© APA/ROBERT JAEGERAPA

Urheberrecht

Teletest fürs Web soll Geld für Kunst bringen

Geht es nach Zinggl soll künftig auf jeden privaten Breitbandinternetzugang eine Zusatzgebühr eingehoben werden. Bei fünf Euro pro Anschluss wären das 132 Millionen  Euro im Jahr. Und im Gegensatz zu bisherigen Vorschlägen soll die Verteilung dieses Geldes auf ganz neue Beine gestellt werden: Ähnlich dem ORF-Teletest sollen sich Benützer freiwillig melden können, deren Up- und Downloadverhalten sowie Musikkonsum mitverfolgt wird. Je häufiger beispielsweise ein Song konsumiert wird, desto mehr Geld bekommt dann der entsprechende  Künstler. Damit soll aber auch der Internetbenutzer Rechtssicherheit bekommen. Jede private Kopie, die über diesen Internetanschluss erstellt wird, wäre damit abgegolten. Somit wäre auch die viel kritisierte, aber wiederholt geforderte Überwachung der Nutzer durch Internetanbieter vom Tisch, betont Zinggl.

futurezone: Die Künstler demonstrieren für eine Festplattenabgabe - ist das eine Lösung für die schwelende Kunstentlohnungsdebatte?
Wolfgang Zinggl: Eine wirklich vernünftige Lösung für all die Probleme, die das veraltete Urheberrecht schafft, wäre eine Pauschalabgabe auf Breitbandanschlüsse. Es geht um fünf bis 10 Euro im Monat, das ist Verhandlungssache, auf insgesamt 2,2 Millionen Breitbandanschlüsse in Österreich. Man kann auch überlegen, die Gebühr nach Bandbreite zu staffeln oder als Prozentsatz der Internetgebühr anzulegen.

Warum sollte man das bezahlen?
Konsumenten sind bereit, solche Beträge zu zahlen, vor allem, wenn man dafür Rechtssicherheit bekommt.

Und bekommt man die?
Ja. Allerdings nur für private Anschlüsse. Im Büro gibt es keine private Nutzung. Das bedeutet: Man darf auch als Privater, wenn man up- und downloadet, keine Geschäfte machen, auch nicht indirekt über Werbebanner.

Die entscheidende Frage ist: Wer kriegt das Geld und nach welchem Schlüssel?
Der Verteilungsschlüssel ist das Innovative: Eine intelligente Lösung wäre angelehnt ans Rundfunkmodell, wo wir Einschaltquoten über Geräte in bestimmten Testhaushalten messen. Unser Vorschlag ist, dass sich Leute auf freiwilliger Basis messen lassen, über die Tags und Hüllkurven-Fingerprints der Musikdateien. Die bekommen eine Software, und über diese wird das, was sie uploaden, downloaden und tatsächlich konsumieren, gemessen. Mit der Quantität der Freiwilligen steigt da die Qualität der Messung. Daraus ergibt sich dann der Verteilungsschlüssel. Ein gewisser Prozentsatz soll weiterhin in SKE-Fonds gehen.

Aber wer verteilt das Geld? Die Verwertungsgesellschaften wurden immer wieder für intransparente Verteilungsschlüssel kritisiert.
Entweder gibt es eine zentrale Institution à la KommAustria, oder weiterhin die Verwertungsgesellschaften. Aber dann muss man wirklich schauen, wie transparent und demokratisch das ist.

Wird man sich - wenn man keine Kultur konsumiert oder konsumieren will - von der Pauschale auch abmelden können?
Dafür bin ich weniger, aber es wäre für den Anfang eine Möglichkeit. Ich sehe das ähnlich wie bei der Rundfunkgebühr: eine Verfolgung derer, die trotzdem ORF schauen, kostet weit mehr. Es hat nur Sinn, wenn auf alle Anschlüsse eine Gebühr eingehoben wird.

Aber dann zahlen die, die nachweislich keine urheberrechtlich geschützten Werke nützen, für etwas, das sie nicht konsumieren.
Dieses System, dass wir alle für etwas zahlen, das nur Teile verwenden, haben wir überall. Skiunfälle werden letztlich über die Krankenkassen auch von jenen bezahlt, die nicht skifahren.

Zwei umstrittene Sachen wäre nach Ihrem Vorschlag wohl hinfällig - Providerüberwachung und "Three Strikes", sprich: das Abdrehen von Internetzugängen nach wiederholten Urheberrechtsverletzungen.
Ja, genau. Es ist ganz klar: Wenn man heute jemandem den Internetanschluss wegnimmt, ist das gleichbedeutend mit einem Berufsverbot. Das ist grundrechtlich nicht haltbar. Das Grundrecht auf Eigentum ist kein schrankenloses, man kann nicht geistiges Eigentum gegen andere Grundrechte durchsetzen - insbesondere gegen freie Meinungsäußerung und Kommunikation. Im Zweifelsfalle ist dieses Recht auf geistiges Eigentum ein hintangeordnetes. Und darüber muss jetzt endlich diskutiert werden. Das ist natürlich eine kulturpolitische Diskussion, eine gesellschaftspolitische Diskussion, und erst wesentlich nachgereiht eine rechtliche und schon gar keine technische.

Das würden viele Künstler wohl anders sehen - die Pochen mit der Initiative "Kunst har Recht" auf die Novellierung des Urheberrechts.
Den Künstlern kann man nur sagen: ihr verdient dadurch nicht mehr. Der einzige Geschäftszweig, der massiv verdienen wird, ist der Rechtsbereich, das Abmahnwesen und die Anwälte. "Kunst hat Recht" sollte sich, wenn sie wirklich Rechte für Kunstschaffende durchbringen wollen, in erster Linie für Urhebervertragsrechte einsetzen (das sind rechtlich festgesetzte Mindeststandards in Künstlerverträgen, Anm.). Bei Knebelverträgen für Schauspieler, fehlenden Bestsellerklauseln, 360-Grad-Verträgen im Musikbusiness entgeht Künstlern das meiste Geld. Gegen diese Dinge müsste man ankämpfen.

Mehr zum Thema

  • "Urheberrecht ist schlecht für die Demokratie"
  • Weiterverkauf von MP3s vor Gericht
  • Google einigt sich mit US-Verlegern
  • Japan führt schwere Strafen für Filesharing ein
  • Urheberrecht: "Aggression und Langeweile"
  • Beckedahl: "Wer nur herumpöbelt, wird gesperrt"

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare