© US Dept. Of Transportation

29C3

Vernetzte Autos gefährden die Privatsphäre

Autos, die einander zufunken und vor Unfällen, Staus oder anderen Gefahren auf der Straße warnen - in drei bis vier Jahren sollen solche neuen Sicherheitssysteme standardmäßig in Neuwagen verbaut werden. Basis ist die Funktechnologie DSRC-Technologie (“Digital Short Range Communication”), die auf eine Distanz von bis zu 380 Metern Daten übertragen kann. Sie soll außerdem nicht nur die Car-2-Car-Kommunikation, aber auch Car-2-Infrastructure-Kommunikation ermöglichen: Funkstationen am Straßenrand könnten den Fahrer vor Fahrbahnschäden warnen.

Christie Dudley, früher als Netzwerk-Spezialistin tätig und heute IT-Sicherheitsforscherin an der Santa Clara University, kann sich mit der vielversprechenden Technologie aber nicht wirklich anfreunden. Im Rahmen der Hacker-Konferenz 29C3 wies sie auf erhebliche Probleme für die Privatsphäre der Autofahrer hin, die durch DSRC auf sie zukommen könnten. Denn die Zertifikate, die eigentlich für die Verschlüsselung der Datenübertragung verwendet werden, könnten Dritten das Tracking von PKW ermöglichen.

DSRC soll Sicherheit erhöhen
“Ein Hauptgrund, warum DSRC umgesetzt werden soll, ist die Sicherheit”, so Dudley. Laut Weltgesundheitsorganisation könnten 25 Prozent der tödlichen Autounfälle verhindert werden - und DRSC soll dazu beitragen, indem es Lenker vorzeitig vor Gefahren warnt (z.B. per Warnanzeigen auf Displays oder mit Warntönen). Im US-Bundesstaat Michigan wird die Technologie laut Dudley, die die DRSC-Technologie intensiv untersucht haben will, bereits mit mehreren tausend Autos getestet.

Ist diese Probephase vorbei, sei der Weg frei für DRSC. In den nächsten drei bis vier Jahren würden die Funk-Chips Standardausstattung in Neuwagen, alle großen Autohersteller aus den USA, Europa und Japan seien bereits an Bord. Auch die Hardware würde sich bereits in Produktion befinden. In Deutschland wird DRSC bereits für Maut-Systeme eingesetzt, das US-Verkehrsministerium denkt derzeit darüber nach, es verpflichtend zu machen.

„Nicht mehr anonym unterwegs“
Ein mit DRSC ausgestattetes Auto funkt Statusmeldungen jede Zehntel Sekunde aus und kann so ein anderes Auto, das sich in Reichweite befindet, vor dem Herannahen warnen. Die 5.9 GHz-Frequenz ist in den USA und Europa bereits dafür reserviert. Zwar ist der Wagen selbst in der Funk-Nachricht nicht eindeutig identifiziert, jedoch sei jede Nachricht über ein von einer Behörde ausgestelltes Zertifikat verschlüsselt. Und weil derzeit nicht klar wäre, in welchen Intervallen und wie dieses Zertifikat ausgetauscht werden wird, würde genau dieses es ermöglichen, jedes DSRC-Auto eindeutig zu identifizieren.

“Man wäre nicht mehr anonym unterwegs”, sagt Dudley. Ihre Vorschläge, die Zertifikate zu bestimmten Zeitpunkten zu erneuern (etwa jedes Mal, wenn das Auto neu gestartet wird oder alle 100 Kilometer), seien bis dato nur auf taube Ohren bei den Autoherstellern getroffen. Besorgniserregend sei außerdem, dass es in der Branche Überlegungen gebe, auf Basis der Position des Wagens den Insassen maßgeschneiderte Werbung zu zeigen.

Automatische Strafen
Zudem könne der Funk von der Polizei dazu genutzt werden, um automatisch Strafen bei Überschreitung von Tempolimits auszustellen. “Das ist, als würde man persönlich bei der Polizei anrufen und sich selber anzeigen, wenn man zu schnell gefahren ist”, so Dudley.

Würde es bei einer anonymisierten Statistik bleiben, die aus den DSRC-Daten gewonnen werden, hätte das System aber auch seine gute Seiten, räumt Dudley ein – etwa, um Straßen optimal konzipieren oder verbessern zu können. Derzeit sei es aber für Hacker sehr leicht, das DSRC-System zu infiltrieren. Würde jemand gefälschte Nachrichten in das System zu schleusen, hätte das möglicherweise verheerenden Folgen.

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Jakob Steinschaden

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