Stadtpolizeikommandos Döbling aus dem Jänner 2012. Lediglich für die Verletzung der Impressumspflicht musste Ubermorgen 25 Euro bezahlen.

Unterlassungserklärung
Auch die Tirol Werbung forderte von Ubermorgen die Entfernung ihres Logos von der Website. Dem kamen die Künstler auch nach. Unter dem Menüpunkt Freunde - "Nicht-Sponsoren und Sites, die wir mögen, die aber uns nicht mögen" - wird die Adresse Tirol.at, die zur Tirol Werbung gehört, mit dem Linktext "Tirol" aber weiterhin verlinkt.

Die Tourismuswerber befürchten, dass sie mit den vermeintlichen Hundefleisch-Verkäufern in Zusammenhang gebracht werden könnten und wollen die Künstler mit einer von der Innsbrucker Kanzlei Greiter Pegger Kofler & Partner versandten Unterlassungserklärung (PDF) dazu verpflichten, "unverzüglich jeglichen Hinweis auf die Tirol Werbung GmbH von der Website und sonstigen öffentlichkeitswirksamen Mitteilungen zu entfernen". Im Falle der Nichteinhaltung wird eine Konventionalstrafe von 2.000 Euro pro angefangener Woche in Aussicht gestellt. Für die Abmahnung wurden den Künstlern 1.081,80 Euro zuzüglich 216,36 Euro Umsatzsteuer von der Anwaltskanzlei verrechnet. Ein Sprecher der Tirol Werbung sagte zur futurezone, die Unterlassungserklärung gehe auf eine rechtliche Einschätzung der Verlinkung durch die Anwälte der Tourismusorganisation zurück.

"Sittenwidrig"
Hans Bernhard von Ubermorgen denkt nicht daran, der Unterlassungserklärung nachzukommen. Die Abmahnung bezeichnet er als "sittenwidrig" und einen "Erpressungsversuch". In dem Ansinnen der Tourismuswerber, sieht er einen "einfältigen Angriff auf die Freiheit der Kunst, auf die Meinungsfreiheit und auf den gesunden Menschenverstand".

Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Frage, ob Website-Betreiber die Verlinkung ihrer Seiten verbieten können. Generell seien Links auf andere Seiten zulässig, sagt der auf Neue Technologien spezialisierte Anwalt Michael Woller von der Wiener Kanzlei Schönherr Rechtsanwälte. Es sei jedoch immer der Zusammenhang zu beachten. "Wenn aber durch den Link oder auch nur eine Erwähnung auf der Website der Eindruck erweckt werde, dass man von einer Organisation unterstützt werde oder etwas mit ihr zu tun hätte, wäre dies unzulässig", sagt Woller. Auch die Kreditschädigung oder Rufausbeutung könnten Aspekte sein. Insbesondere bei der Verwendung von Logos kämen darüber hinaus markenrechtliche Fragen zur Anwendung.

Beim Wort "Tirol" komme es ebenfalls auf die konkrete Verwendung an. Keine Problem dürfte es geben, wenn nur auf das Land Tirol etwa als Hinweis auf den Standort eines Betriebes Bezug genommen werde. Werde das Land "kennzeichenmäßig" verwendet, etwa "Tirol Wurst", sei der Fall nicht so klar, meint Woller. Der konkrete Fall weise einige Besonderheiten auf, insbesondere die vor dem Hintergrund der Meinungsäußerungs- und Kunstfreiheit vorzunehmende Interessenabwägung, meint Woller. Es laufe wohl auf eine Einzelfallentscheidung hinaus, die nur schwer verallgemeinert werden könne.

Abmahnwesen im Visier
Die Rechtslage sieht Bernhard auf seiner Seite.  Da das WWW ohne Linksetzen nicht denkbar sei, könne aber davon ausgegangen werden, dass das Setzen von Links grundsätzlich erlaubt sei, wenn gesetzliche Spielregeln beachtet würden, meint Bernhard unter Verweis auf Informationen der Wirtschaftskammer zum Thema "Haftung für Links auf fremde Seiten".

Die Abmahnung der Tirol Werbung sei ein gutes Beispiel struktureller Gewalt, meint der Künstler. Konstrukte und Vereine wie die Tirol Werbung, würden mit Abmahnungen versuchen, Leute einzuschüchtern und sich über das Recht hinwegzusetzen: "Das Recht tangiert sie gar nicht mehr."

Spieß umgedreht
"99,9 Prozent der Leute, die Ziel von Abmahnung werden, kuschen", sagt Bernhard. So etabliere sich ein paralleles Machtverhältnis: "Wenn man sich nicht auskennt, machen sie dich fertig." Bernhard will nun den Spieß umdrehen. Er ließ der Tirol Werbung und ihrer Rechtsvertretung seinerseits eine Unterlassungserklärung (PDF) zukommen, in dem sich sich unter anderem verpflichten sollten in Zukunft von Abmahnungen abzusehen, "die zum Zwecke der Einschränkung der Meinungsfreiheit versandt werden". Der Medienkünstler plant auch Boykotte und Negativkampagnen.

Auseinandersetzungen ging das Künstlerduo auch in der Vergangenheit nicht aus dem Weg. Mit ihren Aktionen Google Will Eat Itself und Amazon Noir legten sich die Medienkünstler mit großen Internet-Unternehmen an. Der Verkauf von Wählerstimmen vor der US-Präsidentschaftswahl im Jahr 2000 im Rahmen der Aktion Vote Auction führte zu Klagen und einstweiligen Verfügungen von 13 US-Bundesstaaten und rief auch die US-Nachrichtendienste CIA und NSA auf den Plan.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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