Die BND-NSA-Affäre rund um Bad Aibling war am Mittwoch und Donnerstag beim Kongress in Wien ein Randthema. Laut Peter Pilz sind noch weitere Enthüllungen rund um die Affäre zu erwarten.
Die BND-NSA-Affäre rund um Bad Aibling war am Mittwoch und Donnerstag beim Kongress in Wien ein Randthema. Laut Peter Pilz sind noch weitere Enthüllungen rund um die Affäre zu erwarten.
© epa/Andreas Gebert

NSA-Kongress

"Welcher Terrorist heißt schon Bundesamt?"

Am Mittwoch und Donnerstag tagte in der Wiener Hofburg das „Vienna Parlamentary Forum on Intelligence Security“, von Journalisten auch kurzerhand als „NSA-Kongress“ bezeichnet. Denn schließlich war unter anderem auch der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des US-Repräsentantenhauses, Devin Nunes, zu Gast.

Geheime Gespräche

Der Grüne Nationalratsabgeordnete Peter Pilz twitterte vor dem Tagungsstart am Donnerstag: „Warum überwachen NSA und CIA illegal Handys und Internet in Österreich? Wir fragen Congressman Nunes. Die Diskussion wird spannend.“ Was Herr Nunes darauf geantwortet hat, konnte die futurezone nicht in Erfahrung bringen. Wenn es um den Geheimdienst geht, bleibt eben auch vieles geheim.

„Was ich dazu sagen kann, ist, dass ich nicht den Eindruck gewonnen habe, dass die offiziellen Stellen in den USA bereit sind, die NSA-Spionageaffäre aufzuklären.“ Pilz ortet deshalb im Gespräch mit der futurezone einen wachsenden Konflikt zwischen Europa und den USA und spricht von einem „großen Vertrauensverlust“.

BND-NSA-Affäre mit "größeren Dimensionen"

Pilz geht auch davon aus, dass die aktuelle BND-NSA-Affäre rund um die Überwachung in Bad Aibling in Bayern noch weitaus größere Dimensionen“ hat, als derzeit bekannt geworden ist. „Hier werden Daten in großem Ausmaß abgeschöpft“, sagt der Abgeordnete, der für die nächsten Wochen weitere Enthüllungen angekündigt hat.

Der US-Geheimdienst NSA hat laut Medienberichten versucht, gemeinsam mit dem deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) auch österreichische Behörden auszuspionieren. Was für Pilz Fakten sind, denn schließlich hat er einige der Dokumente mit eigenen Augen gesehen, sind für andere Politiker derzeit nur „Gerüchte“. „Wenn diese Gerüchte stimmen, dann dürfen sich das europäische Länder auf gar keinen Fall gefallen lassen“, sagt SPÖ-Klubchef Andreas Schieder im Gespräch mit der futurezone.

"Es war offen, direkt und hart"

Schieder hat den Kongress als größte Partei am Mittwoch eröffnet. Er spricht von „sehr guten Gesprächen“. Insgesamt nahmen Vertreter von rund 25 Parlamenten aus Europa und Organisationen wie die OSZE sowie mehrere US-Geheimdienstausschussmitglieder teil. „Es war offen, direkt und hart“, so Schieder. „Auch Vorwürfe und Missverständnisse wurden thematisiert." Im Gegensatz zu Pilz hatte der SPÖ-Klubchef jedoch den Eindruck, dass das gegenseitige Verständnis zwischen USA und Europa größer geworden sei. „Auf einige der harten Vorwürfe Europa haben die USA nicht mit Worten reagiert. Sie werden diese Themen aber sicherlich mit nach Hause nehmen“, sagt Schieder.

In den USA gebe es ein stärkeres Verständnis dafür, dass Überwachung zur Terrorbekämpfung verwendet werde, so Schieder. Pilz dazu:„Wenn wir von einer Überwachung zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung ausgehen, muss man sich schon ernsthaft fragen, warum die NSA Suchbegriffe wie ‚Bundesamt‘ oder ‚EADS‘ verwendet. Welcher von den USA gesuchter Terrorist heißt schon ‚Bundesamt‘?`“

"Beweise liegen am Tisch"

Laut Pilz liegen durch die E-Mails, die Medien im Zuge der aktuellen BND-NSA-Affäre zugespielt worden sind, die „Beweise am Tisch“, dass österreichische Behörden ausspioniert worden seien. Für den Grünen-Abgeordneten ist die Anzeige, die Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) gegen „Unbekannt“ eingebracht hat, nicht ausreichend. „Es gibt in der Causa bekannte Täter“, so Pilz und spielt dabei darauf an, dass die deutsche Bundesregierung seit 2008 von der Kooperation des BND mit der NSA gewusst haben soll. „Das BMI hat zur Aufklärungspflicht bisher nichts beigetragen“, so seine Kritik.

Werner Amon, Nationalratsabgeordneter der ÖVP, spricht ebenso wie die SPÖ von „Vorwürfen“, denen man jetzt erst nachgehen müsse. „Die Juristen vom Innenministerium werden sich schon gut überlegt haben, gegen wen sie Anzeige einbringen“, fügt Amon hinzu. Auch die Bezeichnung „NSA-Kongress“ ist dem Abgeordneten nicht recht. „Es ging bei dem Kongress vor allem darum, zu erörtern, wie es mit der parlamentarischen Kontrolle von Geheimdiensten generell so aussieht“, sagt Amon der futurezone.

Parlamentarische Kontrolle ausreichend?

Ein weiteres Thema, das bei den Parlamentsparteien durchaus unterschiedlich wahrgenommen wird. Während Amon die Kontrollbefugnisse des österreichischen Parlaments für durchaus ausreichend hält, sehen dies Christoph Vavrik von den Neos und Peter Pilz anders. „Die parlamentarische Kontrolle von Nachrichtendiensten muss endlich ernst genommen werden. Derzeit sind die Befugnisse sehr beschränkt“, sagt Vavrik. „Vor allem wenn Minister die Aussage verweigern und sich auf die nationale Sicherheit berufen“, so Vavrik. „Und das, obwohl der Ausschuss sowieso zur Geheimhaltung verpflichtet ist.“ Konkret sei derzeit nicht einmal in Erfahrung zu bringen, ob es Verträge zwischen Heeresnachrichtenamt und NSA gebe, oder nicht.

Für Pilz ist das Parlament der „verlässlichste Ort der Aufklärung“ von Skandalen. Er fordert daher einen parlamentarischen U-Ausschuss zur NSA-Affäre, wie es ihn in Deutschland gibt. Die anderen Parteien äußern sich hierzu sehr zurückhaltend. Man müsse erst die Fakten abwarten, sagt dazu beispielsweise Schieder, der erzählt, dass es beim Kongress beschlossen wurde, dass es gemeinsame Mindeststandards für parlamentarische Überwachung der Überwacher geben soll. „Hier gibt es innerhalb Europas nämlich große Unterschiede.“

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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